
Belohnungen für Whistleblower wie in den USA– nein, danke. Dort können Hinweisgeber dreistellige Millionenbeträge bekommen, wenn sie Gesetzesverstöße melden. Einige amerikanische Gesetze sehen Belohnungen für Whistleblower vor, wenn deren Hinweise zur Verhängung von Bußgeldern führen, etwa bei Steuerhinterziehung, im Bereich der Börsenaufsicht oder anderen Wirtschaftsgesetzen. Damit schafft der Staat bewusst Anreize, das eigene Unternehmen im Falle von Verstößen bei den Behörden anzuzeigen.
Dabei geht jedoch unter: Unternehmen haben ein massives Eigeninteresse, Wirtschaftsdelikte zu verhindern. Andernfalls drohen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, Strafverfahren vor Gericht, Verbandsbußen in Millionenhöhe, Schadensersatzforderungen und vor allem Rufschäden.
Beschäftigte mit deutschen Arbeitsverträgen müssen im Rahmen ihrer gesetzlichen Treuepflicht Verstöße sogar melden, wenn der Arbeitgeber schwere Schäden befürchten muss.
Tippgeber die bereits ohne Belohnung auspackten
Er schlug bei der Citi-Group 2006 intern Alarm, weil rund 60 Prozent der Hypotheken faul seien; wurde kaltgestellt, wandte sich ergebnislos an SEC, wurde daraufhin gefeuert. Hypotheken dieser Art lösten 2008 die globale Finanzkrise aus.
Er enttarnte bei seinem Arbeitgeber, der Bank HSBC, ein verzweigtes Geldwäschesystem seines Arbeitgebers, informierte FBI und CIA und kündigte 2011. HSBC wurde zu 1,9 Milliarden Dollar Strafe verurteilt.
Sie meldete ihrem Arbeitgeber, der USBank JP Morgan, dass Tausende offener oder fehlerhaft berechneter Kreditkartenschulden ohne weitere Kontrolle an Inkassounternehmen gingen; wurde gefeuert; 2013 zahlte JP Morgan 389 Millionen Dollar Strafe und Schadensersatz.
Er sah als Manager des US-Krankenversicherers CIGNA, wie die Branche mit perfiden Tricks Leistungen verweigerte; sagte 2009 vor dem US-Kongress dazu aus.
Eric Ben-Artzi von der Deutschen Bank in New York wandte sich 2010 an die SCE wegen angeblich zu hoch bewerteter Papiere seines Arbeitgebers; musste ausscheiden; erwartet im Falle einer Strafe eine Belohnung; die Deutsche Bank bestreitet die Vorwürfe.
Belohnungen passen hier jedoch nicht hin, weil das deutsche Arbeitsrecht so nicht funktioniert. Denn dieselbe Treuepflicht sieht auch vor, dass Mitarbeiter zunächst versuchen müssen, Fehlentwicklungen intern anzusprechen, bevor sie sich an Behörden oder die Presse wenden. Informiert ein Arbeitnehmer etwa die Staatsanwaltschaft oder gar ausländische Behörden, ohne zuvor mit seinem Arbeitgeber über das Problem gesprochen zu haben, droht die fristlose Kündigung. Anders liegt der Fall, wenn eine interne Klärung dem Mitarbeiter nicht zugemutet werden kann.
Würde der deutsche Gesetzgeber Regelungen schaffen, die Belohnungen für Hinweise an Behörden vorsähen, würde er damit Mitarbeiter gegebenenfalls auffordern, gegen ihre Pflichten aus dem Arbeitsvertrag zu verstoßen.
Das Problem bei solchen Belohnungen geht noch weiter. Soll der Staat Bürger wirklich dafür bezahlen, dass sie Unternehmen oder Mitmenschen bei Behörden anzeigen? Es wäre interessant, wie sich dann die Anzahl der Anzeigen wegen Steuerhinterziehung entwickeln würden. Zwar könnten auch Unternehmen Hinweisgebern solche Belohnungen in Aussicht stellen. Fragt sich nur, wie die Stimmung dann in den Betrieben wäre. Doch ehrlich gesagt: Das will ich mir eigentlich aber gar nicht vorstellen.