
Auf die Deutsche Post rollt eine weitere Welle von Warnstreiks in der Paket- und Briefzustellung zu. Postkunden werden sich dabei wieder auf verspätete Sendungen einstellen müssen. Nachdem Verdi und das Post-Management am Dienstag keine Annäherung in der Frage der Arbeitszeitverkürzung erzielt hatten, kündigte die Gewerkschaft am Mittwoch an, erneut zu Arbeitsniederlegungen aufzurufen. Dabei werde es zu spürbaren Einschränkungen bei der Paket- und Briefzustellung kommen, sagte ein Verdi-Sprecher.
Einen genauen Zeitpunkt des Streikbeginns nannte die Gewerkschaft nicht. Wie schon bei den Warnstreiks kurz vor Ostern werden die Verdi-Landesbezirke kurzfristig zu Arbeitsniederlegungen aufrufen, wie der Sprecher sagte. So soll verhindert werden, dass sich die Post mit Gegenmaßnahmen wappnet und die Streikaktivitäten unterläuft.
Was die Post mit ihrer Strategie 2020 erreichen will
Auch der Kohlenstoffdioxid-Ausstoß soll verringert werden: Bis 2020 will die Post ihre Energie-Effizenz um 30 Prozent verbessern. Vor kurzem kaufte der Dax-Konzern zum Beispiel den deutschen Elektroauto-Entwickler Streetscooter auf.
Die Aktie Gelb soll weiter steigen: Post-Chef Frank Appel möchte zur ersten Wahl für Anleger werden. Zwischen 40 und 60 Prozent des Nettogewinns sollen die Aktionäre jährlich als Dividende ausgeschüttet bekommen.
Auch die Kundenzufriedenheit soll steigen - auf über 80 Prozent. Nach Recherchen der WirtschaftsWoche beschwerten sich allerdings vor allem deutsche Großkunden zuletzt über die Briefzustellung.
Der Gewinn ist die wichtigste Ziellinie in der Strategie 2020: Bis zum Ablauf der Frist will Appel fünf Milliarden Euro Plus machen. Dazu müsste er pro Jahr den Gewinn um acht Prozent steigern. Die Brief- und Paketsparte, die ihren Umsatz vor allem in Deutschland macht, soll drei Prozent Gewinnsteigerung pro Jahr dazu beisteuern - das Expressgeschäft, die Logistik- und Speditionssparten müssen zehn Prozent mehr im Jahr verdienen.
Kein anderer Dax-Konzern hat so konkrete und zugleich so ehrgeizige Ziele.
In Deutschland hat der durch den Onlinehandel ausgelöste Paketboom die Deutsche Post weit nach vorne getrieben. Jetzt will der Bonner Konzern diesen Effekt auch in den Schwellenländern mitnehmen: Bis 2020 soll sich der Marktanteil in diesen Regionen von 22 auf 30 Prozent erhöhen. Der Fokus liegt dabei auf Brasilien, Indien, China, Russland und Mexiko.
Auch bei den Mitarbeitern möchte die Post die erste Wahl sein. Ziel des Vorstand ist es, in den Mitarbeiterbefragung eine Zustimmungsquote von über 80 Prozent zu erlangen. Zuletzt lag die Quote bei ungefähr 70 Prozent.
Zugleich will Verdi auf diesem Wege das Unternehmen dazu bewegen, ein „verhandlungsfähiges“ Angebot vorzulegen. Die Tarifpartner haben für den 27. und 28. April in Siegburg bei Bonn eine weitere Verhandlungsrunde verabredet.
Für die 140.000 Tarifbeschäftigten fordert die Gewerkschaft eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 38,5 auf 36 Stunden mit vollem Lohnausgleich. Das Post-Modell zur Neuregelung der Wochenarbeitszeiten wies Verdi bei den Gesprächen in Berlin zurück. Das Unternehmen sei nicht bereit gewesen darzulegen, wie sich sein Vorschlag auf den Monatslohn auswirkt, kritisierte die stellvertretende Verdi-Bundesvorsitzende Andrea Kocsis.
Der Konzern hatte vorgeschlagen, die wöchentlichen Arbeitszeiten über eine individuelle Spreizung von 34 bis 41 Stunden neu zu regeln. Allerdings pocht das Unternehmen darauf, erst dann über einen Lohnausgleich zu verhandeln, wenn die Gehaltsforderung von Verdi für die anstehende Entgelttarifrunde auf dem Tisch liegt. Bis dahin könne nicht ernsthaft über einen Lohnausgleich verhandelt werden, erklärte Post-Personalchefin Melanie Kreis.
Hintergrund des Tarifkonflikts sind der Aufbau eines flächendeckenden Netzes für die Paketzustellung und die Auslagerung von Jobs in Tochterfirmen mit niedrigem Lohnniveau. Darin sieht Verdi einen Bruch tarifvertraglicher Vereinbarungen über einen Schutz bei der Fremdvergabe in der Paket- und Briefzustellung. Hierfür hätten die Beschäftigten auf arbeitsfreie Tage und Kurzpausen verzichtet. Die Post weist darauf hin, dass die fest angestellten Postmitarbeiter von der Neugründung der Regionalgesellschaften gar nicht betroffen seien. Vielmehr würde dort besonders den befristet Beschäftigten ein fester Job angeboten.