Chefwechsel Lufthansa-Chef Franz hinterlässt zahlreiche Baustellen

Christoph Franz übergibt am Dienstag Carsten Spohr auf der Lufthansa-Hauptversammlung die Konzernführung. Damit endet ein quälender Chefwechsel. Der Reformprozess geht jedoch weiter - mit allen negativen Folgen.

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Christoph Franz (M) und Carsten Spohr (r) Quelle: dpa

Ein Chefwechsel bei der Deutschen Lufthansa ist traditionell ein hochemotionaler Moment. Selbst den Technokraten trieb es ein wenig Rührung in die Augen, als Jürgen Weber vor knapp elf Jahren seinem Nachfolger – und damals noch Freund - Wolfgang Mayrhuber symbolisch das Steuerhorn einer Boeing 737 übergab.

Mit solch bewegenden Momenten ist nicht zu rechnen, wenn am Dienstag im Hamburger CCH-Kongresszentrum der Chefposten der nach Umsatz größten europäischen Fluglinie von Christoph Franz an Carsten Spohr übergeht. „Franz übergibt da weniger die Führung, er überlässt sie Spohr und geht erleichtert“, kommentiert trocken ein Insider.

Emotionsloser Technokrat

Franz verlässt nach bereits 40 Monaten und damit deutlich früher als fast alle seiner Vorgänger den Konzern. Er wird Verwaltungsratschef des Schweizer Pharmakonzerns Roche. Doch damit hinterlässt er seinem Nachfolger eine echte Baustelle - inklusive eines Effizienz-Programms namens „Score“, einer in weiten Teilen entgeisterten Belegschaft und vielen verstörten Kunden.

„Wir singen von Herzen 'Nun danket alle Gott, wenn Franz geht'", ist da noch ein positiver Kommentar. „Emotionsloser Technokrat“ und „Zerstörer der Lufthansa“, sind die weniger freundlichen. Selbst Spohr werden Äußerungen nachgesagt, Franz habe einseitig die Interessen der Aktionäre verfolgt und die Kunden sowie Mitarbeiter vernachlässigt. 

Das ist, mit Verlaub, bestenfalls eine falsch verstandene Fanfare für Spohr und schlimmstenfalls Propaganda. Sicher, glücklos mag Franz glücklos gewesen sein, aber am Ende war er alles andere als nutzlos. 

Natürlich wäre es wahrscheinlich besser gewesen, Franz hätte seine Reformen noch ein paar Jahre weiter persönlich getrieben. Und zwar so lange, bis sich die Lufthansa wirklich geändert hat.

Will die Lufthansa auf Dauer wachsen, muss der Wille zur ständigen Verbesserung von Service und Ertragskraft nicht nur das nostalgische „Uns kann keiner“ bei vielen Lufthanseaten zerstören. Er muss sich so tief im Erbgut der Kranichlinie eingraben wie bei den Erzrivalen, von den Billigfliegern über Emirates aus Dubai bis zu den großen US-Fluglinien Delta sowie allem Anschein nach auch American Airlines. Denn nur so kann aus der Technokratenlinie Lufthansa ein agiler Dienstleister werden, für den Kundenwünsche, zuverlässiger Betrieb, motivierte Mitarbeiter und Gewinne nicht länger ein Widerspruch sind.

Mut zur Veränderung

Doch auch wenn Franz das nicht geschafft hat. Er hat am Ende den Boden bereitet für Spohr. Franz hat viele überkommene Dinge in Frage gestellt: die allzu konsensorientierte Firmenkultur, den Geiz gegenüber dem Kunden und das übertriebene „Wir machen alles selbst“ mit dem Durchschleppen absurder Dinge von den unprofitablen Töchtern bis zu einer zweiten Firmenzentrale in Köln neben der Hauptverwaltung in Frankfurt.

Gerade weil Franz kein klassischer Lufthanseat war, konnte er alte Gewohnheiten angehen, an die sich seine Vorgänger nicht so recht herangewagt hatten.

Auch unter Weber und Mayrhuber gab es Sparprogramme oder Arbeitskämpfe mit der Belegschaft. Doch am Ende blieb immer alles weitgehend beim Alten: Konkurrenz wurde nicht sonderlich ernst genommen, die Investitionen in neue Flieger oder Passagierkomfort beschränkten sich außer in der First Class auf das Allernötigste.

Jedes Neuerungsprogramm hat die Lufthansa vor Franz nur mit großem Aufstand in riesigen bürokratischen Sparrunden mit großem Stab angestoßen. Und die galten auch dann als großer Erfolg, wenn zwar jede Menge Ausgaben eingespart wurden, aber wegen anderer Kostensteigerungen der Gewinn fast nicht stieg.

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