Corona-Lockdown auf Sylt: Unternehmer bangen um ihre Existenz

Thorsten Möller übernahm vor zehn Jahren ein kleines Lokal mit 13 Tischen auf Sylt. Möllers Anker, wie er das Restaurant taufte, ist aber wegen der Coronakrise seit Monaten verwaist. Zu Weihnachten und Silvester bot Möller zumindest Speisen zum Mitnehmen an. Aktuell gibt er Online-Kochkurse aus seiner heimischen Küche. „Jeder soll meine Gerichte einfach nachkochen können“, sagt er.

Bild: Christof Mattes

Seit 1978 betreibt Herbert Seckler das über die Grenzen Sylts hinaus bekannte Restaurant Sansibar. 160 Plätze im Innenraum, dazu 250 Sitzgelegenheiten auf der Terrasse und in den Dünen. Seit dem Lockdown läuft der Betrieb allerdings nur noch auf zwei Prozent. Trotzdem gehe es ihm gut, sagt Seckler. Nur die Gesellschaft und der Kontakt zu anderen Menschen fehlten ihm.

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Seit 1996 lebt Marta Kloss auf Sylt, seit 1998 führt sie den örtlichen Fahrradverleih. Zwar waren ihre Räder im letzten Sommer stets ausgebucht, doch gingen ihr rund zwei Monate des Saisongeschäfts verloren. Vor allem fehlt Kloss die Freiheit: „Der Lockdown ist wie eine Fußfessel“, sagt sie. Auch ihre Eltern fehlen ihr – Kloss hat sie seit Monaten nicht gesehen.

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Hoteldirektor Christian Siegling ist bereit, das Severin in Keitum jederzeit wieder hochzufahren – wenn er denn dürfte. „Die Buchungen sind da“, sagt er. „Sobald es Lockerungen gibt und die Hotels wieder aufmachen dürfen, wird die Nachfrage sehr stark sein.“ Im Moment arbeiten nur drei Leute im Hotel: ein Mitarbeiter von der Technik, einer an der Rezeption und er als Direktor. Alle anderen stehen auf Abruf bereit. Im Lockdown blieb Siegling Zeit, endlich mal das Spa seines Hotels auszuprobieren. Ansonsten hat er im Kaminzimmer immerhin einen schönen Hintergrund für Online-Konferenzen.

Bild: Christof Mattes

Seit 2016 ist Ingo Pohl Pastor der Kirchengemeinde St. Severin. Aktuell ist es die einzige Kirche der Insel, in der Gottesdienste stattfinden. Trotzdem fehlen Spenden und Kollekten – vor allem an Weihnachten machte sich der Lockdown bemerkbar. Das Geld sei aber zwingend notwendig, vor allem für den hohen Restaurationsaufwand der alten Kirche, sagt Pohl. Er vermisst vor allem seine seelsorgerische Arbeit. Diese kann derzeit nicht stattfinden. Berührungen und menschliche Nähe sind quasi verboten. Das belaste viele seiner Gemeindemitglieder.

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So leer sieht Nikolas Häckel die Strandpromenade in Westerland eigentlich nie. Seit sechs Jahren leitet er die Gemeinde Sylt, im März wählten die Inselbewohner ihn erneut zum Bürgermeister. Der parteilose Politiker hatte wohl Herausforderungen wie kein Bürgermeister vor ihm zu bewältigen. „Wir setzen auf eine bessere Eingrenzung der Pandemie durch die LUCA-App und damit auf die Möglichkeit, unser Leben wieder normaler führen zu können“, sagt Häckel. Die App sieht er als gute Ergänzung zur Corona-Warn-App. Man könne sich damit überall auf der Insel registrieren und auch wieder abmelden. Nur – ohne Öffnungen für die Tourismusbranche wird die Strandpromenade wohl trotzdem weiterhin leer bleiben.

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Das Stadion ist frisch errichtet, der Kunstrasenplatz nagelneu. Zwar verfügt die Anlage über alle hygienetechnischen Voraussetzungen, doch Fußballspiele finden derzeit keine statt. Also kann Matthias Schill seiner großen Leidenschaft aktuell nicht nachgehen. Der 36-Jährige ist zweiter Vorsitzender, Trainer und Linksverteidiger im Team Sylt. Im Moment trainieren die rund 25 aktiven Fußballer für sich: Laufen, Yoga oder eben auch mal Fifa auf der Playstation. „Wir alle hoffen darauf, endlich mal wieder gegen den Ball treten zu dürfen und nach dem Training wieder bei einem Bierchen zusammensitzen zu können.“

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Die Reichen und Berühmten heiraten gerne auf Sylt. Seit 2005 ist Susanne Zingel in der Gemeinde St. Severin in Keitum tätig und hat seitdem schon einige Promi-Hochzeiten begleitet. Doch derzeit ist die Insel leer. Gottesdienste sind nur unter starken Einschränkungen möglich. Sie seien dennoch wichtig, sagt die Pastorin. „Für manche Gemeindemitglieder sind sie die einzige Möglichkeit, um direkte Ansprache und menschliche Nähe zu erleben.“

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Rieke Nissen und Jorin Hagedorn sind beide 20 Jahre alt und absolvieren seit Juli 2020 einen Bundesfreiwilligendienst bei der Naturschutzgemeinschaft Sylt. Zu ihrem Job gehören Führungen durch die Schutzgebiete der Insel. Die Beiden müssen dafür sorgen, dass die Touristen nicht abseits der Wanderwege unterwegs sind und zum Beispiel auf dem Mörsumer Kliff herumklettern. Doch derzeit gibt es nur wenige Wanderer. Und so verbringen sie ihre Arbeit vor allem mit Vogelzählungen, beseitigen Müll und reparieren die Diensträder und Zäune. „Der Lockdown hat dafür gesorgt, dass sich die Vögel die Insel wieder stärker zurückerobert haben“, sagt Rieke Nissen.

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