Deutsche Häfen „Die Niederländer können damit Werbung machen, dass es dort einfacher ist“

Hamburg: Ein Mann fährt mit einem Fahrrad über eine Brücke am Anleger Teufelsbrück, im Hintergrund sind die Containerbrücken des Container-Terminals Burchardkai zu sehen. Quelle: dpa

Deutsche Häfen kämpfen mit der starken Konkurrenz durch Antwerpen und Rotterdam und immer größeren Schiffen. Damit Deutschland aufholen kann, müsse der Wettbewerb gerechter werden, fordert der Seehafenverband ZDS.

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Ein verrücktes Jahr liegt hinter den deutschen Häfen. Erst kam kaum Ladung an, dann gewaltige Mengen. Dadurch habe sich auch das Gleichgewicht im Wettbewerb mit Antwerpen und Rotterdam verschoben, sagt Frank Dreeke, Präsident des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS). Doch wie die Situation nach der Coronapandemie aussehe, könne noch niemand wissen. Aber damit die deutschen Häfen wieder aufholen können, müssen Steuernachteile verschwinden, sagt Dreeke. Ab Montag wollen Häfen, Reeder und Werften mit der Politik bei der Nationalen Maritimen Konferenz über die Zukunft des Schifffahrtstandorts Deutschland diskutieren.

WirtschaftsWoche: Herr Dreeke, die Schifffahrt hat ein paar ungewöhnliche Wochen hinter sich. Die Frachtraten sind enorm gestiegen, es gibt zu wenig Container, dann blockierte auch noch ein Schiff den Suezkanal. Wie viel Chaos herrscht in den deutschen Häfen?
Frank Dreeke: In der gesamten Pandemie herrschte bisher kein Chaos in den Häfen. Die Häfen haben funktioniert. Wir haben gezeigt, dass wir jederzeit in der Lage waren, die Transportketten aufrechtzuhalten. Und wegen der Blockade des Suezkanals entsteht auch noch kein Chaos, eher eine gewisse Anspannung.

Trotz des berühmten Ketchup-Effekts? Erst kommt tagelang kaum ein Schiff und dann alle auf einmal.
Auch damit kommen wir klar. Wir stehen in sehr enger Kommunikation zu den Reedern und auch den Vorhäfen. Daher wissen wir genau, wann Schiffe dort losfahren und wie viel Ladung sie mitbringen. Natürlich können wir nicht zum Beispiel vierzehn Schiffe gleichzeitig unterbringen, wenn wir nur zehn Liegeplätze haben. Nach der Suezkanal-Blockade haben die Unternehmen in allen großen Containerhäfen zusätzliche Flächen für Container freigemacht, um diese großen Volumen lagern zu können.

Im vergangenen Jahr gab es rund um die Welt Hafenstaus. In Singapur oder Los Angeles mussten die Schiffe teilweise eine Woche warten. Wie kann das sein?
In amerikanischen Häfen gab es diese Staus, das stimmt. Das lag auch daran, dass der Handel in den USA wieder so stark angezogen ist. Dadurch waren die Häfen dort komplett überlaufen und das hat zu langen Wartezeiten geführt. Aber eben nicht in Deutschland.

Weil die Deutschen Häfen von dieser Handelslust nicht profitieren konnten? Der Umschlag in Deutschland ist letztes Jahr um sechs Prozent gesunken. So heftig hat es andere Häfen in der Nordsee nicht getroffen.
Dieser Rückgang fand vor allem in den ersten Monaten 2020 statt. Am Ende des Jahres haben wir viel aufgeholt. Und da haben auch nicht alle Konkurrenten gewinnen können, Rotterdam hat sieben Prozent im vergangenen Jahr verloren. Das betone ich so, weil Rotterdam damit endlich mal wieder hinter uns liegt.

Aber in den vergangenen Jahren haben Rotterdam und Antwerpen eher Marktanteile gewonnen und die deutschen Häfen verloren. Geht der Trend so weiter?
In der Pandemie haben sich die deutschen Häfen gut bewährt. Ich denke, dieses Wettrennen zwischen den Nordseehäfen kommt langsam zum Ende. Die Reeder haben in den vergangenen Jahren Allianzen gebildet und in diesem Zuge auch Häfen gewechselt. Aber nun hat sich langsam eingependelt, welche Allianz welchen Hafen anläuft. Wir werden da nicht mehr so viele Verschiebungen sehen.

von Jacqueline Goebel, Andreas Menn, Thomas Stölzel

Aber auch steuerlich lohnt es sich für Unternehmen, ihre Waren über Rotterdam oder Antwerpen einzuführen statt über die deutschen Häfen.
Uns gefällt es auch nicht, dass die Niederländer damit Werbung machen können, dass es einfacher ist, Waren dort einzuführen als in Deutschland. Bei der Einfuhrumsatzsteuer sind wir schon ein Stück nach vorne gekommen. Die ist jetzt erst nach circa sechs Wochen fällig und nicht mehr sofort. Aber in den Niederlanden oder Belgien müssen die Empfänger die Steuer erst dann zahlen, wenn sie auch wirklich ihre Waren bekommen. Und dann können sie es direkt mit der Umsatzsteuer verrechnen. Das ist viel besser für die Liquidität, das ist für Unternehmen ein ganz entscheidendes Kriterium. Da müssen wir in Deutschland nachziehen.

In Rotterdam sind mittlerweile auch chinesische Staatsfirmen an Hafenterminals beteiligt, ebenso in Antwerpen. Mittlerweile haben 14 Häfen in Europa chinesische Miteigentümer. Sehen Sie das als Gefahr?
Wir leben nun mal in einer offenen Marktwirtschaft. Unternehmen müssen selbst entscheiden, welche Partnerschaften sie eingehen. Und in einem globalen Markt hat man verschiedene Partner. Das muss man offen betrachten. Um in die Häfen zu investieren, dürfen wir auch chinesische Partner nicht ausschließen. Wichtig ist, dass Partnerschaft auf Augenhöhe stattfindet und keine Abhängigkeiten entstehen.

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