Desaster am Nürburgring Der Nürburgring in lähmender Starre

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Neue Partner, schlechte Partner


Den Zuschlag erhielt dann im März vergangenen Jahres zunächst ein Gespann aus dem Düsseldorfer Automobilzulieferer Capricorn und der Motorsportfirma Getspeed aus Meuspath am Nürburgring, offiziell ausgewiesener Kaufpreis: 77 Millionen Euro. Weil jedoch Capricorn schon im Juli bei der zweiten Kaufpreisrate nicht zahlen konnte, wurden die Capricorn-Anteile inzwischen an ein Konsortium um den russischen Pharmamagnaten Viktor Charitonin weiterverkauft. Der Vorgang selbst weckt bereits den Argwohn der unterlegenen Bieter, es gibt aber noch weitaus mehr Probleme: Die neuen Partner Charitonin und Getspeed verstehen sich überhaupt nicht, überziehen sich gegenseitig mit Klagen.

Problembauten am Nürburgring
Freizeit-, Gastronomie- und Hotelkomplex
Ring-Racer
Ring-Werk
Ring-Boulevard
Ring-Arena
Grüne Hölle
Hotels

Zudem ist das Musikfestival Rock am Ring weggezogen und der Nachfolger Grüne Hölle Rock geplatzt, das für dieses Wochenende geplante Formel-1-Rennen auf dem Ring fällt aus, weil sich die Betreiber nicht auf einen Vertrag mit F1-Promoter Bernie Ecclestone einigen konnten. Ein tödlicher Unfall mit folgenden Tempolimits auf der Nordschleife sorgt für hitzige Debatten.

Während nicht einmal mehr auf der Strecke selbst uneingeschränkt Gas gegeben werden darf, ist die Lage neben der Piste schon völlig verfahren: Der Nürburgring steckt in lähmender Starre. Die Landesregierung geht bei diesem Thema wann immer möglich auf Tauchstation: Zum Ärger der CDU-Opposition teilte sie Anfang dieses Jahres schon mit, dem Landtag angeblich nicht mehr berichtspflichtig zu sein. Die WirtschaftsWoche gibt einen Überblick, was seit der Insolvenz passiert ist, wie die aktuelle Situation ist – und was das für die Zukunft bedeutet.

Die Rolle der Insolvenzverwalter

Sachwalter Lieser und Sanierungsgeschäftsführer Schmidt haben offenkundig wenig Hemmungen, sich selbst zu beweihräuchern. Im Juli 2014 hielten sie in Frankfurt vor Sanierungsexperten einen Vortrag, der Titel macht sie nicht zu Anwärtern auf einen Bescheidenheitspreis: „Die Rettung des Nürburgrings“. Nur vier Wochen später kam der Zahlungsausfall von Capricorn schon bei der zweiten Kaufpreisrate, es folgte erst monatelanges Chaos und dann der Rauswurf von Capricorn.

Die Insolvenzverwalter in ihrem Eigenlob ficht das jedoch nicht an. In einem gemeinsamen Interview der beiden mit der Koblenzer Rhein-Zeitung erklärte Schmidt im Oktober vergangenen Jahres zum Flop mit Capricorn-Chef Robertino Wild: „Von einem Fiasko kann überhaupt keine Rede sein! Diese Unterstellung weisen wir entschieden zurück! Tatsache ist: Wir haben objektive Erfolge vorzuweisen. Ein Staatsbetrieb ist in ein profitables Unternehmen umgewandelt worden.“
Das ist mehr als nur ein bisschen zu dick aufgetragen. Als die Insolvenzverwalter im Juli 2012 ihren Job antraten, war das operative Geschäft noch an die Nürburgring Automotive GmbH (NAG) verpachtet, hinter der die Lindner-Hotelkette aus Düsseldorf und die Firma Mediinvest des Düsseldorfer Projektentwicklers Kai Richter standen. In einem Vergleich wurde der Pachtvertrag Ende 2012 aufgehoben. Geschäftsführer Jörg Lindner und Generaldirektor Richter ernteten zuvor reichlich Kritik, die NAG würde die Preise hochtreiben und kleine Unternehmen, die sich rund um den Nürburgring als Dienstleister etabliert hatten, aus dem Geschäft drängen.

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