Deutsche Bahn Locomore will der Bahn Kunden abjagen

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Gebrauchtmarkt für Züge ist sehr dünn

Beispiel Züge: Lokomotiven und Wagen sind in Deutschland so schwer zu finden wie Trüffel, es gibt so gut wie keinen Gebrauchtmarkt für Züge. In der Regel verschrottet die DB ihre alten Züge oder verkauft sie in andere Weltregionen. Siemens, Bombardier oder Stadler hätten zwar neue Züge produzieren können. Doch das hätte rund 30 Millionen Euro gekostet, für Ladewig nicht finanzierbar. Im Ausland entdeckte der Berliner dann ehemalige Intercity-Wagen der DB. Die will Ladewig zurückholen. Verträge sind kurz vor dem Abschluss.

Für die Monopolkommission ist der Engpass bei den Zügen ein Teufelskreis. Da ein Gebrauchtwagenmarkt nicht existiere, „müssen die seltenen Kaufgelegenheiten für geeignetes Rollmaterial zeitgleich mit einer Finanzierung vorliegen, für welche wiederum langfristige Trassenkapazitäten gesichert sein sollten“, kritisieren die Ökonomen. Dadurch werde der Markteintritt „fast unmöglich gemacht“.

Beispiel Finanzierung: Bei mehreren Banken hat Ladewig angeklopft und sein Geschäftsmodell präsentiert. Doch am Ende trauten sie sich nicht – selbst eine 80-prozentige Übernahme des Ausfallrisikos durch staatliche Gründungsunterstützung reichte den Instituten nicht. „Den Banken fehlt es an Erfahrung in dem Markt“, so Ladewig. Doch per Crowdfunding sammelte er schon 150.000 Euro von Miniinvestoren ein. Mehr als doppelt so viel sollen weitere Geldgeber hinzuschießen. In diesen Tagen startet ein Vorverkauf von Ticketgutscheinen über die Crowdfundingplattform Startnext.

Wer es Ladewig nachmachen will, wird es kaum leichter haben. EU-Pläne, die Schienennetze unabhängiger zu machen, haben die nationalen Regierungen gerade einkassiert. So wird in den meisten Staaten im Fernverkehr ein faktisches Monopol zementiert. Die Eisenbahn in Europa müsse „restrukturiert werden, um Investitionen und Wachstum zu erleichtern“, heißt es kritisch in einem aktuellen Positionspapier europäischer Bahnverbände.

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Bis zu 300 Stundenkilometer schnell

In Italien ist dies teilweise schon gelungen. Dort investierten Ferrari-Verwaltungschef Luca di Montezemolo und Frankreichs Staatsbahn SNCF eine Milliarde Euro, um die Staatsbahn Trenitalia anzugreifen. Seit 2012 fahren die bis zu 300 Stundenkilometer schnellen Hochgeschwindigkeitszüge des Nuovo Trasporto Viaggiatori (NTV) etwa von Turin und Venedig nach Rom. Die Gewinnschwelle hat NTV allerdings noch nicht erreicht – auch in Italien gibt es Klagen über Probleme beim Netzzugang.

In Deutschland gibt es außer Locomore nur noch einen Bahn-Konkurrenten: den Hamburg-Köln-Express (HKX), an dessen Gründung auch Ladewig beteiligt war. Das Unternehmen verlängert seine Linie ab 2016 immerhin von Köln nach Frankfurt – ein kleines Hoffnungszeichen auf dem Weg zur Profitabilität. Und Motivation für den Locomore-Chef: „Wird unser erster Zug ein Erfolg, folgen andere Ziele: Köln, München, Rügen.“

Derek-Ladewig Quelle: dpa
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