Cloud Computing „Wir sind sowas wie Netflix für digitale Unternehmen“

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„Ich sage Managern: Baut nicht alles neu“

Seit Ihrem Einstieg bei ServiceNow Mitte November haben Sie bereits zwei Unternehmen gekauft. Folgen Sie da einer ähnlichen Strategie wie bei SAP, als Sie eine Art Einkaufstour starteten?
Nein, es sind zwei völlig verschiedene Unternehmen mit völlig unterschiedlichen Strategien. Unser Ziel hier ist organisches Wachstum, keine Einkaufstour. Alle Übernahmen, die wir getätigt haben, dienen nur dazu, die Plattform von ServiceNow zu stärken, etwa mit Funktionen für künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen. Wir verkaufen also keine zusätzlichen Produkte, sondern verbessern unser Kernprodukt kontinuierlich – und zwar in Echtzeit und ohne mehr dafür von unseren Kunden zu verlangen.

Also technologische Zukäufe, keine Akquisitionen von Marktanteilen?
Ja. Das ist im Prinzip genauso wie bei Netflix: Auch Netflix ist ein Cloud-Anbieter auf Abobasis. Wenn Netflix neue Serien oder Filme in sein Angebot aufnimmt, erhöhen sie den Abopreis ja nicht. Sondern sie kalkulieren, dass bestehende Kunden dadurch loyaler werden – und dass durch neue Inhalte zugleich die Wahrscheinlichkeit steigt, neue Abonnenten zu gewinnen. Wir wenden dieselbe Formel an. ServiceNow ist sowas wie das Netflix für digitale Unternehmen.

Was sind die wichtigsten IT-Trends, die das Geschäft von ServiceNow in den kommenden Jahren antreiben?
IT hat nicht länger nur eine Unterstützungsfunktion fürs Geschäft – IT ist das Geschäft. Das Problem der meisten Anbieter von Unternehmenssoftware: Sie erledigen eine Sache sehr gut, etwa das Finanzmanagement, Personalwesen oder Vertrieb. Im Gegensatz dazu arbeitet ServiceNow mit all diesen Systemen zusammen. Keiner muss verlieren, damit wir gewinnen können.

Indem Sie Systeme integrieren und für einen reibungslosen Ablauf sorgen?
Über Integration wird doch schon seit Jahren gesprochen. Es scheitert aber meist daran, dass die Ablösung vieler einzelner Systeme durch ein einheitliches Neusystem so ungeheuer komplex ist. Die Herausforderung der Integration endet nie. Ich sage Managern stattdessen: Baut nicht alles neu. Ihr habt bereits gute Arbeit geleistet und Investitionen getätigt. Verwendet Eure bestehenden Systeme weiter – und verbindet sie mithilfe der Plattform von ServiceNow.

Um noch mal auf Ihre Zeit bei SAP zurückzukommen: Was gab den Ausschlag für Ihren überraschenden Abschied im Oktober?
Ich wollte gewährleisten, dass SAP bei meinem Abschied so stark wie möglich da steht. Und genau so waren die Zahlen im dritten Quartal des vergangenen Jahres. Zugleich wurde mir langsam, aber sicher klar, dass ich meinen im Januar dieses Jahres auslaufenden Vertrag nicht mehr verlängern würde, weil ich noch einmal etwas Neues machen wollte. Ich hätte mich Anfang 2020 also ohnehin erklären müssen. Statt dann noch wochenlang eine lahme Ente zu sein, habe ich mich für den sofortigen Rücktritt entschieden, zumal es eine funktionierende Nachfolgeregelung gab.

Zunächst hieß es, Sie sollten noch bis Ende des vierten Quartals an Bord bleiben, Mitte November einigte man sich gegenseitig dann auf die sofortige Auflösung des Vertrags. Warum?
Ich hatte noch das SAP-Investoren-Event in New York im November durchgezogen; hatte meinen Wechsel zu ServiceNow bereits angekündigt, und die neuen Co-CEOs waren im Amt. Daher haben wir uns im gegenseitigen Einvernehmen darauf geeinigt, dass ich meinen neuen Job vorzeitig antreten kann.

Fühlen Sie sich nach zehn Jahren an der SAP-Spitze eigentlich auch ein bisschen „germanisiert“?
Ja, das tue ich wirklich – und ich bin sehr glücklich darüber, dass ich als Amerikaner das Privileg hatte, so lange ein deutsches Unternehmen zu führen. Ich habe großen Respekt vor Deutschland, vor Politikern wie Bundeskanzlerin Angela Merkel, mit der ich sehr gute Gespräche hatte. Auch meine Verbindung zu den SAP-Gründern Hasso Plattner und Dietmar Hopp ist etwas sehr Besonderes – ich blicke auf diese Zeit voller Stolz und Ehrfurcht zurück.

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