Die Angst der Urlauber Wie Terroristen den Tourismus verändern

Tunesien, Ägypten, Paris: Terroristen zielen auf Urlauber als Anschlagsopfer. Und wir? Ändern unsere Reisepläne. An den Urlaubsorten hat das verheerende Auswirkungen.

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Hotelbetreiber in Ägypten, Tunesien oder der Türkei fürchten dunkle Zeiten: Aus Verunsicherung und aus Angst vor Terroristen suchen sich Reisende lieber neue Ziele. Quelle: dpa Picture-Alliance

Über Ungarn setzt der Pilot zum Landeanflug an. Eigentlich sollte der Ferienflieger von Condor, Flugnummer DE490, 140 Menschen an Bord, aus Berlin erst im ägyptischen Hurghada am roten Meer landen. Doch dann geht ein Anruf ein, eine "unspezifische Drohung", wie es bei der Airline heißt. Eine Bombe könnte sich an Bord befinden.

In Budapest durchsucht Polizisten Flugzeug und das Gepäck, Sprengstoff finden sie keine. Entwarnung. Nach ein paar Stunden können die Passagiere weiterreisen, ein anderes Flugzeug bringt die Urlauber nach Hurghada.

Die Notlandung ist nur das jüngste Beispiel in einem Jahr voller schlechter Nachrichten für Touristen. Gezielt suchen sich Terroristen Urlauber als Opfer aus: Erst in Tunesien, wo Attentäter im März ein Museum in Tunis stürmten und dann im Juli einen Hotelstrand zum Tatort machten. 62 Menschen starben. In Ägypten, wo wahrscheinlich Attentäter des "Islamischen Staats" einen russischen Passagierjet mit 224 Menschen an Bord über der Sinai-Halbinsel explodieren ließen. Und auch in Paris. "Die Anschläge kommen näher, sie bekommen eine bösere Qualität, und sie hören auch nicht auf", sagt Martin Buck, Chef der Reisemesse ITB.

Diese Nationen verreisen am meisten

Viele Reisende verunsichert das, zumindest für den Moment. Urlauber überdenken ihre Reisepläne, und fassen andere Länder ins Auge. Die Reiseveranstalter unterstützen sie dabei, die großen Pauschalanbieter haben sich längst auf den Wankelmut der Touristenströme eingestellt. Doch in den betroffenen Ländern hat das Ausbleiben der Urlauber gravierende Folgen.

An der Küste in Ägypten und Tunesien ist die Angst groß, dass es diesmal länger dauert, bis die Touristen an die Strände und in die Hotels zurückkehren.

Eigentlich gilt im Tourismus die Regel: Negative Assoziationen verblassen schnell. "Katastrophen und Terroranschläge sind in der nächsten Saison oft vergessen", sagt Tourismusforscher Martin Lohmann vom NIT-Instituts in Kiel. Auch, weil die Urlauber unter der Flut der schlechten Nachrichten abstumpfen. Doch das war, bevor die USA eine weltweite Reisewarnung aussprachen, bevor Frankreich seine Aktivitäten in Syrien verstärkte, und auch Deutschland Aufklärungsflugzeuge und Soldaten in die Region schickte.

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20 Prozent der Deutschen wollen ihr Reiseverhalten nach den Anschlägen von Paris ändern, ergab nun auch eine Umfrage des Forschungsinstituts GfK. Bei Familien mit Kindern waren es sogar 30 Prozent der Befragten, die ihr Reiseverhalten „sicher ändern“ wollen. Touristiker hoffen, dass das nur eine Momentaufnahme ist, entstanden unter den noch frischen Eindrücken der Anschläge in Paris.

Vieles spricht dafür, dass die Menschen nicht weniger reisen, sondern nur zu anderen Zielen. "Jetzt profitieren Ziele wie Spanien und Griechenland, vor allem bei Pauschaltouristen", sagt Tourismusexperte Buck. Die Deutschen zieht wieder zu den beliebten Urlaubszielen der 70er und 80er Jahre: Nach Portugal, an die spanische Mittelmeerküste oder Griechenland. Urlaub im Retro-Schick, da kommt sogar wieder das Hotel im Betonklotzstil in Malaga in Frage. Und dort gibt es im Gegensatz zu Italien oder Frankreich auch freie Kapazitäten.

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