Laut Bartosch ist eine fehlende Begründung ein naheliegender Angriffspunkt für die Beschwerdeführer, wenn sie eine Entscheidung der Kommission vor den europäischen Gerichten angreifen sollten. Stutzig macht in diesem Zusammenhang, dass der Beihilferechts-Anwalt der Nürburgring-Insolvenzverwalter eine fehlende Begründung schon vor dem Zuschlag an Capricorn als wahrscheinlichste Fehlerquelle ausgemacht hat.
„Durch die europäischen Gerichte wird die Beihilfeentscheidung aufgehoben werden, wenn die Veräußerer einen Fehler gemacht haben, weil die Entscheidung fehlerhaft ist oder, was am ehesten zu erwarten ist, wenn die Entscheidung aufgrund einer fehlenden Begründung aufgehoben wird“, sagte der Jurist von der Berliner Kanzlei Müller-Wrede bei den Beratungen über den Zuschlag im Gläubigerausschuss laut Protokoll der Sitzung. In den Tagen zuvor gab es ein Gespräch der Verkäufer bei der Kommission in Brüssel und eine Telefonkonferenz mit Almunias Stab.
Konnten die Verkäufer nach den Gesprächen mit der Kommission schon wissen, dass diese auf Begründungen verzichten würde? Gab es gar eine entsprechende Absprache? Was genau in den Gesprächen mit der Kommission besprochen wurde, ist in dem Protokoll nicht vermerkt. Der Sprecher der Insolvenzverwalter will sich auf Nachfrage, wie es zu der Einschätzung kam, nicht äußern. „Was im Gläubigerausschuss gesagt worden ist, ist nicht öffentlich und unterliegt der Vertraulichkeit. Daher werde ich das nicht kommentieren.“
Fragwürdiger Umgang mit Auswahlkriterien
Dabei drängen sich Anhaltspunkte für vertiefte Prüfungen der Kommission geradezu auf. Das Transparenzkriterium erfordert zum Beispiel, dass die Bieter vorab über die Auswahlkriterien informiert werden. In der Phase der indikativen (unverbindlichen) Angebote teilten die Nürburgring-Verkäufer den Bietern mit, ein Kriterium sei die „gesicherte Finanzierung der Transaktion, unterstützt durch eine Bestätigung des Finanzierungspartners.“
Dennoch schaffte es mit La Tene Capital aus Hongkong ein dubioser Kandidat ohne Finanznachweis in den Datenraum, wo ausgewählte Bieter vertrauliche Dokumente einsehen durften. Ein Punkt, den auch der Berliner Europarechtler Wolfram Krohn im Gespräch mit der WirtschaftsWoche kritisiert hatte. Der Brite Cox kritisiert zudem die mehrfache Verschiebung der Frist für die Abgabe der verbindlichen Angebote. Das habe sein Konsortium benachteiligt, weil man als einziger Bieter schon beim ersten Termin über eine gesicherte Finanzierung verfügt habe.
Fragwürdig ist aber auch der Umgang der Kommission mit der Frage der so genannten wirtschaftlichen Diskontinuität. "Ja zum Nürburgring" hatte in seiner Beschwerde gefordert, dass der Nürburgring-Komplex mit zwei Rennstrecken, Hotels, Feriendort und anderem nicht komplett, sondern nur in Einzelteilen verkauft werden dürfe. Andernfalls entstünde eine wirtschaftliche Kontinuität, die die Wettbewerbsverzerrungen zementiere. Die Kommission will hier ein Auge zudrücken, sie führt unter anderem aus, dass ein Komplettverkauf in der Marktlogik liege.