Deutsche Bahn So könnte die Bahn ihr Milliarden-Problem lösen

Der Bundesrechnungshof veröffentlichte ein Bericht in welcher er die wirtschaftliche Situation der Deutschen Bahn besorgt betrachtet. Quelle: dpa

Der Bundesrechnungshof stellt der Deutschen Bahn ein schlechtes Zeugnis aus: hohe Verschuldung, halbherzige Strategie. Recht hat er. Dem Konzern fehlt der Mut zur radikalen Fokussierung: auf Deutschland.

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Eigentlich kann die Deutsche Bahn ihr Glück kaum glauben. Immer mehr Reisende wollen Bahn fahren, der Bund investiert Milliarden in die Sanierung des Schienennetzes, Greta Thunberg wirkt wie eine kostenlose Werbebotschafterin. Nun sorgt das Klimakabinett kommende Woche möglicherweise sogar für eine zusätzliche Dreingabe: Die Mehrwertsteuer auf Fernverkehrstickets könnte sinken. Es läuft auf der Schiene. Die Devise im Bahntower lautet daher: Jetzt nur nichts falsch machen.

Doch die perfekte Welle wird plötzlich von einem Bericht des Bundesrechnungshofes jäh gestört. Und er trifft die Deutsche Bahn an einer wunden Stelle: Die Verschuldung des Konzerns steigt seit Jahren – und droht aus dem Ruder zu laufen. Ausgerechnet ab 2020 muss die Bahn nun auch noch anders bilanzieren, die Finanzschulden laufen auf 25 Milliarden Euro zu. Dabei müsste die Bahn jetzt sogar mehr statt weniger investieren: in neue Züge, Werkstätten, Personal, mehr Komfort, robustere Gleise.

Der Bericht legt schonungslos offen, dass die Bahn ein Problem hat – und zwar weniger ein Strategie-, sondern ein Umsetzungsdefizit. Die Ziele sind nämlich im Prinzip richtig. „Starke Schiene“, nennt Bahnchef Richard Lutz die Dachstrategie für den Gesamtkonzern. Das klingt – und soll auch so klingen – wie der Abschied der bisherigen Vision eines internationalen Mobilitätskonzerns. Doch in den Unterkapiteln der Hochglanzstrategie fällt die Bahn in alte Muster zurück.

Richtig und gut ist: Die Auslandstochter Arriva kommt weg. Entweder findet die Bahn in den kommenden Wochen einen Investor, der Milliarden für die britische Bus- und Bahntochter hinlegt. Oder Arriva wird an die Börse gebracht. Der Bundesrechnungshof gibt zu, dass die Einnahmen aus dem Verkauf die „signifikante Finanzierungslücke von fast drei Milliarden Euro“ bis Ende 2019 decken könnten – zumindest teilweise. Doch damit ist nur ein bisschen Zeit gewonnen, mehr nicht.

Denn auch in den Jahren 2020 ff muss die Bahn investieren. Und dafür sollte sie sich die Frage stellen: Was sollte der Fokus sein, wenn man die „starke Schiene“ zur Vision erklärt? Zweifellos gehören dazu Regionalzüge im Nahverkehr, die ICE-Flotte für Fernreisen und der Gütertransport auf der Schiene. Hinzu kommt die Pflege und der Ausbau des Schienennetzes, wenn man Netz und Betrieb aus politischen Gründen nicht voneinander trennen will. Damit ist die Bahn gut beschäftigt. Das Geschäft bindet Kapital und Personal. Solange die Deutsche Bahn unter der Obhut des Staates steht, sollte die Bahn alles dafür tun, hier besser zu werden.

Eine Spedition mit Geschäft in Asien, Süd- und Nordamerika passt da nicht rein. Die Bahntochter DB Schenker setzt 17 Milliarden Euro um. Im Bahntower in Berlin hofft man weiterhin auf Synergien zwischen Spedition und der Güterbahn DB Cargo. Doch diese Erwartungen gibt es schon seit Jahren – und haben sich noch nie erfüllt. Es ist unwahrscheinlich, dass sich das in Zukunft ändern wird. Ein Disponent bei Schenker kauft nicht automatisch Güterzugleistungen bei DB Cargo ein, nur weil beide Unternehmen zum gleichen Konzern gehören.

Die logische Folge daraus: Die Deutsche Bahn sollte neben Arriva auch Schenker verkaufen. Dann könnte sich der Konzern konsequent auf eine starke Schiene ausrichten: in Deutschland. Der Erfolg der Deutschen Bahn misst sich nämlich nicht daran, ob Pakete rechtzeitig in Shanghai ankommen, sondern ob die Züge pünktlich im Hauptbahnhof einfahren – von Kiel über Köln bis Konstanz.

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