Existenzgründung Was Ärztinnen anders machen

Immer mehr Medizinerinnen machen sich mit einer eigenen Praxis selbstständig, zeigt eine Studie. Doch bei der Existenzgründung gehen sie anders vor als ihre männlichen Kollegen – auch wenn es um Geld geht.

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Mehr Frauen als Männer wagen den Schritt in die Selbstständigkeit. Quelle: dpa

Frankfurt Unter Medizinern wagen mittlerweile mehr Frauen als Männer den Sprung in die Selbstständigkeit. 2012 überstieg der Anteil der weiblichen Existenzgründer erstmals die Marke von 50 Prozent, mittlerweile liegt die Quote bei 54,8 Prozent. Diese Zahlen hat die Apobank aus den von ihr finanzierten Existenzgründungen von Ärzten in den Jahren 2014/2015 ermittelt. Die Stichprobengröße umfasst 2500 Praxisfinanzierungen.

Die weibliche Vorreiterrolle bei der Existenzgründung führt Georg Heßbrügge, Bereichsleiter Gesundheitsmärkte und -politik bei der Apobank, unter anderem auf den immer größer werdenden Anteil von Absolventinnen des Medizinstudiums zurück. Zum anderen seien die Möglichkeiten der Berufsausübung vielfältiger geworden. Es gibt mehr Flexibilität und Gestaltungsspielraum.

Und das ist für viele Ärztinnen, die Familie und Beruf miteinander verbunden wollen, interessant. „Für die meisten Ärztinnen steht das Familienleben inklusive der Partnerschaft als wichtigster Wert ganz oben auf der Werteskala“, so Heßbrügge. Und zwar mit Abstand vor anderen Werten wie finanzieller Sicherheit oder gesunder Lebensweise.

Besonders beliebt ist der Schritt in die eigene Praxis übrigens bei Frauen ab 40. Insgesamt 63,5 Prozent der Frauen sind bei ihrer Existenzgründung 41 und älter. Nur rund 15 Prozent der Frauen dagegen wagen den Schritt in die Selbstständigkeit vor ihrem 36. Lebensjahr.

Interessanterweise ziehen Frauen aber eher nicht in eine Gemeinschaftspraxis ein. Das könnte man vermuten, weil die Arbeit in Kooperation häufig flexibler gestaltet werden kann. Frauen gehen tendenziell häufiger in die sogenannte „sprechende Medizin“, das heißt sie arbeiten sehr patientenzentriert, legen besonderen Wert auf Kommunikation und Prävention und scheuen sich weniger vor psychosozialen Themen. Gynäkologie und Psychiatrie/Psychotherapie sind die favorisierten Fachgebiete von Ärztinnen und diesen Bereichen spielen Kooperationen eine spürbar geringere Rolle als in anderen Fachgebieten.

Ihre männlichen Kollegen sind dagegen eher in der Orthopädie, Chirurgie und der Urologie tätig. Für eine Gemeinschaftspraxis entscheidet sich fast jeder zweite der Existenzgründer.


Frauen bevorzugen ein überschaubares Risiko

„Frauen gründen anders als Männer“, sagt Petra Knödler, Gebietsleiterin bei der Apobank. Das zeigt sich auch beim Investitionsverhalten. „Frauen bevorzugen ein überschaubares Anfangsrisiko und setzen auf weitere Investitionen zu einem späteren Zeitpunkt“, so die Beraterin. Bei den Heilberufen bestätigt sich dieser Trend. Und nicht etwa weil die Männer häufig geräteintensive Facharztrichtungen wie Orthopädie oder Chirurgie wählen, die mit höheren Investitionen verbunden sind.

Quer durch alle Fachrichtungen liegen die Investitionssummen der Ärztinnen unter denen ihrer männlichen Kollege. Ganze 69.000 Euro Differenz findet man beispielsweise bei den weiblichen und männlichen Gynäkologen. Die Investitionsvolumina der Dermatologen unterscheiden sich hingegen nur um 21.000 Euro.

Die Auswertung der Existenzgründerdaten hat die Apobank gemeinsam mit dem Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung durchgeführt. Die erhebt jedes Jahr unter anderem auch die durchschnittlichen Verdienste der niedergelassenen Ärzte.

Danach liegen Praxisinhaber in den eher von Frauen gewählten Disziplinen wie Psychotherapie und Psychiatrie mit 75.000 beziehungsweise 111.000 Euro Jahresüberschuss als Medianwert eher im unteren Bereich der Verdienstskala von niedergelassenen Ärzten. Gynäkologen hatten laut Jahresstatistik 2015 rund 148.000 Euro und Orthopäden 185.000 Euro. Radiologen erreichen mit 321.000 Euro den höchsten Jahresüberschuss.

Laut Bundesärztekammer übten in Deutschland 2015 mehr als 371.000 Ärzte ihren Beruf aus. Knapp 190.000 davon waren im Krankenhaus angestellt, 150.000 waren ambulant tätig, der Rest arbeitete unter anderem in Behörden und Körperschaften. Von den 150.000 ambulant tätigen Mediziner waren 121.000 niedergelassene Ärzte.

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