Corona trifft Wäschereien Dem Geschäft mit der Sauberkeit droht das Aus

Homeoffice und Lockdown: Wäschereien und Reinigungen droht durch Corona eine Pleitewelle. Quelle: imago images

Wäschereien und Reinigungen säubern Hemden, Kleider und Anzüge, sie waschen auch Arbeitskleidung und Decken für Hotels und Gastronomie. Wegen der Coronakrise droht vielen Geschäften das Aus.

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Wenn Daniel Moniri seine Situation beschreiben müsste, fällt ihm zuerst ein Westernvergleich ein: „Es fehlt nur noch, dass ein Steppenläufer durch die ansonsten leere Wüste rollt.“ In einen ähnlich ausgestorbenen Zustand hat die Coronakrise seine Reinigung in der Düsseldorfer Innenstadt schon beim ersten Lockdown im März versetzt. Da habe er bereits „am Boden“ gelegen, sagt der Mittvierziger mit den zur Seite gegelten Haaren und dem karierten Anzug. Nach den ersten Lockerungen im Mai ging es dann wieder bergauf. Büroarbeiter brachten Businesskleidung, auch privat war gereinigte Oberklassenkleidung wieder gefragt. Und auch die Hotels schickten wieder Kleidung ihrer Gäste vorbei.

Nun aber ist das Geschäft fast wieder komplett eingebrochen. Von 20 Hotels, die normalerweise Moniris Kunden sind, sind 17 geschlossen. Die verbliebenen drei bringen gerade noch ein Zehntel der normalen Menge zum Waschen. Auch Privatkunden, die normalerweise Hemden und Anzüge, Blusen und Kostüme brächten, schauten nur noch spärlich vorbei. Statt 600 Hemden reinige er an guten Tagen nun nur noch die Hälfte. „Für mich ist das wirklich existenzbedrohend,“ sagt Moniri.

Wie ihm geht es den meisten der knapp 4800 Reinigungen und Wäschereien in Deutschland. Obwohl sie dafür sorgen, dass Textilien hygienisch rein sind, bricht ihnen ein großer Teil des Geschäfts weg. Im ersten Halbjahr 2020 brach der Umsatz von Betrieben, die vorrangig für Hotel-, Gaststätten- und Cateringkunden waschen, um 90 Prozent ein. Und nach der kurzen Erholung im Sommer sieht es nun wieder schlecht aus. Der Deutsche Textilreinigungsverband (DTV) rechnet aktuell mit einem Umsatzrückgang von 95 Prozent bei diesen Spezialwäschereien. Für Reinigungen, die hauptsächlich Kleidung von Privatkunden waschen, prognostiziert der DTV ein Minus von 80 Prozent. Selbst Unternehmen, die Wäsche von Krankenhäusern und Pflegeheimen oder Berufskleidung aus Industrie und Handwerk waschen, dürften zwischen zehn und 30 Prozent weniger verdienen als im vergangenen Jahr.

Es droht eine Pleitewelle – mit weitreichenden Folgen: Mehr als 90 Prozent der Krankenhäuser und zwei Drittel der Pflegeheime sind auf externe Dienstleister angewiesen. Auch die wenigsten Hotels waschen noch selbst. Und auch Lebensmittelindustrie, Autobauer, Energieversorger und Feuerwehren brauchen die Saubermacher dringend.

An einem Donnerstagmorgen in Düsseldorf laufen die acht kleinen und drei großen Waschmaschinen in Vassilios Konstantinidis Wäscherei heiß. Es riecht nach frischer Wäsche und ist extrem warm, die Luftfeuchtigkeit ist hoch. Zwei der insgesamt sieben Mitarbeiter stehen an der Mangel, einer Art riesigem Bügeleisen, das auch große Stoffe perfekt glättet. Eine Mitarbeiterin feuchtet die Textilien vor dem Mangeln an, ein anderer faltet die fertigen Stoffe und packt sie zu fertigen Paketen für die Kunden. Im Hinterraum läuft das alles im kleineren Maßstab ab: Eine Mitarbeiterin bügelt per Hand mit einem Dampfbügeleisen Hemden und kleinere Kleidungsstücke.

„Eigentlich würden hier zwei Leute bügeln, aber wir haben einfach nicht genug zu tun“, sagt Konstantinidis. Wer den Wäschern bei der Arbeit zusehen will, muss derzeit früh kommen: Konstantinidis hat seine Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt, gebügelt wird nur noch bis 12 Uhr, an der Mangel haben sie, wenn es gut läuft, bis 15 Uhr zu tun. Die Öffnungszeiten hat der Wäschereichef aber trotzdem nicht verkürzt. Und so sitzt er jeden Nachmittag bis 18 Uhr allein in seinem Laden und wartet auf die Kunden, die nicht kommen.

Seine Wäscherei beliefert ein paar Pensionen, eine Handvoll Restaurants und einige Schiffe, die in normalen Zeiten voller Touristen auf dem Rhein von Düsseldorf nach Köln tuckern. Die Hälfte seines Umsatzes macht das Geschäft mit Privatkunden aus: Die bringen Bettwäsche vorbei, Decken und Kissen, manchmal auch Hemden. Doch Businesskleidung ist nicht Konstantinidis Brot-und-Butter-Geschäft. „Zum Glück“, lacht der Grieche. Denn im Homeoffice wird formale Kleidung nur selten getragen. 

„Es fehlt nahezu jegliche Business-Kleidung“, bestätigt Andreas Pützer vom DTV. „Ohne Veranstaltungen und Feiern gibt es keinen Umsatz mit Abend-, Hochzeits- oder Festbekleidung.“ Doch Anzüge, Hemden, Blusen und Kostüme sind das Kerngeschäft vieler Reinigungen und machen oft deutlich mehr als die Hälfte des Umsatzes aus. „Allein die Businesshemden stehen im Schnitt für 40 Prozent des Umsatzes“, sagt Pützer.

Konstantinidis schätzt, dass er im November 30 Prozent weniger Umsatz gemacht hat, „da war es noch ganz gut, dass wir die Altbestände aus den Hotels und der Gastro abarbeiten konnten.“ Im Dezember werde es deutlich schlechter aussehen, wenn Hotels und Gastronomie weiter geschlossen sind. Und auch das Weihnachtsgeschäft dürfte in diesem Jahr ausfallen.

Bis zum Sommer könne er noch durchhalten, sagt Konstantinidis. Doch wenn sich die Situation bis dahin nicht bessere, könne er seinen Laden dichtmachen. Seinen zweiten Standort in Köln musste er bereits Ende Mai schließen. „Ohne Privatgeschäft und ohne die Gelder aus der ersten Hilfe der Regierung wären wir längst pleite.“ Auf Unterstützung der Bundesregierung kann Konstantinidis diesmal aber nicht hoffen, denn die gibt es nur, wenn mindestens 80 Prozent des Umsatzes durch Geschäfte mit Hotels und der Gastronomie gemacht werden. Dass auch bei Privatkunden in Lockdown-Zeiten weniger Wäsche für die Wäschereien abfällt, wird nicht berücksichtigt.


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Verglichen mit Kollegen, die komplett auf die Hotelbranche spezialisiert sind, kommt Konstantinidis mit 30 Prozent weniger Umsatz im November noch relativ glimpflich durch die Krise. Rolf Slickers etwa ist noch stärker betroffen. Er ist Geschäftsführer von Servitex, einem Dienstleister, der für sieben inhabergeführte Wäschereien mit insgesamt 13 Reinigungen in Deutschland Rahmenverträge mit Hotelketten aushandelt. Bei seinen Partnerwäschereien liegt der Umsatzeinbruch aktuell zwischen 75 und 90 Prozent. Hotelwäsche? Fehlanzeige. Von den 400 Tonnen Wäsche, die seine Wäschereien normalerweise jeden Tag säubern, seien gerade mal 40 bis 80 Tonnen übrig, schätzt Slickers.

Ihr Geschäftsmodell ist die Mietwäsche, ein übliches Prozedere in der Branche mit Hotelgroßkunden ab 40 Zimmern aufwärts. Für die waschen die Großreinigungen nicht nur, sie kaufen auch deren Textilien ein: Bettlaken, Kopfkissenbezüge, Handtücher und Tischläufer. Alles nach den Vorgaben der Hotels und in mehrfacher Ausführung, wenn gewünscht auch mit dem Hotelnamen bestickt.

Für die Wäschereien ist die Coronakrise deshalb eine doppelte Katastrophe. Denn die Kredite für die Stoffe müssen weiter abbezahlt werden, auch wenn die Hotels sie nicht mehr zum Waschen bringen – allein bei einem Hotel liegen die Kosten laut Slickers bei gut 50.000 Euro. Slickers Wäschereien immerhin setzen ihre Hoffnungen nun auf die angekündigten Novemberhilfen der Bundesregierung. Ohne Unterstützung würden laut Zahlen des DTV mehr als die Hälfte der Wäschereien nicht mehr als zwölf Wochen überleben. Slickers rechnet trotz allem mit einer langen Durststrecke: Erst wenn ein wirksamer Impfstoff da sei, könnte es langsam wieder bergauf gehen. An eine Normalisierung des Geschäfts glaubt er nicht vor 2023.

Mehr zum Thema: Die aktuellen Corona-Reiseeinschränkungen treffen die Hoteliers immer stärker. Der Umsatz ist um beinahe 90 Prozent eingebrochen.

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