Elektro-Lieferwagen der Post StreetScooter-Expansion kommt nicht vorwärts

StreetScooter-Expansion kommt nicht vorwärts Quelle: imago images

Den neuen StreetScooter gibt es nun auch mit Klimaanlage – auf Wunsch der Kunden aus Japan. Die Deutsche Post will endlich Kunden im Ausland finden. Doch bisher gibt es nur Pläne für eine Fabrik in China. Großaufträge und Geldgeber sucht der Konzern weiter.

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In Japan sei die Luftfeuchtigkeit hoch, die Temperaturen auch. Deshalb, erklärt StreetScooter-Chef Jörg Sommer, gebe es den StreetScooter nun auch mit Klimaanlage. Die nächste Generation des Lieferwagens ist damit etwas luxuriöser als sein Vorgänger, etwas leistungsstärker – eine Tonne kann der Laster tragen – aber auch etwas teurer. Selbst die günstigste Variante kostet mehr als 38.000 Euro.

Einfach, aber praktisch – günstig, aber leistungsstark, so hatten die Gründer an der Universität Aachen den Lieferwagen einst erdacht. Weil er auf Schnickschnack wie Klimaanlage und hübsche Bordelektronik verzichtete, sollte er erschwinglicher sein als die Konkurrenz. Bereits ab 30.000 Euro ist ein Modell zu haben. Der ehemalige Post-Vorstand Jürgen Gerdes war so begeistert von dem Konzept, dass er den Lieferwagen gleich ganz auf die Bedürfnisse von Paketboten ausrichten ließ und das Start-up 2014 komplett aufkaufte.

Fünf Jahre ist der StreetScooter schon Teil der Deutschen Post. Nur ist Gerdes seit über einem Jahr nicht mehr im Konzern. Seit April ist Jörg Sommer der Verantwortliche für den Elektrolieferwagen. Und seitdem hört er vor allem eine Frage: Wie geht es mit dem StreetScooter weiter?

Drei Erfolgsfaktoren für StreetScooter

Eigentlich sah der schon unter Gerdes geschmiedete Plan wie folgt aus: Der StreetScooter sollte expandieren, und das mit der Hilfe von drei Treibern. Erstens wollte der Konzern andere Logistikkonzerne als Großabnehmer gewinnen. Die Post wollte Kunden finden, die gleich tausende Stück der Elektrolieferwagen ordern können. Und das auch außerhalb von Deutschland, auf anderen Kontinenten.

Zweitens sollte der StreetScooter auch vor Ort produziert werden, nicht von der Post, sondern von kundigen Autobauern. Auch in Deutschland produziert die Post einen Teil der Modelle mit dem Autobauer Ford. Solche Partner wollte die Post auch in Übersee finden. Und der wesentliche dritte Treiber: Um diese Pläne zu finanzieren, sucht der Konzern Geldgeber oder gleich einen Käufer für das Unternehmen.

Bisher hat die Post nur einen Teil dieser Strategie erfüllt: Die Produktion in Übersee. Vor einem Monat gab der Konzern bekannt, dass er den StreetScooter in China fertigen will, zusammen mit dem chinesischen Autobauer Chery. Bis 2021 soll der StreetScooter dort in Serie vom Band laufen, und zwar gleich mit einer Kapazität von 100.000 Stück im Jahr. Und auch in den USA soll in den nächsten zwei bis drei Jahren eine Fabrik entstehen.

Doch die dazu passenden Großkunden fehlen. Bisher ist die Post der weitaus größte Abnehmer der Kastenwagen. 500 Autos konnte sie immerhin an den japanischen Logistikdienstleister Yamato verkaufen. Weitere Großaufträge sind nicht öffentlich.

Warten auf Großaufträge

Die Verantwortlichen geben sich optimistisch. Man führe Gespräche, erklärte StreetScooter-Vorstand Jörg Sommer in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. Und schließlich werde das Marktpotenzial in China bis 2025 auf über 2,3 Millionen elektrische Lieferwagen geschätzt. „Insofern planen wir eher konservativ. Da würden andere Firmen mit ganz anderen Größen einsteigen“, so Sommer. Gerade erst gab die Post bekannt, Ex-Manager von Tesla und Ford zu holen.

Sommer, der seine Karriere unter anderem bei VW machte, will mit dem StreetScooter nicht mehr nur Autos verkaufen. Wenn ein Logistiker seine Flotte auf Elektroautos umstellen wolle, müsse er auch seine Hallen und Depots anpassen und zum Beispiel Ladesäulen ausrüsten. Die Post hat damit ihre Erfahrung. Sommer will diese Erfahrung nun als Dienstleistung an potenzielle Kunden mitverkaufen.

Doch in Europa entscheiden sich die Wettbewerber bisher trotzdem lieber für andere Anbieter. So baut sich Hermes eine Elektrolieferwagenflotte mit dem eVito von Mercedes Benz auf, auch die deutschen Amazon Elektrofahrzeuge sind eVitos. In den USA gab Amazon gerade einen Großauftrag bei dem Auto-Startup Rivian bekannt. 100.000 Fahrzeuge orderte der Onlinegigant. Von solchen Auftragszahlen kann StreetScooter nur träumen.

Zweistellige Millionenverluste

Ausgezahlt hat sich das Geschäft für die Post bisher nicht. Im vergangenen Jahr machte die Sparte 70 Millionen Euro Verlust, auch dieses Jahr rechnet Post-Chef Frank Appel mit einem „signifikanten zweistelligen Millionenvertrag“ an Verlusten, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Und auch die Frage, wann die Post endlich einen Investoren für den StreetScooter findet, bleibt offen. Die Post sei kein Autobauer, hat Vorstandschef Appel oft genug betont. Schon vor zwei Jahren sollen Verhandlungen mit VW stattgefunden haben. Doch die gebotenen 300 bis 400 Millionen Euro – für die Hälfte der Anteile am StreetScooter – waren den Konzernleitern damals nicht genug. Gerüchte gibt es auch über Verhandlungen mit dem Partner Ford und dem Autozulieferer Schaeffler. Doch Ergebnisse folgten nie. Nur der chinesische Partner Chery soll sich immerhin mit bis zu 500 Millionen Euro an der zukünftigen Produktion in China beteiligen.

Mittlerweile sucht die Post in ganz anderen Kreisen nach Geldgebern. „Unsere Investoren wollen ein Logistikunternehmen, keinen Autokonzern“, sagte Post-Chef Frank Appel kürzlich in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Es eilt. Immerhin hat Appel selbst mehrfach angekündigt, er rechne bis zum Jahresende mit einer Lösung.

Bis es diese Lösung gibt, fährt der StreetScooter weiter durch die Landschaft. Bleibt zu hoffen, dass die Reichweite ausreicht.

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