Deutschland-Chef Haagensen Wie Easyjet wachsen will

Seite 2/2

„Wir wollen in jedem Markt die Nummer eins oder eine starke Nummer zwei sein“

Genügt das, um Kunden auf Dauer von Lufthansa und Eurowings wegzulocken, besonders wenn Easyjet kein Vielflieger-Programm wie Miles & More hat?
Warum nicht? Ich denke, fast alle Kunden wollen kein kompliziertes Rabattsystem, sondern sicher und günstig fliegen. Im Übrigen haben auch wir eigene Treueprogramme wie Easyjet Plus oder den Flight Club.

Die kennt aber zumindest in Deutschland fast keiner.
Das mag sein, aber wer die Programme kennt, mag sie. Darum wollen wir da auch mehr machen.

Was genau planen Sie?
Da sind wir noch relativ früh im Prozess. Aber klar ist: Wir machen kein konventionelles Programm, bei dem Kunden Meilen verdienen und einlösen.

Die Lufthansa will auch dank ihrer starken Kundenbindung Preise erhöhen. Wird das gelingen?
Das müssen Sie Lufthansa fragen. Aus meiner Sicht ist das gerade nicht ganz leicht. Sicher müssen wir Fluglinien höhere Kosten etwa für das Kerosin irgendwie weitergeben. Doch gerade in Deutschland gibt es ein eher zu großes Angebot. Da sehe ich nicht viele Möglichkeiten für höhere Preise.

An dem Überangebot sind auch Sie schuld. Nachdem Sie lange nur sechs bis acht Prozent im Jahr zugelegt haben, waren es zuletzt gut zehn Prozent. Wird das so bleiben?
Nein. Wir werden ab 2019 wieder zum alten Kurs zurückkehren. Denn wir wollen uns nicht einfach verbreiten, sondern in jedem Markt die Nummer eins oder eine starke Nummer zwei sein. Nur dann sind wir nachhaltig profitabel und haben eine so starke Bilanz, um Gelegenheiten zu nutzen, wie jetzt nach dem Ende von Air Berlin.

Wollen Sie denn in Deutschland auch in anderen Orten als Berlin wachsen?
Natürlich. Allein schon, weil wir mehr Flüge aus Berlin nach Köln oder Stuttgart anbieten.

Aber planen Sie auch eine weitere Basis? Wenn Sie irgendwo die Nummer eins oder zwei sein wollen, müssen Sie Ryanair und Lufthansa überholen. Da kommt in Deutschland eigentlich kein Ort mehr in Frage.
Natürlich ist es nicht leicht. Doch die Kunden suchen immer nach einer Alternative. Wenn ich eines über die Flugbranche gelernt habe, dann dass es immer Möglichkeiten gibt.

Wachsen wollen Sie auch außerhalb des Ticketverkaufs. Was haben Sie vor?
Wir haben gut 20 Millionen Kunden. Aber erst eine halbe Million kauft bei uns neben dem Ticket auch eine Übernachtung oder einen Mietwagen. Wenn wir da interessante Hotels und gute Preise bieten, haben wir Erfolg.

Derzeit machen Sie gerade rund ein Prozent Ihres Umsatzes mit dem Bereich. Was ist das Ziel?
Wir haben da keine feste Zielgröße. Doch es soll deutlich mehr werden.

Solch ein Reisekaufhaus planen fast alle Fluglinien. Wie wollen Sie denen und Internetseiten wie Booking.com die Kundschaft abjagen?
Wir müssen gar keine neuen Kunden gewinnen, sondern nur unseren heutigen Kunden etwas Besseres anbieten.

Und wie?
Indem wir unsere Daten besser nutzen. Natürlich haben andere mehr Daten. Doch wir brauchen auch nicht so viele Angaben. Wir müssen vor allem was wir haben ordnen und besser nutzen. Wer einen Flug übers Wochenende bucht, ist kein Geschäftsreisender und sucht wahrscheinlich auch ein Ferienhotel. Dafür investieren wir in eine bessere Datenverarbeitung.

Läuft das denn so gut? Immerhin mussten Sie den Plan einer neuen IT-Plattform erstmal begraben und begnügen sich nun mit dem Umbau Ihrer bestehenden.
Das war keine Not. Wir haben erkannt, dass es schneller geht und vor allem weniger riskant ist, wenn wir nicht auf einen Schlag das ganze System erneuern, sondern einen Teil nach dem anderen. Wie wichtig uns die Datenverarbeitung ist, erkennen sie auch daran, dass unser neuer CEO Johan Lundgren mit als erstes mit Luca Zuccoli einen Chief Data Officer ernannt hat.

Und welche Produkte stößt der so an?
Wir investieren viel Geld in neue Anwendungen, etwa indem wir anhand der Flugdaten den richtigen Zeitpunkt für die Wartung vorhersagen. Dazu testen wir seit dem Frühjahr einen Pünktlichkeits-Algorithmus, mit dem wir anhand der Flugzeugdaten, der Wettervorhersage oder Engpässen bei den Lotsen mögliche Probleme und Verspätungen schon am Morgen erkennen. Dadurch können wir entsprechend umplanen und die Passagiere informieren. Und die ersten Ergebnisse zeigen, dass wir dadurch pünktlicher geworden sind.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%