
Das Bonner Arbeitsgericht entscheidet am Donnerstag (10.30 Uhr) erneut über den Einsatz von Beamten im Poststreik auf Arbeitsplätzen von streikenden Angestellten. Das Gericht hatte diese Einsätze Ende Mai für rechtmäßig erklärt, wenn sie freiwillig erfolgen.
Nun will die Gewerkschaft Verdi aber in insgesamt 22 Fällen Beweise dafür vorlegen, dass Beamte mit ihrem Einsatz nicht einverstanden waren und protestiert haben. Trifft dies zu, dann würde der Beamten-Einsatz möglicherweise einer Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes von 1993 widersprechen. Das höchste deutsche Gericht hatte damals den „zwangsweisen“ Einsatz von Beamten bei Angestelltenstreiks der Post untersagt.
Post-Streik: Was Sie jetzt wissen müssen
Im Januar überrumpelte die Deutsche Post die Gewerkschaft Verdi mit einem ungewöhnlichen Schritt: Der Bonner Konzern gründete 49 Regionalgesellschaften mit dem Namen Delivery GmbH. Dort werden seit April Paketboten zu den Bedingungen des Logistiktarifvertrags beschäftigt. Sie erhalten damit rund 20 Prozent weniger Lohn als ihre Kollegen, die nach dem Post-Haustarif bezahlt werden.
Die Gewerkschaft Verdi fordert, dass die Post diesen Schritt wieder rückgängig macht. Seit April hat Verdi deshalb regelmäßig zu Warnstreiks aufgerufen, seit Anfang Juni führt die Gewerkschaft einen unbefristeten Streik. Mehr als 32.000 Post-Mitarbeiter haben ihre Arbeit niedergelegt.
Am 3. Juli wollen der Post-Vorstand und Verdi ihre Verhandlungen fortsetzen. Der Streik soll jedoch weiterlaufen, bis es eine endgültige Einigung gibt.
Die Lage ist unübersichtlich, aber zumindest bemüht sich die Post um die Information ihrer Kunden. Regionale Schwerpunkte gibt es bei den Streiks nicht. Auf der Internetseite der Post mit den Streikinformationen kann anhand der Postleitzahl geprüft werden, ob der Ausstand vor Ort eine Rolle spielt. Dabei können Kunden anhand der Postleitzahl prüfen, ob die Briefträger vor Ortstreiken oder ein zuständiges Briefverteilzentrum bestreikt wird, also ob beim Empfang oder dem Versand mit Verzögerungen zurechnen ist. Außerdem bietet die Deutsche Post eine Kundenhotline unter der Rufnummer 0228 /76367650 an.
Nein, zumindest nicht generell. Beim normalen Versand von Standardbriefen oder Paketen lehnt die Post seit jeher Garantien für das Einhalten eines bestimmten Lieferdatums ab. Das Risiko, dass ein Brief oder Paketrechtzeitig ankommt, trägt immer der Versender. Weil nicht überall gleichzeitig gestreikt wird, bleiben Briefe aber in der Regel nur einen Tag liegen. Wer dringende normale Briefe und Pakete ein paar Tage früher verschickt, sollte keine Probleme bekommen.
Ja, zum Beispiel beim Expressversand oder der Versendung als Einschreiben. Bei diesen Versandarten verpflichtet sich die Post dazu, einen bestimmten Zustelltermin einzuhalten. Hält sieden Termin nicht ein, muss sie für Schäden haften haften. Dafür verlangt sie auch ein deutlich höheres Porto als beim Standardversand. Die Express-Sendungen übernimmt bei der Deutschen Post ein Dienstleister, der vom Streik verschont bleibt. Allerdings haben Kunden bei Verspätungen aufgrund von Streiks auch hierkeinen rechtlichen Anspruch auf Schadenersatz, da Streiks als Haftungsgrund in den AGB der Post explizit ausgeschlossen sind. Solange die Express-Sparten nicht bestreikt werden, können sich Kunden also auf das rechtzeitige Eintreffen von Express-Sendungen verlassen.
Selbst wenn es eine Versicherung gäbe, die für die Haftung infrage käme: Ein Streikgilt juristisch als höhere Gewalt. Dafür ist laut Gesetzeine Haftung ausgeschlossen, also auch wenn Postsendungen streikbedingt zu spät kommen. Wer also beispielsweise Konzertkarten per Postverschickt, die dann erst nach der Veranstaltung beim Empfängereintreffen, steht selbst in der Haftung
Verbraucherzentralen weisen etwa bei Kündigungsschreiben darauf hin, dass sich Verträge verlängern, wenn das Kündigungsschreiben erst nach Ablauf der Frist beim Empfängereintrifft. Die Regeln zu Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristensind in den Verträgen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen fixiert. Kündigungen bedürfen grundsätzlich der Schriftform, wenn es der Vertragspartner in seinen Geschäftsbedingungen nicht anders geregelt hat. Vom Streik Betroffene sollten das Vertragswerk daher prüfen und gegebenenfalls alternative Versandmethoden nutzen oder den Vertragspartner um einen Fristverlängerung bitten. Kulante Vertragspartner dürften für die Dauer des Streiks darauf eingehen.
Beiden Paketzustellern gibt es bekannte Wettbewerber wie Hermes, GLS, DPD und andere. Bei Briefen sind Alternativen für Privatkunden rar. Post-Konkurrenten wie TNT oder PIN arbeiten nur für Firmenkunden, Betriebe können sie also nutzen. Je nach Region gibt es allerdings auch für Privatpersonen alternative Briefzusteller. Eine Übersicht der Anbieter bietet zum Beispiel posttipp.de. Aber vielleicht geht es auch ohne Brief, zum Beispiel mit dem per Fax oder mitpersonifizierter und verschlüsselter DE-Mail, wie sie Telekom und Internetdienstleister wie web.de, GMX oder 1&1 anbieten. Zu den Sicherheitsstandards informiert Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik(BSI) auf seinen Online-Seiten. Wem das zu umständlich ist, kann Briefe entweder selbst beim Empfänger einwerfen - am besten im Beisein von Zeugen -oder sich beim Empfängererkundigen, ob der auch normale E-Mails akzeptiert.
Hier besteht im Prinzip kein zusätzliches Risiko. Ein Kaufvertrag über online bestellte Waren kann innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden. Zur Einhaltung der Widerrufsfrist ist es ausreichend, wenn die Wareinnerhalb dieses Zeitraums abgeschickt wird. Allerdings sollte dann als Nachweis für den rechtzeitigen Versand der Einlieferungsbeleg aufbewahrt werden.
Zum einen setzt die Post in den Verteilzentren vorrübergehend auch Mitarbeiter der Verwaltung ein. Die noch immer rund 40.000 Beamten bei der Postdürfen nicht streiken und müssen teilweise aushelfen. In grenznahen Regionen springen auch Post-Mitarbeiteraus dem Ausland ein. Dadurch kamen am ersten Streiktag immernoch neun von zehn Postsendungen pünktlich. Zum Glück können die Sortiermaschinen in den Verteilzentren nicht streiken. Durch den Einstieg der Briefzusteller in den Streik wird es aber voraussichtlich zu deutlich mehr Verspätungen kommen.
Die Post ist der Auffassung, dass die Beamten-Einsätze sich streng im rechtlichen Rahmen bewegen. Das werde in jedem Einzelfall geprüft. Neben ihren rund 140.000 Angestellten hat die Post etwa 38.000 Beamte. Sie dürfen nicht streiken und einige werden bei Streiks im Rahmen von Notfallplänen immer wieder auch für Arbeiten von Angestellten-Kollegen eingesetzt.
Die Gewerkschaft sieht darin die Durchschlagskraft der Streiks und damit ihre gesetzlich geschützten Rechte eingeschränkt. Die Post zeigte sich im Vorfeld des Prozesses optimistisch: Die Deutsche Post AG habe bisher sämtliche Verfahren zu diesem Thema gewonnen, sagte ein Sprecher.
In dem Tarifkonflikt fordert die Gewerkschaft Verdi eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich sowie 5,5 Prozent mehr Geld. Mit der Arbeitszeitverkürzung will Verdi einen Ausgleich schaffen für die Gründung von schlechter bezahlten Paketgesellschaften bei der Post, in denen derzeit bereits rund 6000 Menschen arbeiten.
Die Post will davon aber nicht abrücken, weil sie sonst bei den Personalkosten mit der Konkurrenz nicht mithalten könne. Die Gesellschaften seien „nicht verhandelbar“, sagte Postchef Frank Appel der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ (Donnerstag). Nach fast vier Wochen bundesweitem Streik verhandeln die Parteien dazu an diesem Freitag und Samstag wieder im rheinland-pfälzischen Bad Neuenahr.
Beamte dürfen dienstliche Anweisungen nicht ablehnen, um nicht gegen Gesetze zu verstoßen. Sie haben aber die Möglichkeit, beim Dienstherren offiziell Beschwerde gegen den Auftrag einzulegen. In dem Prozess wird es unter anderem um die Frage gehen, ob man bereits von einem „zwangsweisen“ Einsatz sprechen kann, wenn eine solche Beschwerde vorliegt.
Außerdem ist strittig, ob die Tätigkeit der Beamten tatsächlich identisch mit dem ist, was die jetzt streikenden Angestellten vorher getan haben. Im Rahmen der Notfallpläne werden die Abläufe und Tätigkeiten vielfach umorganisiert. Die Post-Anwälte hatten bei der ersten Verhandlung argumentiert, dass die eingesetzten Beamten dadurch eine andere Tätigkeit ausübten als vorher die Angestellten.