Deutsche Post Sortierer in Aufruhr

Der Logistikkonzern Deutsche Post hat Anteile eines Unternehmens gekauft, das rüde gegen Wettbewerber vorgehen soll.

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Bescheid zugestellt: Die Netzagentur prüft den Verdacht auf Missbrauch in Briefzentren. Quelle: dapd

Das Treffen im Tulip Inn, einem Hotel in der Düsseldorfer Fußballarena, endete für Max Toller mit einer speziellen Offerte. Der Mitarbeiter der Postcon, einer Tochtergesellschaft der holländischen Post TNT, sollte über seinen Arbeitgeber Bericht erstatten, wenn es etwa mit Kunden „Probleme oder andere Schwierigkeiten geben“ würde, habe ihn sein Gegenüber gebeten. Es lockte die Aussicht auf Geld. Der angebliche Auftraggeber: ein Manager des Berliner Unternehmens Compador.

Die Stärken und Schwächen der Deutschen Post
QuartalsgewinneDer vom Internetboom profitierende Paketversand in Deutschland und das florierende Expressgeschäft haben der Deutschen Post einen deutlichen Gewinnzuwachs beschert. Das operative Ergebnis des Konzerns stieg im zweiten Quartal um 14 Prozent auf 619 Millionen Euro. Der Konzerngewinn fiel mit 422 Millionen Euro sogar mehr als doppelt so hoch aus wie im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Zu der Verbesserung trugen allerdings auch Einmaleffekte bei. Gleichzeitig hob die Deutsche Post DHL die Gewinnprognose für das Gesamtjahr leicht nach oben an. Der Umsatz des Logistikkonzerns ging von April bis Juni um 0,6 Prozent auf 13,6 Milliarden Euro zurück. Quelle: dpa
Stärke: ProfitabilitätAlle Sparten der Deutschen Posten arbeiten profitabel. Für 2013 rechnet Konzern-Chef Appelt mit einem Gewinn von 2,7 bis 2,95 Milliarden Euro. Besonders stark ist das Briefgeschäft, das 2012 gut ein Drittel am Gewinn ausmachte. Quelle: REUTERS
Stärke: Monopol-Stellung im BriefmarktDie Post hält 90 Prozent Marktanteil im deutschen Briefgeschäft. Damit ist sie unangefochten die Nummer eins. Das Briefgeschäft soll 2013 zwischen 1,1 und 1,2 Milliarden Euro Gewinn abwerfen. Quelle: AP
Stärke: Paket-GeschäftDie Post ist zwar Marktführer im Briefgeschäft, doch da immer mehr Privat- und Geschäftsleute die elektronische Kommunikation per E-Mail vorziehen, schrumpft der Markt für Papierbriefe seit 2000 stetig. Dafür läuft das Geschäft mit der Paketzustellung dank Internethandel umso besser. Millionen von Kunden bestellen Päckchen online - und schicken sie deutlich öfter als den Versandhändlern lieb ist wieder zurück. Quelle: dpa
Schwäche: E-PostbriefUm der Abwanderung der Briefkunden ins Internet nicht tatenlos zuzusehen, startete die Deutsche Post im November 2010 den „E-Postbrief“ - eine rechtsverbindliche, vertrauliche und sichere Form der E-Mail, für die Nutzer 55 Cent pro Sendung zahlen sollen. Der E-Postbrief lässt sich außerdem ausdrucken und per Briefträger zustellen. Bislang nutzen ihn rund eine Millionen Privatkunden, 4000 Mittelständler und 150 Großkunden - deutlich weniger erhofft. Auch beim elektronischen Briefverkehr der Bundesbehörden kam die Post nicht zum Zug. Diese elektronische Nachrichten müssen nach dem De-Mail-Standard verschlüsselt sein, den die Deutsche Telekom und 1&1 anbieten. Quelle: dapd
Schwäche: Cashflow Obwohl die Post 2012 deutlich mehr Gewinn machte als im Vorjahr, wuchs die Nettoverschuldung auf rund zwei Milliarden Euro. Der Grund: Die Post musste Pensionsverbindlichkeiten von rund zwei Milliarden Euro finanzieren. Hinzu kam eine Umsatzsteuernachzahlung in Höhen von 482 Millionen Euro sowie eine Beihilferückforderung  von rund 300 Millionen Euro. Die Beihilfen hatte der Staat nach der Post-Privatisierung für Beamtenpensionen gewährt, doch die EU-Kommission hielt sie für zu hoch. In den ersten sechs Monaten des Jahres hat die Post ihren Cashflow gegenüber dem Vorjahr jedoch deutlich verbessert. Er stieg von von -767 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2012 auf 99 Millionen Euro in 2013. Die Nettoverschuldung ist allerdings auf 2,8 Milliarden Euro gestiegen. Quelle: dpa
Schwäche: Teilweise ungedeckte Pensionsverpflichtungen14,7 Milliarden Euro Pensionsverpflichtungen kommen auf die Post zu, mehr als 2,5 Milliarden Euro sind nicht gedeckt. Das heißt diese Summe ist weder in der Bilanz erfasst noch durch externes Fondsvermögen abgedeckt. Quelle: dpa

Toller heißt in Wahrheit anders. Doch der Versuch der Einflussnahme ist in einem Gesprächsprotokoll festgehalten, das ein Vertrauensmann der Postcon mit dem angesprochenen Kollegen im Anschluss an das ominöse Treffen anfertigte. Compador bestreitet die Vorwürfe. Das Papier, das der WirtschaftsWoche vorliegt, bringt jedenfalls auch die Deutsche Post in Erklärungsnot: Der Logistikkonzern ist an Compador beteiligt. Das Berliner Unternehmen hat in jüngster Zeit mit zweifelhaften Methoden auf sich aufmerksam gemacht. Post-Konkurrenten schlagen nun Alarm. Die Deutsche Post, so ihr Vorwurf, nutze Compador als Trojanisches Pferd, um Wettbewerb im Briefmarkt auszuhebeln.

Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Beteiligung der Deutschen Post in Verruf gerät. Vor zwei Jahren beanstandete das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht das Vorgehen von First Mail. Die 100-prozentige Billigtochter der Post hatte versucht, den Konkurrenten der Mutter über Kampfpreise Kunden abzujagen. Die Post hält im Briefgeschäft immer noch einen Marktanteil von 90 Prozent, doch das Sendungsaufkommen sinkt seit Jahren stetig. Der im Juni 2010 gestartete E-Postbrief hat die Planzahlen bislang nicht erreicht.

Nun sieht es so aus, als nutze die Post die Beteiligung Compador als neue Speerspitze gegen Wettbewerber. Im Dezember vergangenen Jahres kaufte sich die Post in das Unternehmen ein: mit 49 Prozent bei der Sparte Compador Technologies GmbH, die Maschinen für das Vorsortieren von Briefen produziert und wartet. Zusätzlich hält der Konzern 26 Prozent an der Schwestergesellschaft Compador Dienstleistungs GmbH, die Briefsendungen bei Großkunden einsammelt und bei der Deutschen Post oder privaten Briefdiensten zur Zustellung abgibt.

Mit dem Einstieg der Bonner begann eine Serie fragwürdiger Methoden. Postcon etwa war einer der Hauptkunden von Compador. Mit deren Maschinen sortierte die TNT-Tochter die bei Großkunden eingesammelten Briefe. Die meisten Sendungen wurden über Zusteller der Muttergesellschaft TNT und regionale Kooperationspartner ausgeliefert. Einen Teil speiste Postcon in das Zustellnetz der Deutschen Post ein. Der Briefkonzern gewährt für das Vorsortieren der Briefe nach Postleitzahlen gesetzlich festgelegte Rabatte. Das sogenannte Konsolidierungsgeschäft ist für TNT lukrativer als die Briefzustellung in Eigenregie. 2012 erwirtschaftete Postcon einen Gewinn von 14 Millionen Euro.

Verfahren der Missbrauchsaufsicht

Die größten Logistikkonzerne der Welt
Platz 10: China Railway (China) Der Güterverkehr von China Railway macht über zwei Drittel des gesamten Verkehrsaufkommens aus. Hauptsächlich transportiert der Staatsbetrieb Kohle, Stahl, Erz und landwirtschaftliche Erzeugnisse. 2010 betrug der Logistik-Umsatz nach Angaben des Statistik-Portals Statista 14 Mrd. Euro. Daten für das Jahr 2011 sind noch nicht verfügbar.
Platz 9: CMA CGM (Frankreich) Auf Platz 9 des Rankings landet das größte französische Schifffahrtsunternehmen CMA CGM mit einem Logistik-Umsatz von 14,3 Mrd. Euro im Jahr 2010. Die Reederei wurde 1978 gegründet und ist an mehr als 650 Standorten in 150 Ländern vertreten. Auf dem Foto ist eines der größten Containerschiffe der Welt zu sehen, die CMA CGM Christoph Colomb, die bis zu 13.800 Standardcontainer transportieren kann. Quelle: dpa
Platz 8: Nippon Express (Japan) Der Konzern mit Sitz in Tokio wurde 1937 als halbstaatliches Transportunternehmen gegründet. Nippon Express verfügt über ein global gespanntes Transportnetz, dass mehr als 389 Orte in 37 Ländern miteinander verbindet. Spezialisiert ist das Unternehmen auf Dienstleistungen rund um den Transport von Waren, wie etwa IT-Technik, den Luft- und Seegüterverkehr sowie auf Spezialtransporte. 2010 betrug der Umsatz 15 Mrd. Euro.
Platz 7: Kühne + Nagel (Schweiz) 2010 war ein gutes Jahr für den Logistikdienstleister Kühne & Nagel aus der Schweiz. Der Frachtspezialist steigerte seinen Logistik-Umsatz auf 16,2 Mrd. Euro. Der Konzern will weiter wachsen: Kühne + Nagel plant das Transportgeschäft auf der Schiene auszubauen.
Platz 6: NYK Line (Japan) Die japanische NYK Line ist Teil des Mitsubishi-Konzerns und zählt zu den größten Reedereien der Welt. Seit 1968 ist das Unternehmen auch im Bereich der Containerschifffahrt etabliert - die einen Großteil des Gesamtgeschäfts ausmacht. Die Reederei betreibt auch den sogenannten Atlantic Express Shuttle (AES), das Waren zwischen Hamburg, Antwerpen und New York Waren verschiebt. 2010 erwirtschaftete der Konzern einen Logistik-Umsatz von 16,5 Mrd. Euro.
Platz 5: DB Schenker (Deutschland) Die Logistikgeschäfte der Deutschen Bahn, DB Schenker Logistics und DB Schenker Rail, sind unter dem Dach DB Schenker zusammengefasst. Das Unternehmen beschäftigt weltweit mehr als 91.000 Mitarbeiter an etwa 130 Standorten. 2010 erwirtschaftete die DB Schenker einen Logistikumsatz von 18,5 Mrd. Euro.
Platz 4: Maersk (Dänemark) Das Jahr 2010 hatte nicht gut begonnen für A.P. Moeller Maersk. Vor allem durch die von der Wirtschaftskrise gebeutelte Tochtergesellschaft Maersk, der größten Containerschiffsreederei der Welt, schrieb der dänische Mischkonzern erstmals in der Unternehmensgeschichte rote Zahlen. Doch dann zog die Konjunktur an und die Frachtraten für Containerschiffe legten kräftig zu. Das Ergebnis: 2010 lag der Logistik-Umsatz von Maersk bei 29, 1 Mrd. Euro - und das Unternehmen konnte einen Rekordgewinn, einen Nettoertrag von 3,8 Mrd. Euro, vermelden.

Doch dann kündigte Compador den Wartungsvertrag mit Postcon. Zudem warb es mehr als 30 Vertriebsmitarbeiter ab. Die finanziellen Mittel dafür stammten zum Teil aus dem Einstieg der Deutschen Post. Danach folgte eine Angebotsoffensive, die an First-Mail-Zeiten erinnert. Vor allem bei Kunden aus dem Postcon-Portfolio wurde Compador mit teils extrem niedrigen Preisen vorstellig. Ein Kunde etwa, der pro Tag rund 300 Briefe verschickt, bekam einen Rabatt von 15 Prozent aufs Standardporto von 58 Cent – üblich sind etwa zehn Prozent. Vertriebsmitarbeiter der TNT-Tochter zweifeln intern an der „Gewinnerzielungsabsicht“. Compador-Chef Jens Gunter Greve hält dagegen, er „kalkuliert kaufmännisch fair und korrekt“.

Inzwischen hat sich auch die Bundesnetzagentur eingemischt. Die Behörde eröffnete im Juli „ein Verfahren der besonderen Missbrauchsaufsicht“. Sie geht dem Verdacht nach, dass die Post-Tochter In-Haus Services der Schwester Compador im Vergleich zu deren Wettbewerbern „unterschiedliche Konditionen anbietet“: Briefzentren in Frankfurt und Essen würden Compador günstigere Einlieferungszeiten anbieten als Postcon. Laut Deutsche Post trifft der Vorwurf der Diskriminierung „nicht zu“. Es seien unterschiedliche Briefmengen angefragt worden, die unterschiedliche Zeitfenster rechtfertigten.

Überhaupt will die Deutsche Post vom Geschäftsgebaren der neuen Beteiligung wenig mitbekommen. Compador gehe mit „kompetitiven, aber marktüblichen Preisen in den Markt“, versichert Achim Dünnwald, Chef der Sparte Briefkommunikation. „Extrem niedrige Preise würden der Positionierung von Compador nicht entsprechen.“ Man sei dort ohnehin nur eingestiegen, „um in die Qualität des Managements und die Technik und in ein vielversprechendes Geschäftsfeld zu investieren“, sagt Dünnwald. „Über Strategie und detaillierte Geschäftspläne habe man nie gesprochen.“

Marktanteile im Briefmarkt (zum Vergrößern bitte anklicken)

Kaum bestreiten lässt sich aber, dass das Geschäftsgebaren der Compador-Geschäftsführung sich für die Deutsche Post lohnt. Die TNT-Tochter verlor einige Kunden. Auch beim dritten größeren Konsolidierer im Markt, der Freesort aus Langenfeld bei Düsseldorf, spürt man seit Jahresanfang „einen enormen Preisdruck“, sagt Monika Plum, Leiterin Geschäftsentwicklung bei der Muttergesellschaft Francotyp-Postalia. Compador-Chef Greve sagt dazu, er habe das klare Ziel ausgegeben, „den Wettbewerb im Konsolidierungsmarkt für sich entscheiden zu wollen“.

Dafür könnte sein nächster Coup einen wichtigen Beitrag leisten. Greve plant ein neues Geschäftsmodell, das darauf abzielt, die bei Großkunden eingesammelten Briefsendungen von den privaten Briefdiensten zur Deutschen Post umzuleiten. Als Experimentierfeld nutzt Compador offenbar die Nordbayernpost in Nürnberg. Der Briefzusteller, der pro Tag rund 100.000 Briefe verteilt, wurde 2008 von Verlagen gegründet, schwarze Zahlen schrieb er nie. Die Gesellschafter verkauften die Nordbayernpost im März dieses Jahres an den Privatmann Michael Lübnitz, der Branchenkreisen zufolge eher weniger Erfahrung im Briefgeschäft mitbringt.

Monopol dauerhaft gesichert

Millionenbuße gegen Briefumschlag-Hersteller
BriefumschlägeVerbraucher in Europa haben jahrelang zu viel für Briefumschläge gezahlt. Wegen unerlaubter Zusammenarbeit mit Konkurrenten müssen der Heilbronner Briefumschlag-Hersteller Mayer-Kuvert und vier weitere Firmen ein Bußgeld von insgesamt fast 19,5 Millionen Euro zahlen, entschied die Brüsseler EU-Kommission am 11. Dezember 2014. Auf Mayer-Kuvert entfallen dabei knapp 5 Millionen Euro. Ebenfalls an dem Kartell beteiligt waren die schwedische Firma Bong, der spanische Hersteller Tompla sowie GPV und Hamelin aus Frankreich. Mayer-Kuvert hat inzwischen GPV übernommen. Die Firmen haben sich nach Erkenntnissen der EU-Kommission von Oktober 2003 bis April 2008 abgesprochen - Hamelin stieß allerdings erst im November 2003 dazu. „Mehr als vier Jahre lang haben diese Umschlaghersteller, anstatt in fairen Wettbewerb zu treten, künstliche Preiserhöhungen in einer Reihe von Mitgliedsstaaten vereinbart“, so EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. „Das Kartell wurde von Top-Managern betrieben.“ Quelle: dpa
LebensmittelkonservenVerbraucher in ganz Europa haben mehr als ein Jahr lang zu viel für Pilzkonserven bezahlt. Die Hersteller Bonduelle, Prochamp und Lutèce haben ab September 2010 Preise abgesprochen und den Markt untereinander aufgeteilt. Die EU-Kommission verhängte deshalb im Juni 2014 gegen die französische Firma Bonduelle eine Geldstrafe in Höhe von 30,2 Millionen Euro, auf Prochamp aus den Niederlanden entfallen zwei Millionen Euro - das Unternehmen profitiert von einer Minderung der Strafe um 30 Prozent, weil es mit der EU-Kommission kooperierte. Lutèce aus den Niederlanden kommt ungeschoren davon, da es die Wettbewerbshüter auf die unerlaubte Zusammenarbeit aufmerksam machte. Betroffen waren Pilze in Dosen und Gläsern, die als Eigenmarken des Handels verkauft wurden. Quelle: Screenshot
BiermarktDas Kartellamt hat im April 2014 entschieden: 231,2 Millionen Euro Bußgeld müssen die Brauereien zahlen. Mitte Januar 2013 hatte das Bundeskartellamt bereits Bußgelder in Höhe von 106,5 Millionen Euro verhängt. Kartellamtspräsident Andreas Mundt sagt, es sei sehr unwahrscheinlich, dass sich Brauereien nach diesem Verfahren noch einmal in Absprachen wagen würden. Es geht um Vorgänge aus den Jahren 2006 bis 2008. Betroffen sind unter anderem Bitburger, Krombacher, Veltins und Warsteiner. Die Branche soll Preiserhöhungen für Fass- und Flaschenbier abgesprochen haben. Bei Flaschenbier sei dabei der Preis für einen Kasten Bier 2008 um einen Euro gestiegen. Das Kartellverfahren geht auf Informationen des Beck's-Herstellers Anheuser-Busch InBev Germany zurück, der als Kronzeuge ohne Geldbuße bleibt. Mit dem neu verhängten Bußgeld addiert sich die Summe auf fast 340 Millionen Euro auf - eine der höchsten Strafe in der Geschichte des Kartellamtes. Die auf Ernährung spezialisierte Verbraucherschützerin Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg bezifferte den Schaden allein durch die Absprachen über das Flaschenbier in einem Jahr - grob geschätzt - auf über 400 Millionen Euro. Quelle: dpa
KugellagerDie EU-Kommission hat im März 2014 gegen den Autozulieferer Schaeffler und mehrere andere Firmen wegen verbotener Preisabsprachen bei Kugellagern ein Bußgeld von insgesamt fast einer Milliarde Euro verhängt. Die höchste Strafe entfalle auf Schaeffler mit 370,5 Millionen Euro, teilten die Wettbewerbshüter mit. Der schwedische Konzern SKF müsse 315,1 Millionen Euro zahlen. Zudem seien mehrere japanische Firmen verdonnert worden. Das Kartell habe von 2004 bis 2011 Preise abgesprochen. Quelle: dpa
Preisabsprachen bei TapetenHeimwerker haben nach Ermittlungen des Bundeskartellamtes von Ende Februar 2014 jahrelang zu viel Geld für Tapeten bezahlt. Die Bonner Wettbewerbsbehörde verhängte gegen vier Hersteller und ihren Verband wegen unerlaubter Preisabsprachen Bußgelder in Höhe von 17 Millionen Euro. Zwischen 2005 und 2008 hätten die in Deutschland führenden Unternehmen zu Lasten ihrer Kunden auf Verbandstagungen Preiserhöhungen abgesprochen, erklärte Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Auf den Marktführer A.S. Création Tapeten AG entfällt allein eine Summe von 10,5 Millionen Euro. In einer Pflichtmitteilung an die Börse kündigte das Gummersbacher Unternehmen an, beim Oberlandesgericht in Düsseldorf Einspruch gegen den Bescheid des Kartellamtes einzulegen. Die Behörde habe die Argumente, die gegen kartellrechtliche Verstöße sprechen, nicht ausreichend gewürdigt. Außerdem sei die Höhe der Bußgelder unangemessen, hieß es zur Begründung. Die Tapetenfabrik Rasch, die den Fall als Kronzeuge ins Rollen gebracht hatte, kam in den Genuss der Bonusregelung und damit ohne Geldbuße davon. Neben A.S. Création wurden auch gegen die Marburger Tapetenfabrik Schaefer, Erismann (Breisach), Pickhardt + Siebert (Gummersbach) und den Verband Deutscher Tapetenfabriken Geldbußen verhängt. In dem Fall sei eine Funktion dazu missbraucht worden, die Absprache der Hersteller aktiv zu unterstützen, betonte Mundt. Quelle: dpa
Preisabsprachen bei Haushalts- und Industriezucker Das Bundeskartellamt hat im Februar 2014 gegen drei große deutsche Zuckerhersteller wegen verbotener Absprachen Bußgelder in Höhe von rund 280 Millionen Euro verhängt. Die Wettbewerbsbehörde wirft den Unternehmen Pfeifer & Langen, Südzucker und Nordzucker vor, sich über viele Jahre hinweg über Verkaufsgebiete, Quoten und Preise abgesprochen zu haben. Ziel sei es gewesen, möglichst hohe Preise für Haushalts- und Industriezucker zu erzielen. Teilweise sei es durch die Kartellrechtsverstöße nach Aussagen von Industriekunden zu erheblichen Preissteigerungen und sogar zu Versorgungsengpässen gekommen. Quelle: dpa
Preisabsprachen bei GummiteilenWegen jahrelanger Preisabsprachen bei Gummiteilen muss der Autozulieferer Bridgestone eine Strafe von 425 Millionen Dollar (311 Millionen Euro) zahlen. Das Justizministerium geht seit einiger Zeit scharf gegen Kartelle in der Autozulieferbranche vor. Insgesamt 26 Firmen haben sich schuldig bekannt oder angekündigt, dies zu tun. Die Strafen summieren sich mittlerweile auf mehr als zwei Milliarden Dollar. Bridgestone trifft es nun besonders hart, weil das Unternehmen vor zweieinhalb Jahren schon einmal für Absprachen belangt wurde und damals mit 28 Millionen Dollar büßte. Bridgestone verdient sein Geld zwar weiterhin überwiegend mit Reifen, produziert jedoch unter anderem auch Fahrwerkskomponenten. Im Fall von Februar 2014 ging es um Gummiteile, die zur Schwingungsdämpfung im Auto eingesetzt werden. Die Absprachen zwischen verschiedenen Herstellern haben nach Erkenntnissen der US-Justiz von Anfang 2001 bis Ende 2008 gedauert. Zu den Geschädigten gehörten demnach unter anderem die Autobauer Toyota und Nissan. Sie haben auch Werke in den USA. Bridgestone kündigte an, dass die beteiligten Mitarbeiter zur Rechenschaft gezogen würden. Zugleich versicherte das Unternehmen, dass das Management nichts gewusst habe. Führungskräfte würden auf einen Teil ihres Gehalts verzichten, „um das aufrichtige Bedauern für diesen Vorfall zu unterstreichen“, wie Bridgestone erklärte. Quelle: dapd

Nach außen hin gibt es zwischen ihm und Compador auch keine Verbindung. Doch offenbar stehen sich beide sehr nahe. Man habe „penibel darauf geachtet, die Geschäftsbeziehung zu verschleiern“, sagt ein Insider, um keinen Verdacht beim Bundeskartellamt aufkommen zu lassen. Tatsächlich habe sich Compador aber in das operative Tagesgeschäft eingemischt, Compador-Manager hätten Mitarbeitern der Nordbayernpost gar Weisungen erteilt. Greve und Lübnitz bestreiten das. Es habe lediglich einen Beratungsvertrag mit Compador „im Rahmen der Restrukturierung“ gegeben, so Lübnitz.

Unumwunden gibt Greve aber zu, welchen Inhalt die Beratung hatte. Das Ziel sei ein „kooperatives Wettbewerbsmodell“ gewesen. Die Nordbayernpost-Zusteller sollten Briefe nur noch im eigenen, deutlich geschrumpften Kerngebiet Nürnberg austragen – dort hätten sie Briefträgern der Deutschen Post weiter Konkurrenz gemacht. Die restlichen Sendungen, etwa 40 Prozent der täglich rund 100.000 Briefe, die vor allem in Gebiete außerhalb Frankens gingen, sollte die Nordbayernpost nicht mehr wie vorher üblich über private Briefdienstpartner zustellen lassen, sondern über die Deutsche Post. Die Verträge mit den früheren Partnern kündigte Lübnitz – der Bonner Konzern gewann auf einen Schlag 40.000 Briefsendungen pro Tag.

Die Stärken der Deutschen Post

Für die Großkunden der Nordbayernpost hatte das durchaus Charme: So war sichergestellt, dass die Briefe in der Regel einen Tag nach Einwurf, im Fachjargon „E+1“ genannt, bundesweit zugestellt wurden. Die private Konkurrenz schafft das nur im eigenen, meist regionalen Zustellgebiet. Bundesweite Briefe brauchen eher zwei Tage. Private Briefdienste, die sich etwa in der Mail Alliance zusammengeschlossen haben, akzeptieren den Qualitätsverlust, um sich so wenigstens eine Alternative zur Post zu sichern. Würde die Nordbayernpost als Erster aus diesem System ausscheren und andere dem Beispiel folgen, wäre das zweite Netz aber so gut wie tot – das Monopol der Deutschen Post wäre dauerhaft gesichert.

Ein abgekartertes Spiel?

Paketzusteller im Visier
Wallraff als GLS-Mitarbeiter Quelle: dpa
Hermes Quelle: dapd
DPD Quelle: Pressebild
DHL Quelle: dpa
UPS Quelle: dapd

Die Post will davon nichts wissen. „Wir achten als Minderheitsgesellschafter peinlichst genau darauf, dass wir uns in die Geschäfte von Compador nicht einmischen“, sagt Manager Dünnwald. „Wir lassen dem Management freie Hand.“ Angesichts zahlreicher Gespräche, die das Compador-Management im vergangenen Jahr im Vorfeld des Einstiegs der Deutschen Post mit Top-Managern in Bonn geführt hat, wirkt diese Argumentation schwer nachvollziehbar. Greve gibt immerhin zu, dass Gespräche auch darüber geführt wurden, ob ein Einstieg strategisch passen würde. Details seien hingegen nicht Thema gewesen.

Die Schwächen der Deutschen Post

Unbeantwortet bleibt angesichts dieses ausgeklügelten Geschäftsmodells bis heute die Frage, warum die Nordbayernpost am Ende doch nicht überlebt hat. Ende September entschloss sich Lübnitz zur Liquidierung, weil ihm „die Restrukturierung nicht gelungen ist“. Die Wettbewerber vermuten eher ein abgekartetes Spiel: Es liege nahe, „dass der Erwerb der Nordbayernpost auf Veranlassung des Gesellschafters von Compador, Deutsche Post AG, erfolgt ist, um Nordbayernpost vom Markt zu nehmen“, heißt es in einem Anwaltsschreiben des Bundesverbands Briefdienste (BBD) an die Bundesnetzagentur.

Der Post-Konzern weist die Vorwürfe als „haltlos“ zurück. So auch Greve, der darauf hinweist, dass er so ja potenzielle Kunden, an die er Sortiermaschinen verkaufen könnte, verliere würde. Auch Lübnitz verwahrt sich „aufs Äußerste gegen ehrenrührige Unterstellungen, die mich zur Marionette degradieren“.

Geschäftsdetails über Kunden der Postcon muss sich Compador künftig jedenfalls anders beschaffen. Das Landgericht Düsseldorf hat Compador per einstweiliger Verfügung im September verboten, Postcon-Mitarbeiter aufzufordern, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse weiterzugeben, insbesondere über Probleme mit Kunden, sowie über interne Schwierigkeiten und Probleme mit Postcon-Mitarbeitern zu berichten.

Verhandelt wird im November.

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