Coronakrise Animation: So stark hat der Flugverkehr über dem Atlantik abgenommen

Anzeige am Flughafen: Viele Transatlantikflüge sind inzwischen annulliert Quelle: dapd

Die von den USA, Kanada und Europa verhängten Einreiseverbote bringen den Flugverkehr über dem Nordatlantik nach und nach zum Erliegen.

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Am Himmel über dem Nordatlantik ist es sichtbar ruhiger geworden. Seit Europa und Nordamerika gegenseitige Einreiseverbote verhängt haben, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, fahren Airlines ihre Verbindungen zwischen den Kontinenten nach und nach herunter. Das zeigen die Aufzeichnungen des Flugüberwachungsportals Flightradar24 (siehe Video unten). So sind auf den Transatlantikrouten aktuell deutlich weniger Maschinen unterwegs als an einem Tag im März 2019. Noch allerdings gibt es einzelne Passagierflüge in beide Richtungen, etwa um gestrandete Urlauber und Geschäftsreisende zurück nach Hause zu holen. Doch auch die dürften in ein paar Tagen verschwinden. Übrig blieben dann vor allem Frachtflugzeuge, die den Warenaustausch in der Zwischenzeit sichern müssen.

Wenn es eine Region gibt, wo sonst nie auch nur ansatzweise Ruhe am Himmel herrscht, dann ist das der Nordatlantik. Bis zu 1000 Flüge pro Tag überquerten den Ozean üblicherweise täglich nach einem festen Muster. Vom frühen Vormittag bis zum späten Nachmittag flogen Passagiermaschinen von Europa Richtung Nordamerika, dann folgten die Frachtflieger auf den bis zu einem Dutzend Luftstraßen. Später drehte sich der Verkehr und bis zum Morgen flogen die Jets ostwärts nach Europa. Und weil so viele unterwegs sind, dürfen sich normalerweise alle nur in wenige Kilometer großen Luftkorridoren bewegen, die nach Buchstaben benannt sind.

Inzwischen ist das alles etwas anders. Erst verhängte US-Präsident Donald Trump ein radikales Einreiseverbot für Passagiere aus den Schengenstaaten, dann folgte die EU mit einer ähnlichen Anordnung für US-Bürger. Inzwischen ist auch Kanada nachgezogen. „Die Erfahrung aus einem ähnlichen Bann in Richtung Asien legt nahe, dass bis zu 90 Prozent der Flüge ausfallen“, sagt Daniel Roeska vom New Yorker Brokerhaus Sanford C. Bernstein. „Wir erwarten, dass der Bann Flugreisen zwischen den Schengenstaaten und den USA zum Erliegen bringt.“

Animation: 24 Stunden über dem Nordatlantik

Den größten Rückgang gibt es in Deutschland. Hier sollten nach einer Statistik des Schweizer Datendienstleisters Ch-Aviation diese Woche Flüge mit zusammen fast 120.000 Sitzen starten. Frankreich folgt in dieser Liste mit knapp 84.000 Plätzen und die Niederlande mit gut 60.000.

Auch nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 durfte ohne Vorwarnung kein Flug mehr in die USA stattfinden. Doch damals war absehbar, dass das Flugverbot innerhalb von ein paar Tagen wieder aufgehoben würde. Heute ist ein Ende nicht in Sicht. Erst wenn die Zahl der Coronakranken sinkt, dürften die Verbindungen wieder aufgenommen werden.

Hinzu kommt, dass die Zahl der Flüge zuletzt um fast die Hälfte höher lag als 2001. Dafür sorgte das Wachstum der Airlines aus Europa und den USA, sowie neue Anbieter wie Turkish Airlines, Emirates und andere Linien aus dem arabischen Raum, deren Weg nach Nordamerika ebenfalls über den Nordatlantik führt. Dazu ist der Nordatlantik für die Airlines ein wichtigere Gewinnquelle als damals. Seinerzeit verdienten die Linien mit einem Flug nach Asien in der Regel mehr Geld.

Besonders die europäische Flugbranche ist derzeit in deutlich schlechterer Verfassung. Zwar haben sich die Fluglinien in den vergangenen Krisen reformiert und können ihre Kosten besser anpassen. Doch dieser Puffer ist aufgebraucht. Die Gesellschaften haben bereits wegen der Ausbreitung des Coronavirus ihre Flugpläne angepasst und schreiben wegen der Ausfälle in Asien Verlust. Nun fallen immer mehr Flüge in andere Länder weg, weil fast alle Staaten die Grenzen für EU-Bürger dicht machen. Somit könnte Lufthansa am Ende 90 Prozent oder sogar ihren ganzen Flugverkehr vorübergehend einstellen. „Weil Maschinen wegen der vielen im Voraus bezahlten günstigen Urlauber-Tickets unterm Strich erst Geld verdienen, wenn sie mindestens 80 Prozent voll sind, ist es billiger nicht zu fliegen als halbvoll“, erläutert ein ranghoher Lufthanseat.

Weitere könnten bei den radikalen Einschnitten folgen, am Ende vielleicht sogar nicht wieder kehren. “Das Flugverbot wird ausländische Gesellschaften umhauen”, sagt Mike Boyd, Chef des Beratungshauses Boyd Group.

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