Deutsche Annington wird zu Vonovia Zurück im Club der Anständigen

Die Deutsche Annington benennt sich kurz vor dem möglichen Aufstieg in den Dax in Vonovia um. Die Chance zum Dax-Aufstieg nutzt dem umstrittenen Wohnungsriesen, macht die Aktie aber anfälliger für Skandalgeschichten.

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Schild der Deutschen Annington Quelle: dpa

„Rasen mähen, Pflaster legen, Sträucher und Bäume beschneiden.“ Grünanlagen-Manager Michael Pütz erklärt an dem kühlen Sommermorgen im Arbeiterviertel Essen-Freisenbruch, wo die Deutsche Annington 733 Wohnungen vermietet, was der Wohnungskonzern jetzt in Eigenregie machen wird. „So rücken wir näher an den Mieter heran“, sagt Pütz. Bisher gärtnerte bundesweit ein Dienstleister aus Berlin. Abgeguckt hat sich die Annington die Insourcing-Strategie vom Branchenzweiten Gagfah, den sie kürzlich übernommen hat.

Überhaupt verändert die Fusion mit dem bisherigen Konkurrenten das Unternehmen von Grund auf. Ab Anfang September heißt Deutschlands mit 350.000 Wohnungen größter Vermieter Vonovia und notiert wohl am 21. September erstmals in der ersten Börsenliga. Die Entscheidung trifft die Deutsche Börse am 3. September. Der Aufstieg in den Dax 30 würde der Aktie durch vermehrte Käufe von Fonds nutzen, den umstrittenen Wohnungsriesen aber zugleich stärker ins Blickfeld der Öffentlichkeit stellen.


Anzahl der Wohnungen der fünf größten deutschen Wohnungsvermieter

Zwar präsentiert Vorstandschef Rolf Buch das Unternehmen in glänzender Performance. Im ersten Halbjahr hat der frühere Bertelsmann-Topmanager das operative Ergebnis nach Zinsen und Steuern auf 264 Millionen Euro verdoppelt. Die Mieteinnahmen dürften bis Ende 2015 auf rund 1,4 Milliarden Euro steigen und die Leerstandsquote auf rund drei Prozent sinken.

Doch Buch fällt es nach einer Reihe von Übernahmen (siehe Grafik) schwer, dem Wohnungskoloss eine einheitliche und verlässlich geläuterte Kultur zu verpassen. Die früheren Heuschrecken-Aktionäre Terra Firma bei der Annington und Fortress bei Gagfah hatten die Wohnimmobilien „auf Verschleiß gefahren“, sagt Wohnungsmarktexperte André Adami vom Berliner Marktanalyse-Unternehmen Bulwiengesa. Buch bestätigt: „Der damalige Vorstandschef wurde von seinen Shareholdern nie gefragt: Wie geht es dem deutschen Mieter in deinen Wohnungen?“ Der Schimmel durfte wuchern, die Substanz leiden. Aber auch noch in Buchs Amtszeit, im November 2014, prangerte etwa der WDR-Film „Die Akte Annington“ ungerechtfertigte Mieterhöhungen an, gegen die Mieter mit Erfolg klagten. Der WDR-Vorwurf: „Die Annington lässt ganze Stadtteile verkommen.“

Kursentwicklung der Deutschen Annington seit dem Börsengang

Buch verkündet nun eine Kehrtwende: „Wir müssen den Mieter in unserem Unternehmen als Kunden sehen. Er muss König werden.“ Zwar steigen die Investitionen in Modernisierung und Sanierung nun auf einen Rekordwert von 31 Euro pro Quadratmeter, aber Buch gibt zu: „Wir müssen in der Organisation verständlich machen, warum Kundenorientierung notwendig ist.“ Und: „Noch nicht jedes Gebäude sieht so aus, dass wir darauf stolz sein können.“ Hier erfolgreich zu sein wird für einen im Dax 30 notierten Konzern wichtiger. Schließlich werden Skandalmeldungen im Scheinwerferlicht des Börsenolymps noch weniger goutiert als bisher.

In Essen-Freisenbruch hat Grünflächen-Manager Pütz die freudlose Rasenfläche mit Sträuchern um den achtstöckigen Wohnturm für „in der Grundsubstanz in Ordnung“ erklärt. Schließlich müsse die Pflege für den Mieter bezahlbar bleiben. Dafür ist die Kunststoffplatten-Fassade angegammelt von Grünspan und Nässe.


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