




Man hat es schon fast vergessen. Heute vor einem Jahr standen in Mainz die Züge still, weil in den Stellwerken zu wenige Beschäftigte ihren Dienst taten. Sie waren krank, im Urlaub oder schlicht nicht vorhanden. Ohne Fahrdienstleiter geht im Zugbetrieb aber nichts mehr. Das ist ungefähr so wie bei Lotsen im Flugverkehr.
Ein Jahr danach hat sich die Lage deutlich gebessert. Von einem ähnlichen Engpass im Personalbereich ist die Deutsche Bahn weit entfernt. Der Konzern hat nachjustiert, Leute eingestellt und ausgebildet. Nun läuft der Betrieb wieder rund.
Doch die Zahl der Einstellungen zeichnet ein merkwürdiges Bild von einem Unternehmen, dessen Chef seit seinem Amtsantritt davon spricht, das „Brot- und Buttergeschäft“ in Ordnung zu bringen. „Wir haben Konsequenzen gezogen und tun weiterhin alles, um solche Ereignisse zu vermeiden“, sagte eine Bahnsprecherin der Nachrichtenagentur DPA. Im vergangenen Jahr stellte der Konzern nach eigenen Angaben 800 neue Fahrdienstleiter ein, 340 mehr als zunächst geplant. Auch in den ersten sechs Monaten 2014 seien 375 Mitarbeiter in diesem Bereich hinzugekommen. Zudem würden verstärkt junge Menschen ausgebildet sowie Fahrdienstleiter für flexible Einsätze in benachbarten Stellwerken geschult.
Schienengüterverkehr - Planzahlen und Kennziffern
Wie die Kennziffern im Schienengüterverkehr der Deutschen Bahn von den Planzahlen abweichen (in Prozent, Werte sind gerundet)
Quelle der Werte: Deutsche Bahn
2012
Plan 2012: 121,1 Milliarden Tonnenkilometer
Ist 2012: 105,9 Milliarden Tonnenkilometer (-13 Prozent gegenüber dem Plan)
2013
Plan Januar - April 2013: 35,7 Milliarden Tonnenkilometer
Ist Januar - April 2013: 34,2 Milliarden Tonnenkilometer (- 4 Prozent) gegenüber dem Plan)
2012
Plan 2012: 5,29 Milliarden Euro
Ist 2012: 4,93 Milliarden Euro (-7 Prozent gegenüber dem Plan)
2013
Plan Januar - April 2013: 1,76 Milliarden Euro
Ist Januar - April 2013: 1,61 Milliarden Euro (-9 Prozent gegenüber dem Plan)
Plan 2012: 161 Millionen Euro (Ebit)
Ist 2012: 87 Millionen Euro (Ebit) (-46 Prozent gegenüber dem Plan)
...davon in Osteuropa:
2012
Plan 2012: 21 Millionen Euro (Ebit)
Ist 2012: 8 Millionen Euro (Ebit) (-62 Prozent gegenüber dem Plan)
2013
Plan Januar - April 2013: 45 Millionen Euro (Ebit)
Ist Januar - April 2013: -30 Millionen Euro (Ebit) (-166 Prozent gegenüber dem Plan)
Plan 2012: 58 Millionen Euro
Ist 2012: 1 Millionen Euro (-98 Prozent gegenüber dem Plan)
Plan 2012: 288 Millionen Euro
Ist 2012: 371 Millionen Euro (+29 Prozent gegenüber dem Plan)
Operativer freier Cash-Flow
Plan 2012: 200 Millionen Euro
Ist 2012: 31 Millionen Euro (-85 Prozent gegenüber dem Plan)
Plan 2012: 1,04 Milliarden Euro
Ist 2012: 1,83 Milliarden Euro (+76 Prozent gegenüber dem Plan)
Die zusätzlichen 1700 Stellen, die mit Gewerkschaftern nach der Mainzer Misere vereinbart wurden, werde die Bahn erfüllen, heißt es. In Mainz - dem Ursprung des Debakels - sei die Zahl der Mitarbeiter seit August 2013 auf 22 erhöht worden. Damit sei das Stellwerk personell „sehr gut ausgestattet“, sagt die Bahn.
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Das Unternehmen tat also das Richtige. Sie stellte kräftig ein. Der öffentliche Druck war gewaltig. Zudem machte die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG mächtig Dampf. Sie drängte darauf, die Personaldecke kräftig aufzustocken – und der Konzern folgte artig. Dennoch belegen die Zahlen ein verqueres Innenleben der Netztochter. Wenn im Kerngeschäft ganz plötzlich mehr als 1700 Leute fehlen, muss etwas gewaltig schief gelaufen sein.