Die Reise-Gurus Wie neue Portale den Urlaub billiger machen

Booking.com und Co. galten lange als die Schrecken der etablierten Reisekonzerne. Nun werden die Angreifer selbst von neuen Rivalen aufgemischt.

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Start-ups wie Urlaubsguru.de machen das Reisen günstiger. Quelle: Presse

Travis Katz ist viel rumgekommen in der Welt. Mehr als 60 Länder hat er bereist, wie er betont. Denn für einen wie ihn gehört der Jetset genauso in den Lebenslauf wie der Stanford-Abschluss.

Vor sieben Jahren hat der US-Amerikaner die Reiseplattform Trip.com gegründet, die seit Beginn des Jahres ihre Dienste auch in Deutschland anbietet. Es ist einer der erfolgreichsten in einer ganzen Reihe neuer Anbieter, die gerade dabei sind, den Urlaubsmarkt auf ein Neues durcheinanderzuwirbeln.

Bisher galten Portale wie Trivago oder Booking.com als die Angreifer, die neue technologische Möglichkeiten nutzen, um etablierte Reisekonzerne wie TUI oder Thomas Cook herauszufordern. Doch Katz und seinesgleichen führen die Branche auf die nächste Stufe der Digitalisierung: Durch den Einsatz sozialer Netzwerke und künstlicher Intelligenz sowie den Fokus aufs Handy sind sie die neuen Schrecken der Reiseindustrie geworden, die die einstigen Newcomer ins Abseits drängen könnten.

Noch im Jahr 2006 buchten die Deutschen gerade mal jede siebte Reise online. Eine Dekade später erledigten sie bereits vier von zehn Reisebuchungen im Netz, wie der Verband Internet Reisevertrieb in einer aktuellen Studie zeigt. Gemessen an den Umsätzen liegt das Internet sogar noch weiter vorn: Von den im vergangenen Jahr hierzulande im Reisegeschäft umgesetzten 62,1 Milliarden Euro entfielen 43 Prozent auf online gebuchte Urlaube – ein Plus von knapp sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für die neuen Angreifer gibt es also einiges zu holen.

Mit Smartphone und künstlicher Intelligenz

Kaum einer hat das so früh erkannt wie Travis Katz. Er will dort mit Reisenden ins Geschäft kommen, wo sie am häufigsten Hilfe brauchen: auf der Reise selbst. Dazu hat er die Webseite und Smartphone-App von Trip.com mit künstlicher Intelligenz und selbstlernenden Algorithmen aufgemotzt. Diese sollen die Kunden mit personalisierten Empfehlungen versorgen, sei es für das Restaurant um die Ecke oder die nächstgelegene Strandbar. In den USA zählt Trip.com bereits über zehn Millionen Nutzer.

Der Clou: „Wir sind speziell für die Smartphone-Ära gebaut, in der es die Nutzer nicht mehr mögen, lange nach Informationen zu suchen“, sagt Katz. Deshalb soll die intelligente Software „so viele Dinge wie möglich datenbasiert vorhersagen“.

Jeder Nutzer ordnet sich selbst in 19 verschiedene Reisekategorien ein – je nachdem, ob er sich eher für Kunst und Geschichte oder für Essen und Outdoor-Aktivitäten interessiert. „Einem Geschäftsreisenden brauchen wir so keine Jugendherberge und einem Rucksacktouristen kein Luxushotel vorzuschlagen.“

Im nächsten Schritt kommt die Intelligenz durch Algorithmen hinzu: Trip.com sammelt beim Start der App viele Informationen über die Umgebung, etwa ob sich der Nutzer in seiner Heimatstadt befindet oder im Urlaub, wie die Zeit vor Ort und wie das Wetter ist. „Wenn es im Urlaub gerade regnet, dann schlägt einem die App keinen Strandbesuch vor, sondern vielleicht ein Museum“, erläutert Katz. „Das bedeutet auch: Unsere App sieht zu jeder Zeit und an jedem Ort völlig anders aus.“

Wo die Welt Urlaub macht

In den USA hat Katz für seine Idee schon 39 Millionen Dollar Risikokapital von namhaften Investoren eingesammelt, darunter ein privates Investment von Eric Schmidt, der einst den Suchmaschinenbetreiber Google leitete und nun dem Aufsichtsrat des in Alphabet umgetauften Konzerns vorsitzt. Auch der Reiseanbieter Expedia hat sich an dem Start-up beteiligt. Für die Buchung von Flügen, Hotels oder Konzerttickets kooperiert Trip.com zudem mit vielen Partnern wie Expedia, Hostelworld oder Sabre.

Denn anders als die analoge Industrie, die die digitalen Angreifer lange Zeit ignorierte, in der Hoffnung, sie würden irgendwann schon wieder verschwinden, weiß man bei den im Netz Geborenen, dass sich der technologische Fortschritt nicht aufhalten lässt: „Mit welcher Technik erfüllen wir die Bedürfnisse der Menschen, und zwar noch bevor sie ihnen bewusst sind?“, beschreibt etwa Gillian Tans, Chefin von Booking.com, die zentrale Frage, die sich ihr Unternehmen stellt. Grund, sich auszuruhen, gibt es für die Internetportale der ersten Stunde nicht.

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