DDB-Chef Amir Kassaei "Unternehmen sollten sich an Klinsmann und Löw orientieren"

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"Schweinsteiger wurde zum epischen Superstar"

Der englische Ex-Profi David Beckham hat vorgemacht, wie man als Fußballspieler zur globalen Persönlichkeitsmarke werden kann. Trauen Sie einem deutschen Spieler ähnliches Potenzial zu?

Am ehesten Bastian Schweinsteiger. Er wurde im Finale zum epischen Superstar. Er hat diese unglaublich erfrischende und ehrliche Art, dem Leben und seinen Herausforderungen zu begegnen. Wenn er und seine Berater klug sind, kann er als Werbefigur auf der globalen Bühne spielen.

Kassaei feiert den Erfolg der Nationalmannschaft auf mit einem besonderen Plakat, das auf VierterStern.com gekauft werden kann. Die Erlöse gehen zur Hälfte an

Starke Marken wie der FC Bayern polarisieren, heißt es doch immer – ist diese DFB-Truppe demnach nicht fast zu perfekt, weil alle sie mögen?

Nein. Aber es stimmt schon, sie laufen Gefahr, als zu nett wahrgenommen zu werden. Deshalb ist es auch wichtig, dass sie sowohl auf als auch neben dem Platz Ecken und Kanten zeigen. Vor diesem Hintergrund war das Interview mit Mertesacker nach dem Algerien-Spiel und der so genannte Gaucho-Tanz beim Empfang in Berlin für – anders als für viele Medienexperten und Journalisten – nicht negativ, sondern genau das, was diese Mannschaft braucht und machen muss. Und man sollte auch seitens der so genannten Leitmedien einige Dinge auch im richtigen Kontext einordnen und die Kirche im Dorf lassen.

Warum sind die kreativen deutschen Kicker Weltklasse, aber Werbung aus Deutschland so selten?

Deutschland ist nicht vordergründig ein kreatives Land. Deutschland ist für seine Ingenieurkunst, Organisation und Detailbesessenheit berühmt. Es heißt ja auch „Made in Germany“ und nicht „Created in Germany“. Was der Werbung in Deutschland fehlt, ist nicht das Talent, sondern ähnlich wie beim Fußball das Fokussieren auf die richtigen Prioritäten und richtigen Ziele. Im Fußball hat es zehn Jahre gedauert. Warum soll es mit der Werbung nicht klappen?

Was lernen Sie als Werber von der deutschen Elf?

Wie gesagt: Mut zum Risiko. Dass Leidenschaft und Wille gepaart mit Talent unmögliches möglich machen und dass man Daten als Hilfsmittel auch für den kreativen Prozess nutzen sollte, um das eigene Tun besser zu verstehen, aber auch ständig zu hinterfragen und zu verbessern.

Sie haben Bundestrainer Löw in der Vergangenheit per Twitter oft hart kritisiert – wird’s jetzt Zeit, Abbitte zu leisten?

Ja. Er hat spät, aber nicht zu spät erkannt, dass das 4–2–3–1 System nicht nur keinen mehr überrascht, sondern das eigene Potenzial nicht abrufen kann. Kaum hat er vor dem Spiel gegen Brasilien auf die risikoreichere und offensivere 4–1–4–1 umgestellt, schrieb diese Mannschaft zuerst Geschichte und wurde dann Weltmeister. Löw ist jetzt ein großer Trainer, weil er den größten Titel gewonnen hat. Es ist im Fußball wie in der Werbung: Die Daseinsberechtigung für Kreativität, Mut und Strategie sind Ergebnisse und große Meilensteine, nicht um sich selbst daran zu ergötzen.

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