Ecclestone vor Gericht
Gerhard Gribkowsky saß schon im Auto auf dem Weg zum Londoner Flughafen, als sein Handy klingelte. Am Apparat: Bernie Ecclestone. Der Chef der Formel 1 wollte von dem Banker aus München wissen, wie dieses Schreiben auf Ecclestones Schreibtisch gelangt sei.
Kurz zuvor war Gribkowsky beim Chef der Formel 1 zu einer Besprechung in dessen Büro gewesen. Unbemerkt hatte der damalige Risikovorstand der Bayern LB, die damals einen beträchtlichen Anteil an der Rennserie hielt, einen Brief unter Ecclestones Unterlagen geschmuggelt.
Gribkowsky stellte sich dumm: Er habe keine Ahnung, wovon er spreche, blaffte er Ecclestone an.
Das Schreiben hatte sich Gribkowsky Anfang 2005 bei einem früheren Betreiber einer LKW-Rennserie besorgen lassen. Darin schildert dieser offenbar auf einer Schreibmaschinenseite, wie Ecclestone ihn angeblich in den Ruin getrieben hat. Vor Gericht, das hatte Gribkowsky prüfen lassen, hätte das Schreiben keinen Bestand gehabt. Doch um Druck auf Ecclestone zu machen, reichte es allemal. „Wir wollten ihm zeigen, dass auch wir unsere Hausaufgaben machen“, so Gribkowsky.
So schilderte es der Ex-Banker heute vor dem Münchner Landgericht. Das muss klären, ob Ecclestone Gribkowsky in den Jahren 2005 und 2006 mit 44 Millionen Dollar bestochen hat.
Ecclestones Ziel, so der Vorwurf der Münchner Staatsanwaltschaft: Gribkowsky sollte darauf hinwirken, dass die Bayern LB ihren Anteil an der Formel 1 an eine von Ecclestone ausgesuchte Gesellschaft verkauft.
Der Brief, an dessen Inhalt sich Gribkowsky vor Gericht heute nicht wirklich erinnern konnte, war Teil einer Kampagne, mit der die Bayern LB und zwei amerikainische Banken ein von ihnen angestrengtes Gerichtsverfahren 2005 in London begleiteten: Gribkowsky wollte Ecclestone von der Spitze der Rennserie vertreiben. Schließlich halte man gemeinsam mit Lehman Brothers und JP Morgan doch die Mehrheit an der Formel 1.
Doch Gribkowsky und seine Helfer bedienten sich noch anderer Methoden. In London heuerten sei eine Medienagentur an, die Zeitungen und TV-Stationen gezielt mit Insider-Informationen über Ecclestone versorgen sollten. Gleichzeitig machte Gribkowsky sich, wie er heute schilderte, auf die Suche nach einem Headhunter. Der sollte einen Nachfolger für Formel-1-CEO Ecclestone suchen. Auch das stachen Gribkowskys Leute an die britischen Medien durch.
Kampf um Glaubwürdigkeit
Zeugenvernehmung im Ecclestone-Prozess
Auch bei den Chefs der Rennställe machte der Banker aus Bayern Stimmung gegen Ecclestone. „An den Rennwochenenden hatte ich ja oft mehr Zeit als Ecclestone“, sagte Gribkowsky heute vor Gericht. Da sei er dann schon mal zu den Chefs von Williams und habe auch denen gesteckt, dass man schon nach einem Nachfolger für Ecclestone suchte.
Von Ecclestones möglichen Steuerproblemen mit den Finanzbehörden will Gribkowsky allerdings nichts gewusst haben. „Das war überhaupt nicht unser Thema“, sagte der Ex-Banker heute vor Gericht. „Uns war’s auch wurscht.“
Ecclestone hingegen behauptet, Gribkowsky habe genau damit versucht, ihn zu erpressen und habe am Ende die Millionen an den Deutschen überwiesen. Gribkowsky bleibt bei seiner Version, er sei von Ecclestone bestochen worden, damit er die Anteile der Bayern an der Formel 1 an die Ecclestone genehme Gesellschaft CVC verkauft. Die Bestechung hatte Gribkowsky bereits 2012 gestanden und war deshalb zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt worden.
Ecclestones Verteidiger Sven Thomas setzt nun darauf, Gribkowskys Glaubwürdigkeit anzuzweifeln. An den Inhalt des geheimnisvollen Briefs konnte sich Gribkowsky vor Gericht heute nicht erinnern. „Drauf geschaut habe ich aber mal“, sagte er. Das wirft Fragen auf.
Schon bei Ermittlungen gegen frühere Vorstände der Bayern LB im Jahr 2011, als es um angeblich unzulässige Subprime-Geschäfte der Bank in den USA ging, habe Gribkowsky den Ermittlern einen Bären aufgebunden, behauptet Ecclestones Verteidigung. Der frühere Risikovorstand der Bayern LB habe den Staatsanwälten damals viel zu hohe Volumina der Geschäfte, nämlich drei bis fünf Milliarden, genannt.