Die Air-Berlin-Tragödie Wer beim Drama um die Krisenlinie welche Rolle spielt

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"Eine zweite große deutsche Airline wäre wünschenswert"

Doch es gibt Hindernisse. Das erste sind die Wettbewerbshüter. Zwar ist Lufthansa-Chef Spohr optimistisch, dass er bei einer Übernahme nicht auf große Widerstände stößt. Doch es gibt auch genug Stimmen, dass die für eine Fusion dieser Größe zuständigen europäischen Wettbewerbshüter eine Übernahme der Nummer 2 am Markt durch die Nummer 1 nicht ohne Weiteres durchwinken. Einzig wenn der Druck durch eine unmittelbar bevorstehende Insolvenz groß genug ist, könnten die Kartellhürden gesenkt werden. 

Bliebe noch die Summe von 1,2 Milliarden Euro. So viele Schulden hat Air Berlin mittlerweile offiziell angehäuft. Lufthansa hat schon gesagt, dass sie dafür auf keinen Fall gerade stehen will. Aber auch Etihad wird alles dafür tun, diesen Batzen nicht selbst zahlen zu übernehmen zu müssen – oder zumindest von Lufthansa etwa durch eine tiefe Partnerschaft dafür entschädigt zu werden.  

Tui

Für die meisten Beobachter war der Reiseriese au Hannover bislang eigentlich nur einer der Nebendarsteller im Drama. Doch in der vergangenen Woche richtete sich plötzlich die Aufmerksamkeit auf die Ferienflugtochter Tuifly.

 

Der Hintergrund: Tui, Air Berlin und Etihad hatten im Oktober 2016 Pläne für eine Fusion von Tuifly mit der österreichischen Air-Berlin-Tochter Niki bekanntgegeben. Die Gespräche wurden in der vergangenen Woche plötzlich aufgekündigt. Der Schock war groß. Das Abstoßen von Fliegern und Strecken auf den extrem hart umkämpften Ferienstrecken rund ums Mittelmeer war einer der zentralen Punkte in Winkelmanns Plan, um Air Berlin möglichst schnell zu entlasten und gesund zu schrumpfen. 

Doch der geplante, aber noch nicht vollzogene Verkauf der Niki-Anteile von Air Berlin an Etihad soll nach Aussage beider Parteien dennoch über die Bühne gebracht werden. Etihad-Chef Ray Gammell versichert: Die Investition in Niki stehe, "und wir sind bestrebt, die Transaktion in Kürze abzuschließen". Die vereinbarten 300 Millionen Euro für den Deal sind längst geflossen und müssten nun eigentlich von Air Berlin an Etihad zurück überwiesen werden. Doch dank einer cleveren rechtlichen Konstruktion gilt der Deal nur als unterbrochen statt als beendet. Und somit stellt sich die Frage einer Rückzahlung deshalb erst einmal nicht. 

Bis auf Weiteres verantwortet Niki nun als zweites Geschäftsfeld die Urlaubsflüge des Air-Berlin-Konzerns. Getrennt davon führt die Mutter die Langstrecken und den Metropolenverkehr in Europa. 

Die Episode macht deutlich, wie fragil der Rettungsplan für Air Berlin ist – und wie dünn die Chance, es aus eigener Kraft zu schaffen. 

Die Politik

Es wäre die Deus-Ex-Machina-Lösung: Ende vergangener Woche wurde bekannt, dass Air Berlin bei den Landesregierungen in Berlin und Nordrhein-Westfalen eine Voranfrage auf Prüfung eines Bürgschaftsantrags gestellt. Bei einer Bürgschaft fließt zunächst kein Geld. Allerdings könnte Air Berlin mit öffentlicher Rückendeckung wieder leichter an Kredite kommen. 

Ob eine solche Bürgschaft tatsächlich ein gute Idee wäre, ist umstritten. Beim Flughafenverband ADV hofft man auf staatliche Hilfe. Denn sonst kämen die deutschen Airports in die Klemme zwischen der Lufthansa als neuer Monopolist und den extrem hart verhandelnden Billigfliegern, die nach einer Air-Berlin-Pleite die Lücken schließen würden. "Eine zweite große deutsche Airline im Markt wäre wünschenswert – gerade aus Sicht der Reisenden", sagte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel. Kartellrechtler warnen hingegen vor dem Eingreifen der Politik. Andere wie FDP-Chef Christian Lindner oder Justus Haucap, Wettbewerbsexperte und früher Vorsitzender der Monopolkommission, lehnt Bürgschaften ab. "Das würde nur eine falsche Geschäftspolitik und schlechtes Management belohnen", sagte er in der vergangenen Woche. 

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