Deutsche Post und StreetScooter Die lang erwartete Ernüchterung

Frank Appel, Vorstandsvorsitzender der Deutsche Post DHL Group Quelle: dpa

Vor sechs Jahren war sich Post-Chef Frank Appel sicher: Bis zum Jahr 2020 soll der Konzern fünf Milliarden Euro Gewinn machen. Das ist vielleicht nicht einzuhalten. Ein Grund dafür ist das Ende des StreetScooters.

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Wie die Welt in sechs Jahren aussehen wird, das trauen sich nicht viele vorherzusagen. Frank Appel wohl. Der Vorstandsvorsitzende der Deutsche Post DHL wollte dem Finanzmarkt Sicherheit geben und sich selbst Ziele setzen. Deshalb trat er im Jahr 2014 vor die Presse und verkündete: Bis zum Jahr 2020 soll der Logistikkonzern fünf Milliarden Euro Gewinn vor Zinsen und Steuern einspielen.

Appel hat lange daran festgehalten. Als die Fracht-Sparte 2015 in einem IT-Debakel versank und eine halbe Milliarde Euro abschreiben musste, sagte er: Die Post nehme die „kurzfristigen Belastungen unseres Ergebnisses in Kauf, um unsere langfristigen Ziele zu erreichen.“ Als die Paketsparte schlechte Zahlen schrieb und aufwändig saniert werden musste, sagte er: „Wir haben damit die Voraussetzungen geschaffen, um unsere Ziele für 2020 zu erreichen“.

Nun sagt er erstmals: Das Ergebnisziel für 2020 stehe „unter Vorbehalt“. Für Anleger der Deutschen Post DHL ist das eine Ernüchterung. Der Kurs der Aktie verlor daraufhin mehr als fünf Prozent.

Eine Überraschung aber ist die Nachricht nicht. Es war lange klar, dass Appel um sein Ergebnisziel kämpfen muss. 2019 hat der Konzern 4,13 Milliarden Euro Gewinn gemacht – damit fehlt Appel auf der Zielgraden noch eine Milliarde Euro. Welche Faktoren nun zum Stolperstein werden, damit hat er wohl selbst kaum gerechnet.

Zum einen belastet die Coronavirus-Epidemie das Geschäft: „Eine weltweite Krise wie das Coronavirus geht nicht spurlos an uns vorbei“, sagte Appel. Alleine im Februar berechnet der Konzern die Auswirkungen durch die Krise auf 60 bis 70 Millionen Euro. Bereits vor knapp zwei Wochen hat die Post die Annahme von Paketen nach China gestoppt. Auch nach Italien ist der Versand eingeschränkt. Wie teuer das Virus die Post am Ende kommt, entscheidet sich wohl daran, wie lange die Epidemie noch andauert – und wie viele Handelseinschränkungen sie nach sich zieht.

Härter trifft die Deutsche Post DHL aber der zweite Faktor: Der StreetScooter. Lange galt der Elektro-Zustellwagen als Hoffnungsträger und Erfolgsgeschichte, als Beispiel für die Umweltfreundlichkeit und Innovationskraft eines Logistikkonzerns. Doch diese positiven Assoziationen verpufften nach und nach. Erst entzweite sich Vorstandschef Frank Appel mit dem StreetScooter-Förderer und ehemaligem Paketvorstand Jürgen Gerdes. Dann stellte der Konzern die Elektrolieferwagen-Tochter zum Verkauf ins Schaufenster. Bis 2019, betonte Appel immer wieder, soll eine Lösung für den StreetScooter gefunden sein. Autobauer wolle die Deutsche Post nicht werden. Appel holte sogar noch einen neuen CEO aus dem Silicon Valley ins Haus, es half nichts.

Der StreetScooter wird keine weltweite Marke. Und die Post wird ihn nicht mehr los. Die Investorensuche scheiterte. Autohersteller und Zulieferer leiden eh, seit dem Ausbruch des Coronavirus noch mehr. Keiner war bereit, den StreetScooter zu kaufen. 100 Millionen Euro Minus hat die Elektroauto-Tochter der Post alleine 2019 beschert. Im nächsten Jahr erwartet der Konzern noch mal 300 bis 400 Millionen Euro an Kosten für die Abwicklung des StreetScooters.

11.000 StreetScooter hat die Post gebaut. Mehr als 15.000 sollen es nicht werden. Der Konzern will die Produktion noch in diesem Jahr einstellen. Man wolle sich nun auf den „Betrieb der aktuellen StreetScooter-Bestandsflotte konzentrieren“, heißt es offiziell. Das Personal müsse mit einem Stellenabbau rechnen.

Es ist ein teures Ende. Und ein trauriges.

Frank Appel hält sich mittlerweile mit seinen Vorhersagen zurück.

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