Claus Weselsky im Interview Was der GDL-Chef weiter plant

Claus Weselsky sorgt für Zündstoff. Der streitbare GDL-Chef hält einen neuen Streikrekord im Streit mit der Bahn für möglich. Das Tarifeinheitsgesetz bezeichnet er im Gespräch mit unserer Redaktion als Ursache für die Eskalation.

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GDL-Vorsitzender Weselsky über Deutsche Bahn Quelle: dpa Picture-Alliance

Herr Weselsky, in der Bahntarifrunde zieht die Lokführergewerkschaft GDL in ihren neunten Streik. Müssen Sie nicht befürchten, dass nun endgültig die Stimmung kippt und die GDL zum Hassobjekt in der Öffentlichkeit wird?

Claus Weselsky: Wir erwarten nicht, dass die Menschen begeistert am Bahnsteig stehen und Beifall klatschen, wenn der Zug nicht kommt. Aber beim vergangenen Streik Anfang Mai hatten wir in Umfragen noch immer eine erstaunliche Zustimmung in der Bevölkerung von knapp unter 50 Prozent. Das macht mich zuversichtlich, dass die Menschen unsere Anliegen verstehen.

Zur Person

Sie haben diesmal keine Angaben über die Dauer des Streiks gemacht. Wollen Sie den 6-Tage-Streik von Anfang Mai, den längsten Arbeitskampf der Bahngeschichte, etwa noch toppen?

Wir sind in der Lage, den Arbeitskampf auszuweiten. Streik ist aber kein Selbstzweck. Wenn sich die Bahn-Führung bewegt, können wir den Streik innerhalb von 12 bis 14 Stunden beenden. Wir stehen der Bahn auch während des Arbeitskampfes für Hintergrundgespräche zur Verfügung.

Am Freitag will der Bundestag das sogenannte Tarifeinheitsgesetz verabschieden, wonach in einem Betrieb nur noch die größere Gewerkschaft Tarifverträge abschließen darf. Beeinflusst dies ihre Verhandlungsstrategie?

Dieses Gesetz ist wie Gift im Brunnen! Dieses Gesetz hat überhaupt erst zur Eskalation geführt. Dass die Bahn behauptet, es auf die GDL nicht anzuwenden, ist nur ein Trick. Wenn unsere Konkurrenzgewerkschaft EVG, die insgesamt mehr Mitglieder hat als wir, darauf beharrt, wird sich die Bahn dem nicht entziehen können. Zumindest vorläufig, denn ich bin sicher, dass dieses Gesetz vom Bundesverfassungsgericht wieder kassiert wird.

Das sind die Bahngewerkschaften GDL und EVG

Ist der erneute Streik mit dem Deutschen Beamtenbund (dbb) abgestimmt? Ihr Dachverband übernimmt ja über einen speziellen Fonds einen Teil der Streikgelder – und wie zu hören ist, sinkt dort so langsam die Freude am Arbeitskampf der GDL.

Über die Solidarität im dbb brauchen Sie sich keine Sorgen machen. Der Streik ist natürlich mit dem dbb abgestimmt.

Und warum blockieren Sie die von der Bahn vorgeschlagene Schlichtung? Ohne ein solches Verfahren finden Arbeitgeber und Gewerkschaft  ja offenkundig nicht zusammen. 

Moment! Wir sind nicht gegen eine Schlichtung, wir sind nur gegen ein Schlichtungsdiktat der Bahn. Die GDL ist bereit, einen Schlichtungstarifvertrag zu unterschreiben, der handelnde Personen, Dauer und Themen einer Schlichtung festschreibt. Unsere Ansage ist klar und unverrückbar: Ein Schlichtung darf sich nur auf Löhne und Arbeitszeiten beziehen - nicht aber auf unser Grundrecht, auch für Lokrangierführer und das gesamte Zugpersonal eigene Tarifverträge abschließen zu können.

Fahrgastrechte während des Bahnstreiks

Nachdem die GDL den SPD-Politiker Matthias Platzeck als Moderator abgelehnt hat, hat die Bahn nun den ehemaligen Richter am Bundesarbeitsgericht, Klaus Bepler, ins Spiel gebracht. Ist Ihnen der lieber?

Wir werden in Kürze mit Herrn Bepler sprechen. Vielleicht hat seine Hinzuziehung ja positiven Einfluss auf die Strategie der Bahn.

Haben Sie auch einen eigenen Kandidaten als Vermittler im Auge?

Das geben wir bekannt, sobald ein Schlichtungstarifvertrag existiert. Im Auge habe ich derzeit nur einen klaren Blick.

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