1100 Tage ist der Bahnchef im Amt. Nun verpasst Rüdiger Grube dem Konzern eine neue Strategie. Neben Profitabilität und Wachstum sollen künftig auch soziale und ökologische Ziele die Zukunft des Unternehmens bestimmen. Eine Vorstandsentscheidung müsse diese „drei Ziele immer gleichberechtigt nebeneinander berücksichtigen“, sagte Grube in Berlin.
Der Bahnchef bricht damit mit alten Traditionen. Sein Vorgänger Hartmut Mehdorn richtete den Konzern einzig auf das Ziel Börsengang aus. Die Folgen seien laut Grube bis heute sichtbar. Mitarbeiter fühlten sich weniger wertgeschätzt. Auch bei den Kunden „sind wir bei den Sympathiewerten heute noch nicht da, wo wir sein sollten“, sagte Grube.
Führende Marktposition verteidigen
Die Strategie „Zukunft 2020“ soll die Deutsche Bahn nun wieder näher an Mitarbeiter und Kunden rücken, ohne die Wirtschaftlichkeit aus den Augen zu verlieren. Die Geschäftsfelder seien aufgefordert, die Dachstrategie in ihr Tagesgeschäft umzusetzen. Bis Juni haben die Spartenchefs Zeit, Maßnahmen zu ergreifen, um Profitabilität mit sozialen und ökologischen Aspekten zu kombinieren.
Konkret will Grube weiterhin die führende Marktposition verteidigen oder ausbauen. Im Schienenpersonennahverkehr ist die Deutsche Bahn europaweit führend. Im Fernverkehr sieht sich Grube hinter der französischen SNCF auf Rang zwei. Führende Positionen erreicht die Deutsche Bahn auch in ihren Logistiksparten. DB Schenker gilt als größter Transporteur von Gütern sowohl auf der Schiene als auch auf der Straße. Als Spediteur von Luft- und Seefracht gehört das Unternehmen zu den Top drei weltweit. Defizite sieht der Bahnchef vor allem bei der Rentabilität. Konkurrenten wie DHL und Kühne + Nagel kämen auf deutlich bessere Margen.
Ehrgeizige Ziele
Nachholbedarf sieht Grube auch beim Image als Arbeitgeber. Ziel sei es daher, zu den zehn attraktivsten Arbeitgebern in Deutschland aufzurücken. Von den 295.000 Mitarbeitern seien 65 Prozent in Deutschland beschäftigt, 27 Prozent im restlichen Europa. „Allein in Deutschland suchen wir bis 2020 bis zu 80.000 neue Mitarbeiter“, sagt Grube. Es gebe einen Wettbewerb um die besten Talente bei einer sinkenden Bevölkerungszahl. Ein gutes Image als Arbeitgeber sichere daher die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens.
Nicht nur nach Wirtschaftlichkeit fragen
Beim Thema Umwelt will Grube endgültig eine Vorreiterrolle spielen. Die konkreten Ziele sind ehrgeizig. Die CO2-Emissionen will die Deutsche Bahn bis 2020 um 15 Prozent reduzieren – trotz wachsenden Verkehrsvolumens. Den Anteil der Erneuerbaren Energien will der Konzern von heute 20 auf 35 Prozent erhöhen. Den Lärm auf der Schiene will der Bahnchef bis 2020 um 50 Prozent reduzieren.
Die neue Strategie sei „keine Revolution“, sagt Grube. Aber „wir dürfen in Zukunft nicht mehr nur nach der Wirtschaftlichkeit fragen“. Es gebe landauf landab die Meinung, die Deutsche Bahn wolle nur Geld verdienen. Dabei sei das Unternehmen auch für Kunden und Mitarbeiter da. Das Management bekommt die Neuausrichtung auch auf andere Weise zu spüren. In Zukunft, so Grube, beeinflusse die Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit 50 Prozent der individuellen Zielerreichung von Führungskräften – und damit direkt die Höhe des Gehalts.