Thomas Willms ist seit Januar 2018 Chef der Hotelgruppe Deutsche Hospitality. Die Gruppe gehört seit 2009 dem ägyptischen Geschäftsmann Hamed El Chiaty und betreibt derzeit fast 150 Hotels in Europa und Asien unter den Marken Steigenberger Hotels & Resorts, Maxx by Steigenberger, IntercityHotels und Jaz in the City. Vorige Woche kaufte das Unternehmen für einen zweistelligen Millionenbetrag die dänische Budget-Marke Zleep mit elf Häusern und vier anstehenden Neueröffnungen. Zuvor verantwortete Willms Zentral & Osteuropa für den vor 2 Jahren von Marriott übernommenen Konzern Starwood Hotels & Resorts mit Weltmarken wie Sheraton. W Hotels oder Westin.
WirtschaftsWoche: In der Konsolidierungswelle der Hotelbranche in der vergangenen drei Jahren hat sich Ihr Unternehmen auffällig zurückgehalten. Nun haben Sie ihren ersten großen Zukauf angekündigt, die skandinavische Zwei-Sterne-Marke Zleep. Hatten sie Torschlusspanik?
Thomas Willms: Nein (lacht), absolut nicht. Wir sind in den vergangenen Jahren auch ohne Zukäufe immer zweistellig gewachsen, besonders in unserem Heimatmarkt den deutschsprachigen Ländern. Dazu haben mit Jaz in the City eine eigene neue Lifestylemarke gestartet und Maxx by Steigenberger im vergangenen Jahr erfolgreich im Markt platziert. So hätten wir auch weitermachen können.
Und reichte Ihnen das plötzlich nicht mehr?
Zleep öffnet uns gleich zwei neue Märkte, die wir auf einem anderen Weg gar nicht oder nur mit einem viel größeren Aufwand hätten erschließen können. Da ist zum einen der skandinavische Markt. Ich habe es selbst erlebt in meiner Zeit im Starwood-Konzern, zu dem unter anderem Sheraton gehört, wie schwer der für jemanden vor Außen zu erschließen ist. Nun sind wir dort mit bald 15 Häusern aus dem Stand einer der führenden Anbieter. Dazu erschließen wir uns auf einen Schlag ein völlig neues Marktsegment, den Budget-Bereich.
Kann die Deutsche Hospitality rund um die Premium-Marke Steigenberger denn überhaupt billig?
Es geht nicht um billig, sondern um ein anderes Feld, in dem es aber genauso wie in unseren anderen Marken auf Qualität ankommt. Natürlich ist das kein leichtes Feld. Doch wenn wir es richtig machen, ist das eine ideale Ergänzung.
Was bringt Ihnen das neue Segment?
Budget ist der am schnellsten wachsende Sektor und gemessen am Umsatz sogar der profitabelste. Denn hier konzentrieren wir uns auf die Übernachtung, die pro Gast am meisten Geld bringt - und das Frühstück. Dagegen verzichten wir Dinge mit vergleichsweise hohen Kosten wie Restaurants. Dazu finden wir hier neue Kunden, die wir mit unseren bestehenden Marken wahrscheinlich nicht erreicht hätten.
An welche Gruppen denken Sie da?
Wir erreichen beispielsweise künftig viele jüngere Kunden und Reisende aus Asien, die bevorzugt den Budget-Bereich buchen. Und natürlich alle, die ein eigenständiges Design mit einem natürlichen und sachlichen skandinavischen Flair suchen.
Wollen Sie diese Günstig-Gäste auch in ihre aufwändigen Premium-Häuser locken?
Ja. Doch der Austausch funktioniert in beide Richtungen. Wir sehen heute immer stärker, dass sich Kunden nicht nur auf ein Segment festlegen, sondern je nach Anlass mal Budget und mal vier oder fünf Sterne buchen. So sind manche Steigenberger-Stammgäste mit Budget zufrieden, wenn sie ein Sportereignis besuchen. Dagegen möchten sich Budget-Kunden sich für eine Privatreise übers Wochenende immer öfter etwas Besonderes gönnen möchten.
In Zukunft Hotelzimmer mit App öffnen
Steigen mit Zleep nicht auch Ihre Kosten? Immerhin müssen Sie sich nun um eine neue Marke und ein ungewohntes Feld kümmern.
Natürlich ist der Aufwand nach einer Übernahme zunächst etwas höher. Aber wir rechnen unterm Strich mit niedrigeren Kosten. So wird mit der Größe unseres Angebots der Vertrieb günstiger. Dazu profitiert Zleep von unseren Fortschritten bei der Digitalisierung. So bieten wir bald wie in fast allen unseren Intercity-Hotels die Möglichkeit, dass Kunden ihr Zimmer mit Hilfe der App auf Ihrem Handy öffnen können und so keinen Schlüssel mehr brauchen.
Besteht nicht eher die Gefahr, dass sie mit Ihrem Steigenberger-Anspruch es beim Service übertreiben und für zu hohe Kosten sorgen?
Nein. Denn wir behalten das alte Management rund um den Gründer Peter Haaber. Das führt Zleep ebenso als eigenständige Marke wie wir das bei Intercity oder Maxx erfolgreich getan haben.
Was haben Sie denn mit Zleep vor?
Wir wollen die Marke schnell vor allem in den deutschsprachigen Ländern und Osteuropa etablieren und zu einem Marktführer werden. Dabei denken wir vor allem in Deutschland an bis zu zehn Häuser in jedem der kommenden Jahre.
Wann und wo kommt das erste deutsche Zleep?
Bitte haben Sie Verständnis, dass ich Ihnen das heute nicht beantworten werde. Soviel sei gesagt: Lange wird es nicht mehr dauern.
Müssen Sie nicht auch in die bestehenden Häuser investieren? Derzeit gibt es relativ große Unterschiede zwischen neueren Hotels wie am Flughafen Kopenhagen und älteren Häusern.
Ich habe fast alle Zleep-Hotels besucht und fand die Unterschiede nicht größter als innerhalb von anderen Marken. Aber natürlich werden wir wie bei unseren anderen Häusern für den gleichen hohen Marken-Standard sorgen.
Die großen Billig-Marken wie Ibis von Accor oder Holiday Inn von InterContinental haben viel mehr Häuser und ebenso ehrgeizige Wachstumspläne wie Sie. Wie wollen Sie gegen die bestehen?
Zum einen bieten wir mit unserem skandinavischen Design etwas, was sonst keiner hat. Dazu kommt unser etwas anderer typisch deutscher Ansatz beim Service.
Was bitteschön ist denn deutscher Service, vor allem im Budget-Bereich?
Es geht um Qualität, Zuverlässigkeit die Anliegen der Gäste schnell und effizient zu lösen, so wie wir das bei Steigenberger tun – und damit seit Jahren in neutralen Kundenumfragen zu der beliebtesten Hotelgruppe in Deutschland gewählt werden.
Das klingt jetzt noch ziemlich wolkig.
Service ist leider immer etwas schwer in Worte zu fassen. Den müssen Sie als Kunde erleben. Lassen Sie sich überraschen, wenn wir die ersten Häuser eröffnet haben.
Überzeugen Sie denn mit Ihrem Konzept die Investoren? Sie besitzen ja keine eigenen Immobilien, sondern betreiben die Häuser anderer Investoren mit langjährigen Verträgen als Pächter, Manager oder im Franchise.
Den Investoren gefällt unser Angebot. Denn in fast allen Städten gibt es so viele Häuser einer Marke, dass Investoren zu Recht befürchten, jedes weitere könnte ihre bestehenden Hotels Umsatz kostet. Dagegen können sie dank unseres anderen Konzepts mit mehr Geschäft rechnen.
Bleibt das auch so? Inzwischen mehren sich die Anzeichen für eine Ende des langjährigen Aufschwungs in Deutschland.
Ich lese auch immer wieder, dass uns ein Abschwung droht. Aber wir können derzeit nicht beobachten, dass unser Geschäft nachlässt. Im Gegenteil, alle Anzeichen deuten für uns auf weiteres Wachstum.