Dieselsubventionen Flixbus fordert Ende des Dieselprivilegs

Der Geschäftsführer von Flixbus, Andre Schwämmlein, fordert das Ende des Dieselprivilegs. Quelle: dpa

Viele Jahre hat die Verkehrsbranche die Subventionen für die Dieseltechnik verteidigt. Doch nach Volkswagen fordert nun auch der Fernbusanbieter Flixbus ein baldiges Ende. Die Bundesregierung gerät unter Druck.

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Volkswagen-Chef Matthias Müller ist gelungen, was nur wenigen deutschen Managern vor ihm gelungen ist. Mit einem einzigen Satz konsternierte er die Bundespolitik. Anfang der Woche forderte er, die Dieselsubventionen schrittweise abzuschaffen. Die Bundesregierung sah sich daraufhin gezwungen, das Dieselprivileg öffentlich zu verteidigen. Sie habe keine Absichten, das steuerliche Privileg für die Motorentechnik abzuschaffen.

Die Grünen konnten ihr Glück kaum fassen, dass ihnen ausgerechnet ein Vertreter der Autoindustrie beigesprungen war. FDP-Generalsekretärin Nicola Beer nannte den VW-Chef dagegen "Diesel-Judas". Wer uralte staatliche Subventionen antastet, kriegt es eben mit den deutschen Liberalen zu tun.

Verkehrte Welt in der Politik und der Automobilbranche. Neue Allianzen schmieden sich, andere zerreißen. Nichts ist mehr wie es war.

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Nun steigt auch der führende deutsche Fernbusanbieter Flixbus in die Debatte ein. „Die Dieselsubventionen gehören sukzessive abgeschafft“, sagt André Schämmlein, Gründer und Chef von Flixbus. „Aus ökologischen Gründen sollte der Staat fossile Kraftstoffe langfristig nicht mehr subventionieren“, so Schwämmlein. „Stattdessen brauchen wir einen Umstieg auf alternative Antriebe und müssen in öffentliche Verkehrsmittel investieren.“ Schwämmlein begrüße daher die Diskussion um die Abschaffung des Dieselprivilegs. „Wir müssen den Wandel weg vom Individualverkehr mit fossilen Kraftstoffen einleiten – und zwar jetzt.“

Flixbus würde eine steuerliche Neubewertung des Diesels selbst hart treffen. Die Fahrzeuge der Fernbus-Flotte fahren mit Diesel-Kraftstoff. Eine Angleichung der Steuersätze würde den Mobilitätsanbieter und seine Partnerunternehmen mit vielen Millionen Euro zusätzlich belasten. Ein Liter Diesel kostet 18 Cent weniger Steuern im Vergleich zum Benzin. Pro Tankladung etwa bei einem Mercedes-Bus spart ein Unternehmen rund 40 Euro.

VW steckt zehn Milliarden Euro in Chinas E-Automarkt
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VW will diese Wette offenbar eingehen: Zumindest auf Chinas rasant wachsenden Markt für E-Autos gehen die Wolfsburger weiter in die Offensive. Zehn Milliarden Euro sollen in den nächsten sieben Jahren zusammen mit den chinesischen Partnern in dem Bereich investiert werden, wie Volkswagen China-Chef Jochem Heizmann auf der Automesse im südchinesischen Guangzhou ankündigte. Rund 40 Fahrzeugmodelle mit alternativen Antrieben sollen demnach bis 2025 in China produziert werden – noch einmal 25 Modelle mehr als bisher vorgesehen. Der Markt für Elektroautos entwickele sich in der Volksrepublik „schneller als in anderen Teilen der Welt“, sagte Heizmann, der auf dem wichtigstem Markt des Autobauers bis 2020 rund 400.000 E-Fahrzeuge jährlich verkaufen will. Quelle: REUTERS
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Bei der Abschaffung der Dieselsubventionen dürfe es wegen der finanziellen Auswirkungen daher auch „keine radikalen Schritte geben“, sagt Schwämmlein. „Das Entscheidende ist, dass der Staat langfristige Ziele für eine Mobilitätswende definiert und sie verlässlich verfolgt.“ Schwämmlein schlägt deshalb vor, „die steuerlichen Anreize langsam über mehrere Jahre auslaufen zu lassen und keine Verkehrsmittel zu benachteiligen“.

Der Staat subventioniert den Diesel jedes Jahr mit rund acht Milliarden Euro.

„Das Geld sollte der Staat in den öffentlichen Nah-und Fernverkehr und die dazugehörige Infrastruktur investieren. Dazu gehört auch die Förderung alternativer Antriebe und der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur“, so Schwämmlein. Es müsse das Ziel der neuen Bundesregierung sein, „Mobilität vom Individualverkehr zum öffentlichen Verkehr umzuleiten“. Das schaffe „einen Mehrwert für die Gesellschaft“.

Vorstöße von Volkswagen und Flixbus kommen unerwartet

Für die Bundespolitik kommen die Vorstöße von Volkswagen und Flixbus unerwartet. Die Verhandlungsführer einer möglichen Großen Koalition müssen sich möglicherweise umstellen. Viele Verkehrspolitiker bei CDU/CSU und SPD dürften gerade dabei sein, ihre Konzepte zu überarbeiten. Denn kaum einer hatte damit gerechnet, dass Vertreter der Auto- und Fernbusbranche sich ideologisch hinter diejenigen stellen, die nachhaltige Mobilität ohne Dieseltechnologie fordern.

Gleichwohl ist der Schwenk der Unternehmen auch nicht uneigennützig. Volkswagen startet mit Moia gerade einen Sammeltaxi-Service mit Elektrofahrzeugen. Ridehailing und Ridepooling sind plötzlich Vokabeln, auf die Vorstandschef Müller abfährt. VW will damit den Dieselskandal hinter sich lassen.

Da kommt es für das Image nicht schlecht, die steuerlichen Privilegien für den Diesel infrage zu stellen. Der Diesel bläst zwar weniger Kohlendioxid in die Luft als ein Benziner, aber dafür mehr Stickoxide. In Innenstädten drohen deswegen Fahrverbote.

Auch Flixbus würde langfristig profitieren, wenn der Bund die Milliarden-Einnahmen aus der Angleichung der Steuersätze in neue Mobilitätsformen investieren würde. Boomt etwa das Carsharing, verzichten Großstädter bei gutem Nahverkehr eher auf ein eigenes Auto. Für lange Reisedistanzen käme dann der Zug oder der Fernbus in Frage. Auf das grüne Image des Betreibers mit den grünen Bussen dürfte die Forderung daher gewiss einzahlen.

Mehr Angst hat das Münchener Unternehmen derzeit ohnehin vor dem Ansinnen einiger Länder im Bundesrat, das Thema Busmaut auf die Tagesordnung zu setzen. Diese Forderungen werden von einzelnen Landesregierungen immer wieder hervorgebracht. „Die Einführung einer Busmaut wäre für das Ziel nachhaltiger Mobilität absolut kontraproduktiv“, sagt Flixbus-Chef Schwämmlein. „Fernbusse sind die ökologischsten Verkehrsträger.“

Bei der Debatte gehe es seiner Meinung nach ausschließlich darum, den Zug zu bevorteilen. „Beide Verkehrsträger sind ökologisch, beide müssten gefördert werden“, sagt Schwämmlein. Hinzu kommt: „Wer Fernbusse bemauten will, der muss verstehen, dass er damit vor allem die kleinen Leute trifft.“

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