Constantin Medien Eine Hauptversammlung, spannender als Kinofilme

Kurz vor der entscheidenden Hauptversammlung spitzt sich beim Münchner Medienkonzern der Krach zwischen zwei verfeindeten Großaktionären zu. Die Lage scheint verfahren.

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Spannender als Kino: Krach bei Constantin Medien kurz vor der entscheidenden Hauptversammlung. Quelle: dpa, Montage

Die Sprache von Juristen ist einerseits klar und um Eindeutigkeit bemüht. Andererseits ist sie wunderbar geeignet, in Standardformulierungen und mit großer Präzision gefassten Sentenzen allerlei Spitzen und Drohungen zu verpacken, die kaum einem anderen Zweck dienen, als den Adressaten zu schmerzen. Im Grunde sind sie nichts anderes als in kühle Worte gefasste Ohrfeigen.

Nicht anders verhält es sich mit den beiden Ergänzungsanträgen zur Hauptversammlung der Constantin Medien AG, die nach einem sensationell aus dem Ruder gelaufenen ersten Versuch im Sommer nun am 9. November in München fortgesetzt wird. Dass der Konzern die Halle ausgerechnet am Nockherberg direkt über zwei Tage für sein Aktionärstreffens blockiert hat, dürfte sich noch als sehr vorausschauend erweisen. Denn die Positionen der Hauptkontrahenten sind derart unvereinbar, dass eine schnelle Einigung kaum in Sicht und eine Fortsetzung am Folgetag sehr wahrscheinlich ist.

Dieter Hahn will Filmsparte verkaufen

Kurz zur Erinnerung: im Ring stehen einander gegenüber Dieter Hahn und Bernhard Burgener. Hahn, Ziehsohn des gestorbenen Medienunternehmers Leo Kirch, will den Constantin-Konzern auf das Thema Sport konzentrieren, auf den TV-Sender Sport1, die TV-Produktion Plazamedia und die Werbe-Vermarktung der Fußball- Champions League. Die namensgebende Filmsparte will er am liebsten verkaufen.

Der Schweizer Burgener, bis Ende vergangenen Jahres noch Vorstandschef des Unternehmens und aktueller Präsident des Verwaltungsrates der Constantin-Beteiligung Highlight Communications, will genau dies nicht. Er will weder die Filmproduktion („Der Name der Rose“, „Das Parfüm“, „Fack ju Göhte“) verkaufen, die für den Großteil der Umsätze sorgt. Noch will er die Fußball-Vermarktungsagentur Team aus seinem Einflussbereich verlieren, die das Gros des Konzerngewinns liefert.

Das Problem: Beide Seiten verfügen - teils zusammen mit weiteren Aktionären - mit jeweils knapp unter 30 Prozent der Anteile über vergleichbar große Aktienpakete. Kaum vorstellbar, dass angesichts der völlig entgegengesetzten Interessen zwischen Hahn und Burgener ein Kompromiss auch nur erwogen wird. Da dies so ist und bei der Hauptversammlung erneut Schlammschlacht und ein Patt drohen, verstricken sich im Vorfeld beide Parteien in juristische Nahkämpfe, die es in sich haben.

Abgesehen davon, dass Hahn wie Burgener versuchen, sich gegenseitig die Aufsichtsräte und Konzernverantwortlichen abzuschießen, haben sich die beiden Seiten auch auf anderen Feldern ineinander verbissen. So verlangt Hahns Münchner Unternehmen KF15, das Stand 30. September 18 Prozent der Constantin-Anteile hält, Schadenersatz von Burgener und dem Schweizer Martin Hellstern, der ebenfalls im Verwaltungsrat von Highlight sitzt. Das Thema ist einigermaßen komplex.

Burgener will den Aufsichtsrat neubesetzen

Fakt ist, dass Constantin Medien noch unter Burgener ein Darlehen aufgenommen und dafür seine Highlight-Aktien an Hellsteins Firma Stella Finanz verpfändet hatte. Die Firma verweigert jedoch die Rückabwicklung des Darlehens und damit die Freigabe der Sicherheit, also der Aktien. Für Hahn ist das ein echtes Problem, weil er einerseits auf ihm seiner Ansicht nach zustehende Dividendenzahlungen von 5,7 Millionen Franken wartet. Und weil andererseits damit ungeklärt ist, ob die Constantin Medien die Stimmrechte dieser Highlight-Aktien überhaupt nutzen kann, wenn etwa der Verkauf der Highlight-Tochter Constantin Film umgesetzt werden soll.

Der Fall ist derzeit vor Gerichten in München und im Schweizer Ort Glarus anhängig; beide Seiten können derzeit auf Entscheidungen zu ihren Gunsten verweisen, es steht im Rechtsstreit daher unentschieden zwischen den Kontrahenten. Und es wird noch verworrener: Die Burgener-Seite stellt grundsätzlich die Zuständigkeit des Münchner Gerichts in Frage.

Daher stellt sich Stella stur und rückt die Aktien nicht heraus. Eine Lösung ist daher nicht in Sicht und es erscheint immer weniger wahrscheinlich, dass vor der Hauptversammlung hier noch entscheidendes geschieht.

Burgener indes geht seinerseits gegen den Kontrahenten Hahn vor und will ihn aus dem Aufsichtsrat der Constantin Medien verbannen. Seine Begründung: Hahn sei zum Zeitpunkt seiner Berufung in das Gremium bereits zeichnungsberechtigtes Mitglied des Verwaltungsrats der Highlight Communications gewesen, und damit einer vollkonsolidierten Tochter der Constantin Medien. Ersetzen will er Hahn im Aufsichtsrat – wenig überraschend – mit eigenen Vertrauten.

Die erfolgreichsten Filme aller Zeiten

Doch Burgener will nicht nur Hahn aus dem Amt jagen. Auch auf Jan Weidner hat er es abgesehen. Weidner deshalb, weil dem Investmentbanker beim möglichen Verkauf von Constantin Film nach Einschätzung von Unternehmenskennern eine Schlüsselrolle zukommt. Weidner ist Manager bei der Investmentbank Houlihan Lokey in Frankfurt und soll bereits Ende vergangenen Jahres die Chancen für einen Verkauf der Constantin-Filmsparte im Markt sondiert haben.

Der Verkauf der Sparte könnte maßgeblich helfen, ein Finanzproblem der Constantin zu lösen: Denn ein Verkauf würde dem Unternehmen Schätzungen zufolge gut 200 Millionen Euro in die Kasse spülen. Geld, das Constantin Medien dabei helfen würde, einen bevorstehenden finanziellen Klimmzug zu bewältigen.  Denn im April 2018 wird eine 65 Millionen Euro schwere Schuldverschreibung fällig.

Constantin Medien hatte die Anleihe, die mit sieben Prozent verzinst ist, 2013 begeben - unter anderem auch, um eine ältere Anleihe zu refinanzieren, die zwei Jahre später, 2015, auslaufen sollte. Vergleichbare Aktivitäten sind zur erneuten Refinanzierung bislang nicht auszumachen.

Dass sich Burgener gegen den Umbau stemmt, begründen Insider vor allem mit dessen Sorge vor einem Machtverlust. Denn ohne das Filmgeschäft bliebe Highlight mit der Firma Team praktisch nur noch die Champions-League-Vermarktung. Burgener wäre praktisch König in einem Zwergstaat, der vor allem von Constantin Medien beherrscht würde.

Wie sich die Knoten bis zur Hauptversammlung entwirren lassen, ist völlig offen. Fest steht, dass das Aktionärstreffen spannender werden dürfte als mancher Kinostreifen.

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