Condor Drei Wege aus der Insolvenz

Condor hat drei Möglichkeiten sich zu retten, keine davon ist einfach. Quelle: dpa

Der Staatskredit rettet die insolvente Condor nur vorübergehend. Wenn der Ferienflieger seine grundlegenden Probleme gelöst hat, stehen ihm drei Auswege offen – und keiner davon wird einfach.

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„Foodies in Heaven: Gesunde Snacks an Bord von Condor“ – so begann Anfang der Woche die wohl angenehmste Pressemitteilung des deutschen Ferienfliegers. Wochenlang musste die Linie fast nur Meldungen zur finanziellen Gesundheit von sich und ihrem Mutterkonzern Thomas Cook verschicken. Und als beide dann Anfang vorige Woche in die Insolvenz rutschten, folgten fast schon trotzige Bekenntnisse, dass Condor unbeirrt weiterfliege. Da signalisierte der Hinweis zum Bord-Sortiment aus Mezete-Box mit Hummus, Obst-Gemüse-Bowl mit Nuss-Topping und Berry Smoothies die ersehnte Rückkehr zur Normalität.

Doch auch, wenn nach außen nun wieder Fliegen den Alltag bei Condor bestimmt: vorbei ist der Überlebenskampf der Traditionslinie noch lange nicht. Denn der Konzern muss dringende Probleme lösen. Dazu zählen unter anderem wachsende Ausgaben, etwa für die Werbung um verunsicherte Kunden. Gleichzeitig braucht er dringend neue Investoren – „mit tiefen Taschen und Erfahrung im sehr wetterwendischen Flugreisegeschäft“, wie es ein Unternehmens-Kenner ausdrückt. „Und wie immer am Ende die Lösung aussieht – sie wird nicht sehr angenehm.“

Der größte Vorteil der 63-jährigen Condor Flugdienst GmbH ist ihre wirtschaftliche Lage. Trotz des wachsenden Wettbewerbs – besonders auf den Routen ans Mittelmeer – fliegt sie profitabel. Das am Montag beendete Geschäftsjahr wird sie mit einem höheren Gewinn als im Vorjahr beschließen. Dafür sorgen ihr guter Ruf bei Kunden und die gemessen am deutschen Rivalen Lufthansa niedrigeren Kosten. „Wo Lufthansa profitabel fliegt, tun wir es auch“, sagt Condor-Chef Ralf Teckentrup.

Dazu ist die Linie finanziell flüssig. Dafür sorgt der Überbrückungskredit der Bundesregierung von 380 Millionen Euro. Die Geschäftsführung hat einen Teil der Gewinne und Kundenvorauszahlungen nicht an die seit Jahren extrem klamme Mutter überwiesen, sondern sicherheitshalber einbehalten – aus Vermögensbetreuungspflicht, wie Juristen die Vorsorge nennen. „Wir sind nicht mit Air Berlin zu vergleichen“, schwört Teckentrup in Anspielung auf die inzwischen stillgelegte einst zweitgrößte Fluglinie in Deutschland. Bei der sei es in der Insolvenz darum gegangen, geordnet in die Abwicklung zu gehen.

Doch das Geld wird nicht lange reichen. Dafür sorgt ein Mix aus sinkenden Einnahmen und höheren Ausgaben.

Da ist zum einen der anhaltend starke Wettbewerb. Bereits in den vergangenen Jahren tobte ein harter Preiskampf in der Branche, in dem etwa der irische Preisbrecher Ryanair und seine Österreich-Tochter Lauda ihre Maschinen mit günstigen Tickets füllten und so die Preise verdarben. „Der Druck wird kaum nachlassen“, fürchtet Karsten Benz, Ex-Lufthanseat und nun Berater bei Alix Partners. Denn auch wenn derzeit bereits mehr Maschinen am Himmel sind als der Markt verkraften kann, werden noch weitere dazu kommen. Dafür sorgen die mehreren hundert Maschinen, die vor allem Billigflieger wie Easyjet, Ryanair und Wizzair bestellt haben.

Zweites Problem sind drohende Ausgabensteigerungen bei Condor. Die ehemalige Lufthansa-Tochter drücken Pensionszusagen für ehemalige Mitarbeiter und künftige Ruheständler von rund einer halben Milliarde Euro. Hier besteht zwar die Hoffnung, die Last im Rahmen des Insolvenzverfahrens an den Pensionssicherungsverein der deutschen Wirtschaft abzutreten. „Doch noch ist unklar, wann dies geschieht – oder ob die Entschuldung auf Kosten anderer angesichts der jüngsten Staatshilfe nicht doch lieber auf Eis gelegt wird“, sagt ein Kenner der Materie.

Sicher hingegen sind wachsende Ausgaben zur Kundenbindung. Da ist erstmal die Notwendigkeit, bei den Passagieren wieder Boden gut zu machen. „Der Ruf der Condor hat gelitten in den vergangenen Tagen, als viele tausend Kunden trotz fester Buchung am Boden blieben und noch mehr Reisende um ihre Flüge bangen mussten“, warnt ein Unternehmenskenner. Die Sorge wird nicht geringer, wenn das Unternehmen nun im Insolvenzverfahren streckt. Denn das drückte bislang noch bei allen Unternehmen auf den Absatz. „Wer bucht denn noch in einem solchen Moment“, fragte schon Lufthansa-Chef Carsten Spohr vor zwei Jahren zu Beginn der Air-Berlin-Insolvenz. Um das zu ändern, muss Condor mehr Geld als früher in Werbung stecken.

Kaum weniger drängend ist es, den Ruf in der Reisebranche zu sichern. Zwar gelten Condor-Chef Teckentrup und sein Team als extrem gut vernetzt und genießen hohes Vertrauen bei Veranstaltern. „Wir wollen, dass Condor weiter in der Luft bleibt“, sagt Ingo Burmester, Zentraleuropa-Chef der DER genannten Touristik des Handelskonzerns Rewe. Zudem haben viele Veranstalter erklärt, höhere Kontingente abzunehmen als ursprünglich geplant. „Die Unterstützung ist phänomenal“, freut sich Teckentrup.

Trotzdem reagieren viele Veranstalter zurückhaltend. „Um unsere Kunden nach dem Ende von Air Berlin ans Ziel zu bringen, mussten wir viele Tausend Tickets ein zweites Mal kaufen“, erinnert sich ein führender Touristiker. Die Vorsicht kann Condor gerade nicht brauchen. Weil im vorigen Geschäftsjahr mindestens ein Viertel ihrer gut acht Millionen Passagiere von Thomas Cook kam, fehlen ihr bereits rein rechnerisch zwei Millionen Kunden. Gleichzeitig drängen Billigflieger, allen voran Easyjet, verstärkt ins Urlaubsgeschäft. „Wir haben die meisten Urlaubsziele im Flugplan“, sagte deren Chef Johan Lundgren der WirtschaftsWoche. „Das macht uns für Hoteliers zu einem attraktiven Partner“.

Zu guter Letzt muss Condor in absehbarer Zeit auch viel Geld in neue Flugzeuge stecken. Weil das Unternehmen seine Gewinne zur britischen Mutter schicken musste, sind die derzeit 58 Maschinen verhältnismäßig alt – und damit durstig und wartungsanfällig. Das sorgt für höhere Kosten als bei fast allen Wettbewerbern.

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