Bundestagswahlkampf 2017 Deutsche Post soll eine Milliarde Einzelinformationen verkauft haben

Geld verdient die Deutsche Post nicht nur mit dem Versand von Briefen und Paketen. Quelle: dpa

Droht Deutschland ein Datenskandal? Eine Tochter der Deutschen Post soll straßengenaue, personenbezogene Daten zu Wahlkampfzwecken an CDU und FDP verkauft haben. Jetzt reagiert der Konzern auf die Vorwürfe.

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Laut einem Bericht der „Bild am Sonntag“ soll eine 100-Prozent-Tochter der Deutschen Post im Bundeswahlkampf 2017 personenbezogene an CDU und FDP verkauft haben. Demnach verkaufe die Deutsche Post Direkt GmbH, eine Reklametochter, bereits seit 2005 solche Daten zu Wahlkampfzwecken.

CDU und FDP sollen einen fünfstelligen Betrag gezahlt und dafür straßengenaue Analysen erhalten haben. Gegenüber der „Bild am Sonntag“ bestätigten die Parteien entsprechende Verträge, die Post wollte sich gegenüber der „Bild am Sonntag“ nicht äußern, erklärte aber am Sonntag in einer offiziellen Mitteilung: „Die Behauptung, die Deutsche Post oder eine ihrer Tochterfirmen würden Daten ‚verhökern‘ trifft nicht zu.“

Die Deutsche Post Direkt GmbH speichere und verarbeite zwar geschäftsmäßig personenbezogene Daten, heißt es weiter, halte dabei aber das Bundesdatenschutzgesetz ein. Das werde durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz regelmäßig geprüft.
Laut dem Bericht der „Bild am Sonntag“ seien persönliche Daten zwar anonymisiert worden, doch die hohe Zahl von Einzelinformationen ließen Aussagen zur „Parteiaffinität“ für einzelne Wohngebäude zu. Die Zeitung zitiert aus einer internen Broschüre, in der es demnach heißt, die Post habe Daten zu 85 Prozent aller Haushalte in Deutschland. „Für ca. 20,0 Mio. Häuser mit rund 34 Mio. Haushalten in Deutschland stehen mehr als 1 Milliarde Einzelinformationen zur Verfügung.“ Daten gäbe es unter anderem bezüglich der Kaufkraft, dem Bankverhalten, dem Alter, der Bildung, der Wohnsituation, dem Wohnumfeld und des Pkw-Besitzes.

Auch das bestreitet die Post. „Es werden keine personenbezogenen Daten, sondern nur statistische Wahrscheinlichkeitswerte dargestellt“, heißt es. Diese bezögen sich auf eine Basis von durchschnittlich 6,6 Haushalte. Die Daten würden auch nicht verkauft, sondern vermietet. „Eine direkte Übermittlung der Adressdaten an werbungtreibende Kunden ist ausgeschlossen.“ Die Daten würden an einen so genannten Lettershop vermittelt, der wiederum von Werbetreibenden mit dem Druck und Versand von Broschüren beauftragt werde. „Der Auftraggeber als Absender kennt nicht die Adressdaten, die für sein Mailing eingesetzt werden. Der Lettershop löscht die Adressdaten im Anschluss an die Verarbeitung.“

Wer in Deutschland eine Adresse hat, ist automatisch in den Post-Datenbanken vertreten. Die Weitergabe dieser Daten für Werbezwecke ist völlig legal, sofern Verbraucher dem nicht schriftliche widersprechen.

Bereits 2012 war die Deutsche Post in die Kritik geraten, weil sie 37 Millionen Adresssätze gewinnbringend vermietet hatte. Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein machte damals auf eine Broschüre aufmerksam, in der die Post ihre Dienste anpries: „Zur Adresspflege wird u.a. die Anschriftprüfung der Deutschen Post genutzt, wodurch die Adressen fortlaufend auf den neusten Stand gebracht werden.“ Daneben standen auch schon damals weitere Daten zur Verfügung – etwa das Bankverhalten.

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