Eugen Münch »Eine Auslistung ist möglich«

Eugen Münch Der Gründer und Chefkontrolleur der Rhön-Kliniken über seine Fehde mit dem Medizintechnikhersteller B. Braun und seine Pläne für ein bundesweites Kliniknetzwerk.

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Eugen Münch Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche

WirtschaftsWoche: Herr Münch, die Rhön-Hauptversammlung hat vergangene Woche eine wichtige Hürde für die Übernahme von Rhön durch Fresenius beiseitegeräumt. Das klappte aber nur, weil Stimmen des Medizintechnikherstellers B. Braun nicht gezählt wurden, der fünf Prozent der Rhön-Aktien hält und den Beschluss verhindern wollte. Müssen Sie schon zu so einem billigen Trick greifen?

Münch: Das weise ich mit Nachdruck zurück. Ich konnte gar nicht anders handeln. Drei namhafte Kanzleien prüften vor Ort und kamen zum Ergebnis, dass der Anwalt, der B. Braun vertrat, keine gültige Stimme hatte. Also durfte ich die Braun-Stimmen nicht werten. Da gab es für mich keinerlei Spielraum.

Es ist nicht üblich, dass auf Hauptversammlungen die Legitimation der Aktionärsvertreter überprüft wird. Haben Sie es von vornherein darauf angelegt?

Ich hatte keine andere Wahl. Ein Redner auf der Hauptversammlung hat uns aufgefordert, unter anderem die Stimmberechtigung des Braun-Anwalts Markus Linnerz von der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg zu überprüfen. Diesem Antrag mussten wir nachgehen.

Braun hat jetzt angekündigt, die Beschlüsse der Hauptversammlung anzufechten. Wie sehen Sie Ihre Chancen?

Ich bin sehr zuversichtlich. Drei Kanzleien haben mich an Ort und Stelle beraten, unter anderem Bub Gauweiler...

...wo der CSU-Politiker und Euro-Kritiker Peter Gauweiler Partner ist.

Das stimmt. Hier spielt die unbestrittene Kompetenz der Kanzlei bei Hauptversammlungen eine Rolle. Alle Kanzleien haben mir jedoch versichert, dass Braun keine Chance hat, wenn sein Vertreter nicht legitimiert war.

Wie lange kann Braun denn durch die Anfechtungsklage die Übernahme durch Fresenius blockieren?

Sollten die unteren Instanzen durchlaufen werden, typischerweise 18 Monate bis zum Bundesgerichtshof. Aber noch wurde keine Klage eingereicht.

Glauben Sie ernsthaft, dass Fresenius 2015 noch Interesse an einer Übernahme der Rhön-Kliniken hat?

Fresenius-Chef Ulf Schneider und ich pflegen traditionell einen regelmäßigen Austausch. Mögliche Verzögerungen hierdurch belasten diesen Austausch nicht. Die Logik dahinter stimmt.

Was ist, wenn Braun und sein Verbündeter, die Klinikkette Asklepios, den Beschluss auf der nächsten Hauptversammlung 2014 rückgängig machen wollen und eine Mehrheit bekommen?

Wo soll denn die Mehrheit für diese Blockadeaktionäre herkommen? Selbst wenn man die Braun-Stimmen zum Beschluss hinzurechnet, hat die überwältigende Mehrheit für die Abschaffung der 90-Prozent-Schwelle votiert. Wenn der Beschluss – wovon ich ausgehe – vor Gericht Bestand hat, dann sind die 90 Prozent weg.

Bleibt Braun Lieferant?

Was treibt Asklepios und Braun zu solch einem Widerstand?

Durch einen Zusammenschluss von Fresenius und Rhön würde für Asklepios ein übermächtiger Konkurrent entstehen. Braun und Fresenius sind Konkurrenten, beide beliefern Kliniken etwa mit Geräten und Medizinmaterial. Nur hat sich Fresenius in den vergangenen Jahren dynamischer entwickelt. Fresenius hat Kliniken gekauft, Braun nicht. Braun will vielleicht verhindern, dass Fresenius mit Rhön noch stärker wird.

Haben Sie noch einmal versucht, mit Asklepios und Braun zu reden?

Unser Vorstand war bei Professor Braun persönlich, dort gab es gar keine Resonanz. Mit Herrn große Broermann stand ich als Aktionär mehrfach im Mailkontakt, aber die Diskussionen drehten sich im Kreis. Ich bin sehr enttäuscht von dem Verhalten der Herren, die ich beide lange kenne. Ich war perplex, als sie die Übernahme von Rhön durch Fresenius verhindert haben. Asklepios ist ein Konkurrent, mit dem wir lange in Frieden gelebt haben. Braun ist seit Jahrzehnten unser Lieferant.

Bleibt denn Braun nach all dem Ärger denn noch Ihr Lieferant?

Die Produktpaletten unserer Zulieferer, auch von B. Braun werden regelmäßig überprüft. Ob es hier zu Änderungen kommt, wird alleine der Vorstand zu entscheiden haben. Ich halte eine Auslistung von Braun für möglich. Das wird aber keine ausschlaggebende Rolle in diesem Disput spielen.

Umsatz und Bettenzahl in Deutschlands Klinikketten

Um wie viel Umsatz geht es dabei?

Braun dürfte mit den Rhön-Kliniken zwischen 10 und 30 Millionen Euro Umsatz machen. Aber es geht nicht nur um die Zahl an sich. Wo Rhön-Kliniken ordert oder eben nicht ordert, findet in diesem Markt traditionell große Beachtung.

Ordern Sie künftig Fresenius-Produkte?

Das ist Sache des Vorstands. Aber meine Erfahrung hat mich gelehrt, dass Abhängigkeiten von einem einzelnen Lieferanten vermieden werden sollten.

Warum wollen Sie Ihr Lebenswerk unbedingt an Fresenius verkaufen?

Ich möchte die Nachfolge regeln. Ich erfreue mich zwar bester Gesundheit. Aber ich bin 68 Jahre alt, habe keine Kinder und muss deshalb Entscheidungen treffen. Fresenius ist für mich in puncto Management und Finanzkraft der beste Partner, den ich mir vorstellen kann.

Was soll der Verbund von Rhön und der Fresenius-Kliniktochter Helios bringen?

Gemeinsam wollen wir das größte bundesweite Kliniknetzwerk in Deutschland schaffen. Falls das klappt, können Millionen Bundesbürger in 60 Minuten eines unserer Krankenhäuser erreichen. Gemeinsam wollen wir den Patienten – unter anderem durch größere medizinische Spezialisierung – eine noch bessere Qualität bei der Behandlung anbieten.

Nicht nur Profit machen

Helios erwirtschaftet gut 13 Prozent Gewinnmarge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, Rhön etwa drei Prozentpunkte weniger. Wie wollen Sie aufholen?

Rhön wird effizienter werden, wir haben dazu ein Programm aufgelegt. Wir dürfen es aber dabei nicht übertreiben. Der kurative Aspekt muss vorne stehen. Der frühere Vorstandsvorsitzende Wolfgang Pföhler hat zu viel von Profit geredet und zu zögerlich gehandelt. Klar wollen und müssen wir Gewinne machen. Aber als Gesundheitsversorger können wir nicht bloß darauf ausgerichtet sein, nur für die Aktionäre Profit zu machen.

Eine erstaunliche Aussage, schließlich sind ja die Rhön-Kliniken börsennotiert.

Eine Übernahme durch Fresenius würde uns von der Börse wegbringen.

Was reden Sie denn da? Fresenius ist doch selbst börsennotiert. Glauben Sie, dass der Konzern Rhön keine harten Renditevorgaben machen würde?

Klar führt Fresenius über Kennzahlen und Zielvorgaben. Aber Helios ist dort neben anderen Einheiten in einer großen Holdingstruktur eingebettet und damit nicht wie wir direkt an der Front des Kapitalmarkts. Das macht einen gewaltigen Unterschied.

Die Rhön-Klinikum AG

War Ihr Börsengang 1989 ein Fehler?

Nein. Der hat Rhön viel Kapital verschafft, wir konnten damit richtig in der Fläche durchstarten. Aber heute ist alles viel stärker dem Diktat der Finanzmärkte unterworfen. Die Börsianer fragen bei jeder medizinischen Investition, wie die sich auf die Quartalszahlen auswirkt. Heute würde ich nicht noch einmal an die Börse gehen, sondern andere Wege der Finanzierung suchen.

Was haben eigentlich die Patienten von Ihrem geplanten Kliniknetzwerk?

Innerhalb des Netzes sollen etwa Kompetenzzentren entstehen, so für Herz/Kreislauf, Diabetes, Lungenkrankheiten und so weiter. An jedem Zentrum sind die besten Spezialisten versammelt. Das erhöht die Erfahrungswerte und gibt Patienten mehr Qualität und Sicherheit.

Und was ändert sich beim Service?

Die gesetzlich versicherten Patienten sollen für etwa 25 bis 30 Euro im Monat eine Zusatzversicherung abschließen können. Sie werden dafür im Doppelzimmer untergebracht, können den Arzt frei wählen und erhalten alle Annehmlichkeiten von Privatpatienten.

Welche Versicherung soll das denn so günstig anbieten?

Die Helios-Kliniken haben ein entsprechendes Projekt mit der Debeka initiiert. Da wollen wir in Kürze mit einsteigen. Die Versicherung würde für Rhön- und Helios-Patienten gelten. Wir bieten diese Zusatzversicherung Unternehmen an: Deren Mitarbeiter sollen die Policen über ihre Arbeitgeber erhalten.

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