DHL und Hermes Paketdienste und Onlinehandel: Ende einer Allianz

DHL und Hermes sind in Schwierigkeiten. Quelle: imago images

DHL und Hermes sind in Schwierigkeiten: Das Geschäft läuft nicht, beide tauschen Manager aus. Die Paketdienste können mit dem Wachstum und der Macht der großen Onlinehändler wie Amazon nicht mithalten.

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Frank Appel hat sein Jackett ausgezogen, er sitzt in einem Ledersessel in seinem Büro und sinniert über Amazon. Mal wieder. Appel ist Vorstandsvorsitzender der Deutschen Post DHL, sein Büro ist im 40. Stock des Post-Towers, mit Blick über ganz Bonn bis ins Siebengebirge. Gelb steht hier für die Post, und sonst für keinen Konzern. Und trotzdem musste er in den vergangenen Jahren in Interviews wohl fast so oft über Amazon sprechen wie über sein Unternehmen.

„Die Frage ist doch: Sind Unternehmen wie Amazon eine gute oder schlechte Nachricht für uns?“, fragt Appel und antwortet gleich: „Natürlich eine gute, wir haben von Amazon enorm profitiert und ich bin davon überzeugt, dass das auch so bleibt.“ Die Abhängigkeit sei gegenseitig. „Wir brauchen Amazon und Amazon braucht uns.“

Das ist die Formel, an die sich Paketdienste wie DHL und Hermes in Deutschland jahrelang gehalten haben. Es herrschte eine Allianz zwischen den Lieferdiensten und den Onlinehändlern: Immer mehr Onlinehandel bedeutet immer mehr Pakete. Gemeinsam wollten Paketdienste und Onlinehändler groß und stark werden.

Doch dieser Plan geht nicht mehr auf. Deshalb stecken die größte Paketdienste Deutschlands nun beide in Schwierigkeiten: Hermes verzeichnete im vergangenen Geschäftsjahr einen herben Verlust von 5,9 Millionen Euro. Und die Deutsche Post DHL vor wenigen Tagen eine krachende Gewinnwarnung herausgeben. Nur 3,2 Milliarden Euro – knapp eine Milliarde weniger als angekündigt – will der Konzern dieses Jahr verdienen.

Beide Konzerne tauschen nun ihre verantwortlichen Manager aus. Bei Hermes müssen Deutschland-Chef Frank Rausch und Manager Dirk Rahn gehen, Nachfolger wird Olaf Schabirowsky. Bei der Deutschen Post DHL tritt der Chef gleich selbst an: Frank Appel übernimmt zusätzlich zu seinen Aufgaben als Vorstandsvorsitzender die Aufräumarbeiten als Paketbereich. Der verantwortliche Vorstand, Jürgen Gerdes, verlässt zum Ende des Monats das Unternehmen – nach dem er noch für wenige Wochen als Innovationsvorstand vor die Presse treten durfte.

Diese Personalentscheidungen sind ein Wendepunkt, nicht nur für Hermes und für DHL. Sie haben Auswirkungen auf die gesamte Paketbranche, und auf den Onlinehandel. Die Allianz zwischen den beiden Branchen ist zerbrochen. Die Paketdienste wollen dem Onlinehandel nun neue Spielregeln aufzwängen. Sie haben keine andere Wahl.

Der Onlinehandel wuchs schneller, als die Paketdienste es hatten kommen sehen. Dieses Wachstum war nicht eingeplant. Nun fehlt es an allen Ecken: Es gibt zu wenig Sortierzentren, es gibt zu wenig Kapazität. Es gibt zu wenig Paketboten, tausende Stellen sind unbesetzt.

Vor allem aber fehlt es an Geld. Der Preis pro Paket ist kaum noch auskömmlich, Schätzungen zu Folge zahlen Amazon, Zalando und Co keine drei Euro pro Lieferung. Gleichzeitig müssen die Paketdienste mehr investieren, in Elektrofahrzeuge für die Innenstadt oder noch mehr Packstationen und Paketkästen. Doch von welchen Erträgen?

„Wir müssen in der Tat darüber nachdenken, wie wir den Gewinn pro Paket steigern“, sagt selbst Post-Chef Frank Appel. Das ist eine Zäsur. Hermes und Co fordern öffentlich schon lange höhere Paketpreise. Doch bisher hat sich DHL – mit 45 Prozent Marktanteil klarer Markführer – sich solchen Forderungen nie angeschlossen.

Doch der Konzern läuft Gefahr, seine hochgesteckten Ziele für das Jahr 2020 nicht zu erreichen. Bis dahin will die Deutsche Post DHL fünf Milliarden Euro verdienen. Bei den aktuellen Problemen im Paketbereich scheint dieses Ziel immer unerreichbarer.

Die Otto-Gruppe, zu der Hermes zählt, will den Umsatz bis 2023 auf 17 Milliarden Umsatz steigern. Doch auch das ist nur möglich, wenn Hermes liefert. Gelingt es Hermes nicht, die nötigen Kapazitäten aufzubauen, kann Otto mit seinem Geschäft kaum expandieren.

Bei der Deutschen Post DHL immerhin haben die Aufräumarbeiten bereits begonnen. Appel will nun Personalkosten abbauen und investiert bis zu 150 Millionen Euro, um Prozesse zu verbessern. Doch die größte Herausforderung ist eine andere: Er muss mit seinen wichtigsten Kunden neu verhandeln. Allen voran Amazon.

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