Deutscher Luftraum für Boeing 737 MAX gesperrt Sollen die Maschinen überhaupt weiterhin fliegen dürfen?

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Piloten sollen nun das Notverfahren lernen – aber reicht das?

Auf diesen Fall hat Boeing inzwischen reagiert. Seit dem Vorfall hat der Hersteller das Pilotenhandbuch entsprechend geändert. Dazu hat er alle Fluglinie angewiesen, dass sie ihr Cockpitpersonal entsprechend trainieren müssen und wie sie das tun können. „Nun könnte das Notverfahren eigentlich jeder beherrschen“, so ein Pilot.

Doch ob und wie die Anweisung von den Airlines umgesetzt wurde, ist nicht klar. So meldet etwa die generell vorsichtige Internetseite Aviation Herald, im von Amateuren abgehörten Funkverkehr der Ethiopian-Maschine sei von „unzuverlässiger Geschwindigkeitsangabe“ die Rede gewesen. Das deutet auf ein Problem mit Sensoren und MCAS hin. Doch es ist auch ein Hinweis, dass die Piloten trotz der neuen Trainingsanweisungen nicht mit dem Fall umgehen konnten. „Wenn das System automatisch die Steuerung ändert, tut es das deutlich sichtbar. Das kann eigentlich keiner übersehen und überhören“, so ein Pilot und mutmaßt vorsichtig: „Es ist nicht unmöglich, dass am Ende so viel zu tun war, dass einer der Kollegen mangels Erfahrung nicht mehr mitkam – und/oder beide das MCAS nicht mehr abgestellt haben.“

Warum die Behörden im Westen trotz der Fakten nun anders reagieren als die in China und Indonesien, ist für Fachleute nicht zu erkennen. „Klar ist jedoch: Ein totales Grounding zum jetzigen Wissensstand ist unüblich“, sagt ein führender Manager einer Fluglinie. Er erklärt das Vorpreschen der asiatischen Ämter mit einer extremen Vorsicht. „Die wollen sich hinterher auf gar keinen Fall einen Fehler oder auch nur eine Nachlässigkeit nachsagen lassen. Das gilt besonders bei einem amerikanischen Produkt angesichts des Handelskonflikts mit den USA.“

Dagegen könnte die Zurückhaltung der westlichen Aufseher gerade daher rühren, dass sie näher an der Ermittlung dran sind. Denn sofort nach dem Crash reisten Vertreter von FAA sowie wohl auch NTSB und EASA nach Äthiopien. „Und sie bekommen erfahrungsgemäß auch von Boeing auch mehr vertrauliche und vorläufige Dinge als die Chinesen“, sagt der Manager.

Dazu gehören auch Informationen zu den geplanten technischen Änderungen. So bekräftigte Boeing gestern Abend erneut, dass die Software für das MCAS-System überarbeitet werde und in ein paar Wochen fertig sei. Dann soll das System auf falsche und gefährliche Daten anders reagieren.

Doch so nötig die Änderung auch ist, die Einführung des Updates geht nicht schneller. Dafür sorgen gerade die hohen Sicherheitsanforderungen der Branche „Eine solche Neuerung wird erst gründlich und in allen Lagen getestet, damit sie nicht wieder in einem Fall für unerwartete Probleme sorgt“, so Großbongardt.

Somit werden wohl erstmal die meisten Boeing 737 MAX weiterfliegen – und alle Beteiligten von den Airlines über Boeing bis zu den Behörden die Berichte ihrer Piloten nach der Landung auf Besonderheiten untersuchen. „Kommt da noch eine Auffälligkeit dazu, kann es sofort zu einem Grounding kommen“, so der Manager einer großen Fluglinie.

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