Constantin Medien Die heißeste Hauptversammlung des Jahres

Bei Constantin läuft ein Machtkampf der Großaktionäre: Der ehemalige Kirch-Manager Hahn will den Medienkonzern umbauen, Ex-Constantin-Chef Burgener hält dagegen. Es dürfte die heißeste Hauptversammlung des Jahres werden.

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Constantin Medien: Burgener und Hahn streiten um neue Aufsichtsratspositionen. Quelle: Getty Images

Bernhard Burgener ist ein systematisch vorgehender Mensch. Seine private Filmsammlung – sie beginnt mit dem Regisseur Fritz Lang und reicht bis zu Hollywoodstreifen wie „Der Herr der Ringe“ – hat der Cineast akribisch nach Produktionsstudios und Verleihfirmen katalogisiert. Bei einer Kollektion, die aus mehr als 10.000 Filmen besteht, verlöre der Chef des Medienunternehmens Highlight Communications sonst wohl auch sehr schnell die Übersicht: „Filme sind nun einmal mein Hobby.“

Ähnlich detailversessen geht der unauffällige Baseler gerade auch ein anderes Projekt an: Burgener greift nach der Macht bei Constantin Medien, jenem Gebilde mit knapp 500 Millionen Euro Umsatz, in dem die Reste des 2002 untergegangenen Imperiums des verstorbenen Medienunternehmers Leo Kirch versammelt sind. So gehören zu Constantin neben dem gleichnamigen Filmproduzenten („Fack juh Göhte“, „Das Parfüm“) auch der TV-Sender Sport1 und die Schweizer Firma Team, die die Fußball-Champions-League an Werbekunden und Sender vermarktet.

Im Vorfeld der Constantin-Hauptversammlung an diesem Mittwoch in der Alten Kongresshalle unweit der Theresienwiese zu München hat sich Burgener zusammen mit weiteren Anlegern 29,3 Prozent und damit offenbar den größten Anteil der Stimmrechte gesichert. Mit dem Paket im Rücken will er im ersten Schritt fast den kompletten Aufsichtsrat von Constantin austauschen. Vier von sechs Positionen will er mit eigenen Leuten besetzen. Das geht aus einem Antrag zur Hauptversammlung hervor.

Die erfolgreichsten Filme aller Zeiten

Burgeners Vorstoß ist vor allem eine Kampfansage an den derzeitigen Constantin-Aufsichtsratschef Dieter Hahn. Der 55-Jährige, einst Ziehsohn von Kirch und Spitzenmanager in dessen Reich, verfügt derzeit über 27,9 Prozent an Constantin Medien. Über das Abstimmungsverhalten der vielen Kleinanleger lässt sich nur spekulieren; gerade noch vor dem Anlegertreffen hat Constantin Medien die Aktionärsstruktur zum Stand 30. Juni aktualisiert. Demnach waren 54,7 Prozent der Anteile im Streubesitz.

Innige Abneigung zwischen Burgener und Hahn

Klar ist, dass die beiden Großaktionäre einander in inniger Abneigung verbunden sind, heißt es in der Branche. Schließlich soll Hahn großen Anteil daran gehabt haben, Burgener Ende 2015 nach sieben Jahren im Amt als Constantin-Vorstandschef abzulösen.
Eine Zeit lang sah es so aus, als wolle sich Burgener, wie bei seinem Abschied offiziell verkündet, vor allem um das Unternehmen Highlight kümmern, an dem allerdings Constantin Medien mit mehr als 60 Prozent die Mehrheit hält und das Burgener zuvor bereits in Doppelfunktion geführt hatte. Doch nur ein halbes Jahr nach dem Auszug aus seinem Büro im Münchner Vorort Ismaning mischt er auch bei Constantin wieder kräftig mit.

Was genau ihn treibt, dazu lässt sich der 58-Jährige im Vorfeld des Aktionärstreffens nicht in die Karten schauen. Kontrahent Hahn gibt sich gegenüber der WirtschaftsWoche „sehr entspannt“ und konstatiert, Burgener habe „das gute Recht“, Aktien zu kaufen. Doch tatsächlich kann ihn dessen Treiben nicht kalt lassen.

Anteilsverhältnisse beim Medienkonzern Constantin


Denn klar ist, dass es Burgener nicht allein um die Aufsichtsratsposten geht. Vielmehr zielt seine Attacke auf Hahns Pläne für Constantin. So hatte Hahn in einem Antrag zur Hauptversammlung eine „umfassende Neuausrichtung der Unternehmensgruppe“ angekündigt. Die bisherige teure Doppelstruktur mit den beiden börsennotierten Unternehmen Constantin und Highlight unter einem Dach soll aufgelöst werden, vermuten Insider. Stattdessen würde sich Constantin künftig stärker auf das Thema Sport konzentrieren.
Auch, wenn es hier zuletzt eher nicht so lief wie zwischenzeitlich geplant. Denn vor gerade zwei Jahren hatte sich Hahn in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ noch sehr offensiv gegeben und einen möglichen Kauf von Live-Rechten der Fußball-Bundesliga ins Spiel gebracht. Doch bei der jüngsten Vergabe der Fernsehrechte am Erstliga-Kick sicherte sich Constantins-Fernsehableger Sport1 Anfang Juni allein ein einziges der begehrten Pakete. In der kommenden Saison wird der Nischensender montags abends dagegen zum vorerst letzten Mal live aus einem Zweitliga-Stadion berichten. Denn dieses Recht sicherte sich der Münchner Bezahlsender Sky für die darauf folgende Spielzeit.

Wichtige Filmsparte steht wohl zur Disposition

Und auch bei den Internet-Radiorechten geht Sport1 ab August in seine vorerst letzte Spielzeit. Übertrug Sport1.fm bislang Bundesliga-Partien live, ist auch dieses Recht ab 2017/2018 perdu. Denn die Deutsche Fußball-Liga vergab dieses Radio-Recht an den US-Giganten Amazon, der damit erstmals beim Kick zum Zuge kam. Zwei weitere Rechtepakete hat die DFL noch nicht vergeben, weil die entsprechenden Gebote zu niedrig waren. Sie will sich nun Zeit lassen mit deren Verkauf. Klar ist jedoch, dass ohne das Montags-Match Sport1 weniger Werbegelder einnehmen wird als bisher.

Fest steht auch, dass die Constantin-Produktionsfirma Plazamedia ab Mitte kommenden Jahres den Auftrag verlieren wird, mit eigenen Kamerateams im Auftrag von Sky die Erstliga-Spiele aufzuzeichnen. Sky baut gerade neben dem Hauptquartier im Münchner Medien-Vorort Unterföhring eine eigene Produktionsabteilung samt Sendezentrum auf.

Streit um Aufsichtsratsmitglieder

Was daher tatsächlich mit der Constantin-Filmsparte passiert, dürfte noch für Spannung sorgen. Der Unternehmensteil bescherte mit zuletzt 272 Millionen Euro für den Löwenanteil der Konzernumsätze. Doch wie lange das noch der Fall sein wird, ist offen. Denn ausgerechnet diese Sparte, heißt es seit einiger Zeit, stünde zur Disposition. Einen offiziellen Beschluss von Vorstand und Aufsichtsrat gibt es dazu aber offenbar noch nicht.

Geht es nach Burgener, wird es den wohl auch in Zukunft nicht geben. So will der Schweizer bei der Hauptversammlung vor allem die vorzeitige Abwahl des Aufsichtsrats Jan Weidner durchsetzen, eines Investmentbankers, der dem Gremium seit 2009 angehört. Weidner, Manager bei der Investmentbank Houlihan Lokey in Frankfurt, spielt laut Eingeweihten eine Schlüsselrolle bei Hahns Umbauplänen. Er soll bereits Ende vergangenen Jahres die Chancen für einen Verkauf der Constantin-Filmsparte im Markt sondiert haben.

Das mögliche Kalkül dahinter: Ein Verkauf würde dem Unternehmen Schätzungen zufolge gut 200 Millionen Euro in die Kasse spülen. Geld, das Constantin Medien dabei helfen würde, einen bevorstehenden finanziellen Klimmzug zu bewältigen. Denn im April 2018 wird eine 65 Millionen Euro schwere Schuldverschreibung fällig.

Constantin Medien hatte die Anleihe, die mit sieben Prozent verzinst ist, 2013 begeben – unter anderem auch, um eine ältere Anleihe zu refinanzieren, die zwei Jahre später, 2015, auslaufen sollte. Vergleichbare Aktivitäten sind zur erneuten Refinanzierung bislang nicht auszumachen. Dass sich Burgener gegen den Umbau stemmt, begründen Insider vor allem mit dessen Sorge vor einem Machtverlust. Denn ohne das Filmgeschäft bliebe Highlight mit der Firma Team fast nur noch die Champions-League-Vermarktung. Burgener wäre praktisch nur noch König in einem Zwergstaat, der zudem noch immer von Constantin Medien beherrscht würde.

Die umsatzstärksten Filme aller Zeiten
Platz zehn: The Dark Knight RisesDer dritte Teil der Batman-Trilogie spielte rund 1,084 Milliarden US-Dollar ein.Quelle: Statista Stand: 18.7.2014 Quelle: dpa
Platz neun: James Bond SkyfallDer neuste Bond mit Daniel Craig in der Hauptrolle brillierte nicht nur durch den Soundtrack von Adele. Auch die Einspielergebnisse können sich sehen lassen. Insgesamt wurden 1,108 Milliarden US-Dollar eingespielt. Quelle: dpa
Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs Quelle: dpa
Transformers 3 Quelle: dpa
Platz sechs: Iron Man 3Der dritte Streifen über Tony Stark und sein Heldenleben spielte insgesamt 1,215 Milliarden US-Dollar ein. Der Erfolgreichste Film 2013 wurde er so aber nicht... Quelle: AP
Platz fünf: Die Eiskönigin Völlig unverfrorenDer neuste Erfolg aus den Pixar-Studios wurde der erfolgreichste Film 2013. Er spielte insgesamt 1,259 Milliarden US-Dollar ein. Quelle: AP
Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 2 Quelle: dpa

Sollte es nicht noch in letzter Minute eine Einigung geben, läuft daher bei der Hauptversammlung alles auf einen filmreifen Showdown um die Macht beim Medienkonzern hinaus.

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