




Rüdiger Grube hatte eine Antwort, aber überzeugend war sie nicht. Auf die Frage eines Journalisten, was der geplante Konzernumbau denn nun für den Kunden bedeute, sagte der Bahnchef bei der Halbjahres-Pressekonferenz des Konzerns in Berlin: Die Bahn werde „noch schneller“, mit „stärkeren Entscheidungsstrukturen“ und „kostengünstiger“. Die Strukturen würden „weniger komplex“ und die Bahn könne sich „mehr dem Kunden widmen“.
Die Aussagen Grubes sind sinnbildlich für die Lage der Deutschen Bahn. Der Vorstandsvorsitzende hatte gerade einen Konzernumbau verkündet, der die Bahn wieder auf die Spur setzen soll. Doch er löst das Grundproblem nicht: Der Konzern entfacht seit langem keine Leidenschaft mehr fürs Bahnfahren in Deutschland. Auf dem Papier widmet sich die Bahn dem Kunden, doch in Wahrheit sind sie sich fremd. Grubes Worte wirken bürokratisch, hölzern und seltsam distanziert.
Zur Person
Grube, 62, ist seit 2009 Chef der Deutschen Bahn. Den Konzernumsatz will er bis 2020 verdoppeln. Wegen der Konjunktur, der Elbeflut und Vorgaben aus Brüssel kommt er diesem Ziel 2013 nicht näher.
Die Quittung für die Fehler der Vergangenheit lieferte Grube in Berlin gleich mit. Die Zahlen des ersten Habjahres sind desaströs. Der operative Gewinn (Ebit) brach um 18 Prozent auf knapp 900 Millionen Euro ein. Der Umsatz stieg zwar um 1,3 Prozent auf 20 Milliarden Euro. Doch das lag an den Währungseffekten, die ein Plus von fast 500 Millionen Euro beisteuerten. Tatsächlich sank der Konzernumsatz also. Die Ziele für das Gesamtjahr 2015 korrigierte Grube nach unten.
Den nun angekündigten Konzernumbau verkauft Grube als großen Wurf: Der Vorstand wird verkleinert, die Doppelstruktur aufgelöst und die Themen neu zugeordnet. Natürlich sind die Veränderungen sinnvoll. Doch sie sind auch selbstverständlich. Die Konzerntochter Mobility Logistics war einst einzig zu dem Zweck gegründet worden, die Transportgesellschaften 2008 an die Börse zu bringen. Der Gang aufs Parkett ist bekanntlich gescheitert. Doch deshalb hätte Grube die Aktiengesellschaft schon längst auflösen müssen – und nicht erst im Jahr sechs seiner laufenden Amtszeit.
Gleichzeitig will Grube bis 2020 mehr als 700 Millionen Euro einsparen. Der Bahnchef strich die Sponsorenverträge mit Hertha BSC, verzichtet auf ein zweites Büro in der Frankfurter Dependance und kündigte den Vertrag mit einem Business-Jet-Betreiber. Die Konzernzentrale am Potsdamer Platz in Berlin kostet pro Jahr eine Milliarde Euro, rechnet Grube vor. Vieles davon ist überflüssig. Auch das macht Sinn. Doch auch das ist längst überfällig.
Bezeichnend für die desolate Lage bei der Bahn ist auch der Plan, einen Teilverkauf der beiden Sparten Schenker Logistics und Arriva zu prüfen. Bis Ende dieses Jahres will der Konzern Optionen ausloten, ob sie einen Minderheitsanteil an Investoren verkaufen kann. Vor drei Jahren posaunte Grube noch zur Offensive: zur Verdopplung des Konzernumsatzes auf 70 Milliarden Euro bis 2020 – teils durch Zukäufe. Nun steht die Verschlankung auf der Agenda – so etwas nennt man eine 180-Grad-Wende. Zudem steht mit Arriva ausgerechnet der Konzernteil auf der Teilverkaufsliste, der sich richtig positiv entwickelt hat.