Wenn Achim Dünnwald über die Zukunft der Deutschen Post spricht, dann muss man schon des Englischen mächtig sein, um ihm zu folgen. Dünnwald, bei der Deutschen Post in Bonn für das Paketgeschäft zuständig, spricht auffällig oft von „fulfillen“, wenn der Zusteller einen Lieferauftrag beende, oder von „capabilities“, wenn er die Möglichkeiten bei der Lebensmittelzustellung eruiert, und von „frozen“, wenn er Gefriergut zum Kunden bringen will. Alles in allem machten ihn die angebotenen Leistungen seines Arbeitgebers „sehr happy“.
Damit das auch so bleibt, plant die Deutsche Post nun den nächsten Schachzug. Bundesweit will der Konzern Packstationen in Mehrfamilienhäusern aufstellen. Die Kästen sehen so aus wie die bekannten gelben Packstationen, sind aber grau und kleiner. Künftig sollen sich also Mieter und Eigentümer ihre Amazon-Päckchen direkt in den Hausflur liefern lassen können, ohne selbst zu Hause sein zu müssen. Geöffnet werden die Fächer bequem per App.
Die Post testete die „Paketkastenanlagen“ bereits in einem Pilotprojekt in Berlin. An elf Standorten in der Hauptstadt errichtete sie im Auftrag einer Wohnungsbaugesellschaft solche Paketboxen. „Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht“, sagte Dünnwald auf einer Pressekonferenz in Berlin. „Jetzt werden wir weiter Gas geben.“ Ab Jahresende beginne die Serienproduktion.
Logistik: Diese Anbieter dominieren das Paketgeschäft
Der Paketdienst GLS ist der fünftstärkste Anbieter in Deutschland. Sein Marktanteil liegt bei acht Prozent.
Quelle: MRU; Zahlen für 2014
Der vierte Platz geht an Hermes (13 Prozent).
Mit einem Marktanteil von 17 Prozent landet UPS auf Platz drei im Ranking.
Auf Rang zwei liegt DPD mit 18 Prozent Marktanteil.
Marktführer ist die Deutsche Post-Tochter DHL mit einem Anteil von 44 Prozent.
Doch bei aller Euphorie kann das Unternehmen die wichtigste Frage nicht beantworten: Wie teuer sollen die Packstationen für den Hausflur eigentlich sein? „Kann ich nicht sagen“, so Dünnwald. Das komme wohl auf den „User Case“ an.
Für die Nutzer ist das natürlich eine sehr relevante Frage. Denn tatsächlich klingt eine Packstation in oder vor einem Mehrfamilienhaus zunächst attraktiv. Vor allem in der Hauptstadt bestellen so viele Menschen ihre Waren im Internet wie sonst in keiner anderen Stadt. Doch zusätzliche Kosten werden sich Eigentümer und Mieter wohl kaum aufhalsen wollen. Dann doch lieber den Gang zur Post-Filiale oder der nächst gelegenen Packstation.
Zudem basteln die Konkurrenten um Hermes, DPD und GLS an einer eigenen Lösung. Die unter dem Namen „Parcellock“ vertriebene Paketbox soll noch in diesem Sommer kommen und allen Logistikunternehmen offen stehen. Die Deutsche Post beliefert ihre Boxen dagegen exklusiv. Eine Kooperation mit Wettbewerbern sei „nicht geplant“, so Dünnwald.
Man darf also gespannt sein, wer das Rennen macht. Und ob es überhaupt einen Bedarf für die Paketboxen gibt. Denn die Logistikunternehmen arbeiten an einer immer zielgenauerer Zulieferung. Online-Händler Amazon startet in Berlin die Auslieferung in 60 Minuten. Die Deutsche Post bietet einen 90-Minuten-Service an. Zudem hat der Konzern gerade einen Drohnentest erfolgreich abgeschlossen. In Reit im Winkl lieferte die DHL-Drohne in einem Pilotprojekt an Privatkunden aus – als weltweit erster Anbieter. Laut Dünnwald werde die Drohne aber ein Nischentransportmittel bleiben.
Stattdessen arbeiten alle Logistiker mit Hochdruck an Lieferungen zu Wunschterminen. Bislang können schon rund 30 Millionen Deutsche ihre bestellte Ware von der Post-Tochter DHL am Abend innerhalb eines Zeitfensters von zwei Stunden liefern lassen. Künftig sollen Kunden auch am Tag Zeitfenster definieren können. Wer braucht da noch einen Kasten?