Bundesliga Heiße Phase im Poker um die Fußball-Rechte beginnt

Gilt vor der EM in Frankreich die Aufmerksamkeit vor allem der Nationalelf, arbeitet im Hintergrund die Bundesliga daran, ihre TV- Rechte meistbietend an den Mann zu bringen. Die Auktion kann weitreichende Folgen haben.

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Sky, Telekom und Co. im Poker um die TV-Rechte für die Fußballbundesliga Quelle: dpa Picture-Alliance

Trotz der Strapazen war Christian Seifert noch zum Scherzen aufgelegt: „Was Fußballinteressierten sicher nicht schadet, ist ein Internetanschluss“, sprach der Chef der Deutschen Fußball-Liga in den fensterlosen Konferenzraum des Steigenberger Hotels zu Frankfurt. Eben noch hatte er eine knappe Stunde lang die Ausschreibung der Medienrechte für die Bundesliga bis ins kleinste Detail auseinander dividiert. Jetzt grinste er: „Dieses Internet scheint sich durchzusetzen.“

Was Bundesliga-Fans für ihren Verein ausgeben
DFL Sky Quelle: dpa
VfL Wolfsburg – 388,45 EuroDie Fans des VfL Wolfsburg haben Grund zur Freude: Nach dem fulminanten 4:1 Sieg gegen den Spitzenreiter FC Bayern scheint es möglich Vizemeister zu werden – hält das Formtief des FC Bayern an, könnte sogar noch mehr drin sein. Meister ist der VfL Wolfsburg in puncto Fanausgaben – bei keinem anderen Klub kommen die Fans so billig davon: Die günstigste Dauerkarte kostet 130 Euro – kein Verein in Deutschland verlangt weniger. Das Kappa-Trikot gibt es für 79,95 Euro, damit liegt der VfL im Durchschnitt. Für einen Liter Veltins blecht der VfL-Fan 7,80 Euro und für die Bratwurst gegen den kleinen Hunger zahlt er 2,70 Euro – hochgerechnet auf 17 Heimspiele macht das 178,50 Euro. Quelle: AP
1. FC Köln – 416,85 EuroDer Kölner Fußball ist endlich wieder erstklassig – der Start in die Rückrunde kann sich mit vier Punkten in zwei Spielen durchaus sehen lassen. Bei den Heimspielen lief es bis jetzt für die Kölner allerdings nicht allzu gut – dafür müssen die Fans für die Dauerkarte auch nicht so tief in die Tasche greifen: 165 Euro kostet die günstigste. Das aktuelle Trikot gehört mit einem Preis von 69,95 Euro zu den preiswerteren. Die Bratwurst kostet 2,90 Euro und liegt damit knapp unter dem Durchschnittspreis. Wer einen Liter Bitburger oder Gaffel Kölsch trinken will, muss dafür noch einmal 7,80 Euro zahlen – die Verpflegung für eine Saison kostet damit im Schnitt 181,90 Euro. Quelle: dpa
1899 Hoffenheim – 417,50 EuroAm zweitgünstigsten in der Bundesliga ist das Fan-Sein in Sinsheim. Die Dauerkarte ist bei einem Preis 150 Euro eine der günstigsten. Auch das Trikot des Sportherstellers Lotto ist mit 74,95 Euro vergleichsweise preiswert. Der Liter Bitburger kostet im Stadion 8,25 Euro; die Bratwurst dazu 3,10 Euro – nur in Stuttgart und München ist sie teurer. Quelle: AP
SC Freiburg – 423,30 EuroDie günstigste Dauerkarte in Freiburg kostet 180 Euro. Dafür gibt es das Nike-Trikot für relativ günstigste 69,96 Euro. Auch die Bratwurst gehört mit 2,70 Euro zu den preiswerteren der Liga. Für den Liter Rothaus zahlen die Fans 7,50 Euro – nirgendwo in der Liga ist das Bier so günstig. Für die Dauer einer Saison kostet die Verpflegung 173,34 Euro. Quelle: dpa
FSV Mainz 05 – 427,85 EuroIn der Bundesliga führt der FSV Mainz 05 aktuell das untere Tabellendrittel an – was die Preise angeht ist er das Schlusslicht des oberen Tabellendrittels. Die Dauerkarte schlägt mit 181 Euro zu Buche. Das Nike-Trikot gehört mit einem Kaufpreis von 64,95 Euro zu den günstigsten Trikots der Liga. Auch die Bratwurst mit einem Preis von 2,90 Euro und der Liter Bitburger für 7,80 Euro sind nicht allzu teuer. Quelle: dpa
Bayer 04 Leverkusen – 431,80 EuroIn der Bundesliga spielt Leverkusen aktuell noch um die Spitzenplätze mit – was die Kosten für die Fans angeht, liegt Leverkusen nur im Mittelfeld. Wer eine Dauerkarte will, zahlt 170 Euro – das Adidas-Trikot dazu schlägt noch einmal mit 79,90 Euro zu Buche. Die Preise für den Verzehr liegen mit 7,80 Euro für den Liter Bitburger oder Gaffel Kölsch und 2,90 Euro für die Bratwurst im Mittelfeld. Quelle: AP

Wenn sich einer im Fußball mit Fernsehen und „diesem Internet“ auskennt, dann der frühere Medienmanager Seifert, der seit 2005 an der DFL-Spitze steht. Und wenn einer vom Konkurrenzkampf jener Konzerne profitiert, die ihr Geld mit Internet und Fernsehen verdienen, dann sind es Seifert und jene 36 Bundesligaklubs, für die der frühere Vorstandschef der KarstadtQuelle New Media gerade die Medienrechte ab der Saison 2017/2018 verkauft, die mit Abstand teuerste Inhaltelizenz der Republik.

Wie teuer sie ab der Saison 2017/2018 für die Medienunternehmen wird, die derzeit um die Rechte einen Millionenpoker liefern, soll sich noch vor dem Beginn der Europameisterschaft in Frankreich entscheiden. Die beginnt bekanntlich am 10. Juni; für einen Tag vorher haben Seifert und seine Truppe Ligavertreter und Presse nach Frankfurt geladen. Dann steht fest, wer die höchsten Gebote abgegeben hat – und wer im Zweifel sein Geschäftsmodell wird überarbeiten müssen. Denn abzusehen ist bereits, dass neue und alte Herausforderer des Platzhirschen Sky wie Amazon, Constantin, Vodafone und die Deutsche Telekom die Preise vor allem für die Live-Rechtepakete in die Höhe treiben.

Diesen Fußballvereinen würden wir sogar Geld leihen
Platz 1: FC Bayern MünchenDieses Ergebnis überrascht wohl nicht: Der Deutsche Meister 2016 ist nicht nur bei seinen fußballerischen Leistungen einzigartig, sondern auch in finanzieller Hinsicht am vertrauenswürdigsten. 270 Umfrage-Teilnehmer – also satte 14 Prozent – gaben an, dem Münchener Verein am ehesten ihr Geld leihen zu wollen. Auf der Onlineseite des Kreditvergleichsportals smava haben im Zeitraum von 14. April bis 9. Mai 2016 insgesamt 1981 Personen an der Abstimmung teilgenommen. „Der FC Bayern hat sich das Vertrauen der Fans über viele Jahre erarbeitet“, analysiert Alexander Artopé, Geschäftsführer des Kreditvergleichsportals smava, das Ergebnis. „Selbst bei hohen Transferausgaben hat man als neutraler Beobachter nie den Eindruck, dass der Klub ein außergewöhnlich hohes wirtschaftliches Risiko eingeht.“ Dennoch hat der Rekord-Meister etliche Stimmen verloren: Im Vorjahr erzielte der FC noch 22 Prozent, also mehr als ein Fünftel aller Stimmen. Quelle: smava.de Quelle: dpa
Platz 2: Borussia DortmundAuch der BVB genießt unter den Fußball-Fans hohes Ansehen – und Vertrauen: 211 Umfrage-Teilnehmer (11 Prozent ) gaben an, Borussia Dortmund ihr Geld leihen zu wollen. Doch auch der BVB verschlechterte sich im Vergleich zum Vorjahresergebnis: Damals votierten noch 14 Prozent für den Ruhrgebietsverein. Immerhin konnte sich der Bundesligist von Platz 3 auf Platz 2 steigern. Quelle: dpa
Platz 3: Werder BremenÜberraschend gut schneidet erneut Werder Bremen ab. Mit 193 Stimmen machten die Bremer 10 Prozent der Umfrage für sich aus. Die Hanseaten, die im Vorjahr sogar Vizemeister der Umfrage wurden, steckten zwar in dieser Saison durchgehend im Abstiegskampf, gelten aber dennoch bei den Fans als wirtschaftlich solider Verein. Quelle: dpa
Platz 4: Hamburger SVAuch der HSV belegt bei den Umfrageergebnissen einen der vorderen Plätze: Insgesamt stimmten 157 Teilnehmer für den Verein mit der schwarz-weißen Raute ab – das sind 8 Prozent. Quelle: dpa
Platz 5: Borussia MönchengladbachNur ganz knapp hinter den Hamburgern liegt Borussia Mönchengladbach. 153 Personen – und somit nur vier weniger als beim HSV – votierten für die Borussen. Damit kommt der Verein ebenfalls auf 8 Prozent. Quelle: dpa
Platz 6: VfB Stuttgart„Dem VfB Stuttgart ihr Geld leihen?“ – Kein Problem, meinten 129 Umfrage-Teilnehmer und votierten für den Schwaben-Verein. Das sind 7 Prozent vom Gesamtergebnis. Quelle: dpa
Platz 7: FC Schalke 04Der BVB-Erzfeind belegt mit 6 Prozent den siebten Platz – und bekommt mit 128 Stimmen nur eine weniger als der VfB Stuttgart. Und noch ein Verein kommt auf die gleiche Stimmzahl wie der FC Schalke 04 ... Quelle: dpa

Grund ist eine Neuerung im Rechtepoker. Die DFL hat diesmal nach langem hin und her mit dem Bundeskartellamt mit der „No Single Buyer-Rule“ eine Vorgabe eingeführt, die verhindert, dass ein einzelner Bieter erneut alle Live-Rechte für alle Übertragungswege wie Antenne, Kabel, Internet oder Mobilfunk kauft. Noch zahlt Sky der Liga dafür mit 486 Millionen Euro pro Saison das meiste Geld.

Dank des Alleinkaufsverbots steht jedoch fest, dass Sky diesmal seine Exklusivität verliert. Sky-Chef Carsten Schmidt steckt in einer Zwickmühle. Denn setzt er sich mit dem höchsten Gebot für die Live-Pakete „A“ bis „E“ durch, in denen nach Spieltag und Anstoßzeit sortiert alle Erstliga-Partien verschnürt sind, muss die DFL einem zweiten Interessenten das neu eingeführte Paket „OTT“ verkaufen. OTT steht für „Over the top“, Übertragungen via Internet. Der Käufer darf 102 von 306 Spielen per Internet und Mobiltelefon zeigen. Diese Partien sind dann für Sky tabu.

Bieten die Telekom oder Amazon mit?

Für Wolfgang Holzhäuser, Ex-Manager von Bayer Leverkusen und Partner beim Berliner Beratungsunternehmen Goldmedia, steht fest: „Die neue Regel führt dazu, dass die OTT-Rechte spürbar teurer werden. Da wird es echten Wettbewerb geben.“ Beobachter gehen davon aus, dass vor allem die Deutsche Telekom, aber auch der US-Internetkonzern Amazon für dieses Paket bieten werden. Für sie wäre es durchaus appetitlich: Darin enthalten sind drei Partien pro Spieltag: eine am Samstag um 15.30 Uhr, dazu noch je ein Spiel am Sonntag um 15.30 und 18 Uhr.

von Peter Steinkirchner

Allerdings steht längst nicht fest, ob die DFL das OTT-Paket überhaupt vergibt. Denn mit dem Londoner Sportrechte-Unternehmen Perform, das unter anderem die Internetseite spox.com betreibt, und dem Sportsender Eurosport haben offenbar auch andere Beteiligte außer Sky Interesse an Live-Fußball. Und auch die Telekom könnte den Unterföhringern, denen Klub-Manager immer wieder einen guten Job attestieren, bei den Live-Rechten in die Quere kommen: Im Paket „B“ etwa verpackte die DFL die populäre Liga-Konferenz, bei der der Sender am Spieltag zwischen den Stadien hin und her schaltet. Die Offerte würde unter anderem ins Portfolio der Telekom passen.

Für die Bonner hätte der Erwerb zusätzlichen Charme: Sky käme ohne die beliebte Konferenz in Erklärungsnot gegenüber seinen Kunden und könnte sich gezwungen sehen, der Telekom für viel Geld eine Sublizenz abzukaufen. Andererseits würde DFL-Chef Seifert dann auch das OTT-Paket nicht vergeben, was Sky entgegen kommen würde.

Damit die Angelegenheit aber nicht zu einfach wird, sind auch weitere Wendungen denkbar. Denn Konkurrenz droht Sky womöglich auch vom Privatsender RTL, der unter Quotendruck auf eines jener Pakete schielen dürfte, die die DFL nicht ans Bezahlfernsehen gebunden hat. RTL kaufte gerade erst reichlich Rechte für Spiele der Nationalelf. Dazu würden Live-Partien der Bundesliga durchaus passen. Zumal diese RTL deutlich preiswerter kämen als eine wöchentliche Sendung nach Vorbild der ARD-„Sportschau“. RTL-Chefin Anke Schäferkordt hatte Interesse angemeldet.

Für Sky heißt das: „Sky muss sich auf viel Wettbewerb einstellen müssen, um andere Bieter draußen zu halten“, sagt Experte Holzhäuser. Fußball-Boss Seifert wäre das recht. Samt Auslandserlösen peilt er zwischen 1,1 und 1,5 Milliarden Euro an. In wenigen Tagen steht fest, ob sein Kalkül aufgeht.

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