Vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat am Mittwoch die Verhandlung zum Rundfunkbeitrag begonnen. Die Richter prüfen zwei Tage lang, ob der Beitrag für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in seiner jetzigen Form zu Recht erhoben wird.
Worum geht es?
Das oberste deutsche Gericht beschäftigt sich mit vier Beschwerden gegen den Rundfunkbeitrag. In drei Fällen sind die Kläger Privatleute, im vierten Verfahren wehrt sich der Autoverleiher Sixt gegen die Beiträge. Die Beschwerdeführer sehen den Rundfunkbeitrag als Steuer. Für eine Steuer aber hätten die Länder, die den Beitrag im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag geregelt haben, keine Gesetzgebungskompetenz. Denn die läge beim Bund. Außerdem rügen sie Verstöße gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Der Beitrag sei verfassungswidrig, weil er unabhängig vom Vorhandensein von Empfangsgeräten erhoben werde - wer zwei Radios und drei Fernseher hat, muss genauso zahlen wie der, der gar nicht Radio hört und Fernsehen guckt.
Wie ist der Rundfunkbeitrag geregelt?
Seit 2013 werden monatlich 17,50 Euro pro Wohnung erhoben und nicht mehr in Form der GEZ-Gebühr nach Art und Anzahl der Empfangsgeräte. Der Beitrag ist die wichtigste Einnahmequelle für ARD, ZDF und Deutschlandradio. Im gewerblichen Bereich wird der Beitrag nach der Anzahl von Betriebstätten, Dienstwagen und Beschäftigten bemessen.
Um wie viel Geld geht es und wofür wird es verwendet?
Die Rundfunkanstalten nahmen 2016 fast acht Milliarden Euro über den Beitrag ein - rund 150 Millionen Euro weniger, als im Jahr davor. Mit dem Geld soll sichergestellt sein, dass sie wirtschaftlich unabhängig sind. Ihr Auftrag leitet sich aus dem Grundgesetz ab und ist im Rundfunkstaatsvertrag gesetzlich festgelegt: Danach müssen sie zur freien Meinungsbildung beitragen und sollen ausgewogen und unparteiisch berichten. Dabei muss ein flächendeckender Empfang gewährleistet sein und ein breitgefächertes Programmangebot zur Verfügung stehen - die sogenannte Grundversorgung.
Was monieren die Kritiker?
Zum Einen möchten sie nicht für etwas bezahlen, das sie gar nicht wollen. „Ich nutze keinen öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, sagte Robert Splett, einer der Kläger. Außerdem wurde vor Gericht eine ungleich verteilte und damit ungerechte Belastung durch die Beiträge ins Feld geführt. Kläger Bernhard Wietschorke etwa sieht sich als Single und Zweitwohnungsbesitzer doppelt bestraft. „Ich zahle 200 Prozent der Beiträge“, sagte er.
Überhaupt halten viele Bürger den öffentlich-rechtlichen Rundfunk für zu teuer: Einer Umfrage des Instituts YouGov vom Februar zufolge wünschen sich 76 Prozent eine Abstimmung nach Schweizer Vorbild. 44 Prozent dieser Gruppe halten den Rundfunkbeitrag für zu hoch - 43 Prozent dieser Gruppe wollen ihn gar nicht mehr zahlen.
Auch politisch gibt es Gegenwind. Die FDP etwa will den Beitrag mittelfristig deutlich senken und tritt für eine Neudefinition des Auftrages der Öffentlich-Rechtlichen ein. Politiker der AfD kritisieren eine „Zwangsfinanzierung“. Moniert wird auch, dass die Sender entgegen ihres Auftrags nicht umfassend und unparteiisch genug berichten würden.
Was führen die Öffentlich-Rechtlichen ins Feld?
Den Vorwurf der Parteilichkeit wollen sie nicht auf sich sitzen lassen. Über Pro und Contra müsse immer berichtet werden, die Sender seien zur Ausgewogenheit verpflichtet, sagte ZDF-Chefredakteur Peter Frey im Januar. ARD, ZDF und Co. verweisen auch darauf, dass sie dank der Beiträge unabhängig arbeiten und so ein qualitativ hochwertiges Grundangebot für alle möglich machen könnten.
Das Argument, der Beitrag verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, zieht aus ihrer Sicht ebenfalls nicht: Medienanalysen zeigten, dass mehr als 99 Prozent der über 14-Jährigen in Hauhalten mit mindestens einem Fernseher lebten, sagt SWR-Justiziar Hermann Eicher.
Was haben die Vorinstanzen gesagt?
Der Rundfunkbeitrag ist rechtmäßig. So haben bislang zahlreiche Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte entschieden sowie die Verfassungsgerichtshöfe in Bayern und Rheinland-Pfalz. Auch das Bundesverwaltungsgericht erklärte den Rundfunkbeitrag mehrfach für verfassungsgemäß und wies im Dezember 2016 etwa Klagen des Autovermieters Sixt und des Discounters Netto ab. Der Beitrag sei als Abgabe zu werten, für die Bürger eine Gegenleistung bekämen, befanden die Leipziger Richter.
Drei Fakten zum Rundfunkbeitrag
Der Rundfunkbeitrag für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten löste das alte Konzept der GEZ ab. Seit 2013 wird er pro Wohnung und nicht mehr nach Art und Zahl der Geräte erhoben. Der Rundfunkbeitrag beträgt derzeit 17,50 Euro im Monat pro Wohnung.
Stand: Mai 2018
Über die Höhe des Beitrags entscheiden die Ministerpräsidenten und die Landtage. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) ermittelt dafür einen Vorschlag.
Die Rundfunkanstalten nahmen 2016 fast acht Milliarden Euro über den Beitrag ein. Der Beitragsservice verwaltete nach eigenen Angaben im Jahr 2016 rund 44,9 Millionen Beitragskonten, mehr als zehn Prozent (4,56 Millionen) befinden sich im Mahnverfahren. In rund 1,5 Millionen Fällen sei Vollstreckung eingeleitet worden. Es handele sich bei den säumigen Zahlern aber keineswegs durchweg um Menschen, die den Rundfunkbeitrag aus Prinzip ablehnten. „Es ist davon auszugehen, dass in der überwiegenden Zahl der Fälle finanzielle Gründe Ursache für einen Zahlungsrückstand sind“, sagte der Sprecher.
Gibt es weitere Klagen?
Nach Angaben des Bundesverfassungsgerichts sind dort rund 140 Beschwerden gegen den Rundfunkbeitrag noch offen. Weitere rund 380 seien „durch Nichtannahme ohne Begründung“ erledigt, sagte ein Gerichtssprecher. Vor den unteren Instanzen wehren sich ebenfalls viele Beitragskritiker gegen die Abgabe. Nach jüngsten verfügbaren Zahlen waren im Jahr 2016 gut 4000 „rundfunkbeitragsrechtliche Verfahren“ vor Gerichten anhängig, teilte ein Sprecher des Beitragsservice der Öffentlich-Rechtlichen mit.