Die 220 neuen IC-x-Züge, die die Deutsche Bahn bei Siemens für rund sechs Milliarden Euro orderte und ab 2016 die Intercity- und einen Teil der ICE-Flotte ersetzen sollen, stießen bei Fachleuten auf Kritik. So argumentierte Sven Andersen, die Züge seien zu schwer, zu langsam und für den internationlen Verkehr ungeeignet. In einem Interview mit WirtschaftsWoche Online verteidigt Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg die Strategie der Deutschen Bahn.
WirtschaftsWoche Online: Herr Homburg, laut Kritiker Andersen ist der ICx kein lupenreiner Hochgeschwindigskeitszug. Riskiert die Deutsche Bahn das Ende der Hochgeschwindigkeit in Deutschland?
Ulrich Homburg: Das ist Unsinn. Der neue ICx wird die Fernverkehrsflotte der Deutschen Bahn sinnvoll ergänzen. Er setzt neue Maßstäbe bei Zuverlässigkeit, Umweltfreundlichkeit und Komfort. Der ICx wird in zwei Varianten geliefert. Die erste ist ein 7-teiliger Triebzug mit drei angetriebenen Powercars. Er erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 230 Kilometern pro Stunde und verfügt über 499 Sitzplätze. Dieser Zug soll vor allem im heutigen Intercity (IC)-Netz zum Einsatz kommen. Da dort der Anteil von Streckenabschnitten, die mit über 200 Stundenkilometern befahren werden können, eher gering ist, reicht diese Höchstgeschwindigkeit völlig aus.
Die zweite Variante darf normativ nur unter 250 Kilometer pro Stunde fahren, also theoretisch 249 Stundenkilometer. Droht die tatsächliche Geschwindigkeit im Betrieb nicht deutlich geringer auszufallen, weil bei Tempo 250 andere technische Anforderungen gelten und das Eisenbahnbundesamt möglicherweise einen Sicherheitspuffer einfordert? Andersen geht davon aus, dass im Betrieb faktisch nur 240 Kilometer pro Stunde gefahren werden können.
Wie die konkrete betriebliche und technische Umsetzung einer Höchstgeschwindigkeit von 250 Stundenkilometern in einer künftigen Inbetriebnahme-Genehmigung ausfällt, bleibt abzuwarten. Fakt ist aber, dass der ICx technisch ohne Probleme in der Lage ist, die 250 Stundenkilometer sicher zu erreichen. Industrie, Aufsichtsbehörden und DB arbeiten derzeit gemeinsam an einer optimalen Lösung für die entsprechenden Regelwerke. Übrigens ist die exakte Einhaltung der Geschwindigkeit und deren Überwachung überhaupt kein Problem. Sie findet heute schon auf allen Strecken mit zulässigen Höchstgeschwindigkeiten über 200 Stundenkilometern statt.
Außerdem hält aufgrund der Siedlungsstruktur in Deutschland ein ICE durchschnittlich alle 60 bis 70 Kilometer. Deswegen ist für den weitaus überwiegenden Teil unserer Fernverkehrsverbindungen nicht die absolute Höchstgeschwindigkeit der wesentliche Faktor, sondern ein gutes Beschleunigungs- und Bremsvermögen. Der ICx wird genau deshalb die Fahrtzeiten der ICE-1- und -2-Züge auf deren heutigen Strecken locker halten oder sogar unterbieten können.
Für die wenigen Strecken, die für Tempo 300 zugelassen sind, verfügen wir über 64 ICE-3-Züge, die bis zu 330 Stundenkilometer fahren können. Bei Siemens haben wir weitere 16 ICE-3-Züge bestellt, die unsere Fernverkehrsflotte schrittweise ab Ende dieses Jahres ergänzen sollen. Die Anzahl der ICE-3-Fahrzeuge ist daher völlig ausreichend und sie werden uns auch noch für viele Jahre zur Verfügung stehen.