DHL Express Konkurrenz warnt schon vor Absturz – Post setzt trotzdem weiter auf Online-Handel

Wie weiter mit der Weltwirtschaft? Ein Frachtflugzeug von DHL wartet auf dem Flughafen Leipzig/Halle.  Quelle: dpa

Gestiegene Treibstoffpreise und weniger Internetkäufe belasten das Geschäft der Deutschen Post. Besonders die Konzernsparte mit dem größten Gewinn hofft unverdrossen auf weltweites Handelswachstum – und das sogar in einer Rezession.

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Kurzen Atem kann man John Pearson wahrlich nicht vorwerfen. Als junger Mann zog der Brite nach Bahrain, um für die Zusteller der DHL an den Türen reicher Ölmultis anzuklopfen und sie mit Paketen zu beliefern. Das war Ende der 1980er. Mehr als 35 Jahre später arbeitet Pearson immer noch für das Unternehmen, das später von der Deutschen Post gekauft wurde. Seit 2019 leitet er sogar als Konzernvorstand die Expresssparte, also das Geschäft mit den eiligen Lieferungen per Flugzeug.

Die Division mit einer Frachtflotte von 260 Fliegern – der größten in der Branche – ist seit geraumer Zeit der Gewinntreiber des Konzerns. Die Pandemie ließ die Zahlen weiter nach oben schnellen. Und auch in den ersten sechs Monaten 2022 erwirtschafteten die Expressdienste fast die Hälfte des Unternehmensgewinns.

Dennoch wird Pearson einen langen Atem brauchen, um die sich hartnäckig einschleichenden Probleme der DHL in den Griff zu bekommen. Schnelle Lösungen sind nämlich nicht in Sicht. Drohend hohe Personallöhne infolge der Inflation und Treibstoffpreise für die Flugzeugflotte treiben die Kosten, weniger Internetbestellungen drücken den Umsatz. Gut möglich, dass im Zuge des Krieges in der Ukraine auch noch der Welthandel einbricht.

Oder doch nicht? Zumindest darauf scheint Pearson zu spekulieren – die volkswirtschaftlichen Argumente für einen Aufschwung liefert er gleich selbst.

Ende vergangener Woche steht der Mann mit der Bürstenfrisur auf einer Bühne in Brüssel, eine Hand lässig in der Hosentasche, die andere schwingt in der Luft. „Ich bin für die kommenden Monate optimistisch“, sagt er bei der Vorstellung des „DHL Trade Growth Atlas”, eines Handelsberichts, den der Konzern zusammen mit der New York University Stern School of Business veröffentlicht. Die überraschende Erkenntnis: Der Handel in den Jahren 2022 und 2023 soll schneller wachsen als in den Durchschnittsjahren der vergangenen Dekade. Lieferkettenprobleme, Energiekosten und Rezession – alles Kurzzeitphänomene. „Handel bleibt ein wichtiger Wohlstandspfeiler“, sagt Pearson und lächelt in die Besucherrunde.

Den Grund für den Optimismus verorten der Dax-Konzern und die Stern-Wissenschaftler vor allem in der Vernetzung der Regionen im globalen Süden. Länder in Asien und der Südsahara sollen profitieren. Vietnam, Indien und die Philippinen bis 2026 zu neuen Handelszentren der Welt aufsteigen, auch weil viele Unternehmen sich von China abwenden.

Deglobalisierung? Nicht mit der Deutschen Post. „Ich sehe keine Regionalisierung der Wirtschaft“, sagt Steven Altman, Stern-Professor und Autor des DHL-Berichts. Eher würden die Distanzen, die Unternehmen beim Handel zurücklegen, aus seiner Sicht noch größer. Prognosen eines massiven Rückschlags für den Welthandel würden durch die Daten „ganz klar widerlegt“.

Um ihre Überzeugung zu untermauern, investiert das Unternehmen kräftig außerhalb seiner Kernmärkte im Westen. Vor allem nach Asien, dem neu erkorenen Handels-Hotspot, fließen Milliarden. In Indien, gab die DHL vor Tagen bekannt, will der Konzern sein Netzwerk ausbauen und 500 Millionen Dollar investieren. Binnen drei Jahren soll sich die Zahl der Mitarbeiter allein im Bereich der Supply Chain auf 25.000 verdoppeln. Das Unternehmen geht davon aus, dass der indische Logistikmarkt mit einem Volumen von mehr als 200 Milliarden Dollar in den nächsten fünf Jahren um fast zehn Prozent jährlich wächst. Auch in Vietnam und auf den Philippinen wurde zuletzt kräftig in die Flugzeugflotte investiert.

Den größten Handelstreiber sieht Express-Chef Pearson aber im anhaltenden Wachstum des E-Commerce – trotz der gegenwärtigen Flaute. „In der Pandemie haben wir unseren Kunden geraten, ihren Handel für andere Länder zu öffnen und Produkte online anzubieten – was dann passierte waren massive Verkaufssprünge“, erzählt Pearson. Fast jedes zweite Produkt, dass die Express-Sparte verschickt, wird mittlerweile online bestellt. Der Anteil am Umsatz liegt bei einem Viertel. Tendenz steigend, auch weil Kunden im Netz immer größere und teurere Produkte kaufen. Internetshops für Business-Güter boomen, davon profitiert auch die Post. „Unternehmen bestellen heute auch Rolls-Royce-Maschinen oder Werkzeuge von Hilti online. Dieser Trend geht nicht weg.“

Konkurrent FedEx streicht erste Flüge

Den positiven Blick kurz vor dem wichtigen Weihnachtsgeschäft teilen in der Logistik bei weitem nicht alle. Der Zustell-Riese FedEx strich vor Kurzem die Jahresprognose, die in Hongkong ansässige Airline Cathay Pacific warnt vor einem Gewinneinbruch. Bei Beobachtern gelten beide Unternehmen wegen ihrer hohen Frachtkapazität als Gradmesser für die kommende Entwicklung. Der amerikanische Lieferant FedEx meldete am Freitag, dass die Transportvolumina abstürzen, das Unternehmen reduziert Frachtflüge, streicht Lager und parkt vorübergehend sogar einige Jets. „Wir gehen davon aus, dass die diesjährige Saison vielleicht nicht der im vergangenen Jahr ähneln wird“, informierte Cathay Pacific seine Kunden.

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Zwar hätten sich die Verkaufszahlen im Netzt zuletzt verlangsamt, gesteht auch Postmann Pearson. „Aber sobald die Leute wieder Geld in der Tasche haben, wird der Markt genau auf dem hohen Niveau starten, auf dem er sich vorher befand.“ Was kurzfristig passiert, dafür hat Pearson scheinbar einfach kein Interesse. Wenn sich das mal nicht rächt.

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