Ex-Wirecard-Aufsichtsrätin Susana Quintana-Plaza bestreitet, dass die Kontrolleure des Unternehmens den Betrug hätten früher eher erkennen müssen. „Das kann ich ganz klar mit Nein beantworten. KPMG hat monatelang jeden Stein umgedreht und dabei auch keinen Betrug entdeckt. Wie hätte ich es erkennen sollen, wenn das nicht einmal Scharen von Experten gelungen ist?“, sagte Quintana-Plaza der „Wirtschaftswoche“. Die frühere Eon-Managerin gehörte dem Wirecard-Aufsichtsrat von 2018 bis zum Frühjahr 2020 an. In der Wirtschaftswoche äußert sie sich das erste Mal über ihre Tätigkeit für den Zahlungsabwickler.
Quintana-Plaza berichtet, dass sie den Aufsichtsrat bereits 2019 wieder verlassen wollte. Anwälte hätten sie jedoch wegen der Folgen eines Rücktritts vor „einer möglichen persönlichen Haftung“ gewarnt. In dieser Zeit gab es bereits erste Hinweise, dass mit einigen Geschäftspartnern des Zahlungsabwicklers womöglich etwas nicht stimmte. Gewissheit gab es jedoch erst im Sommer 2020 als sich herausstellte, dass Guthaben auf Treuhandkonten in Höhe von rund zwei Milliarden Euro nicht existierten, weswegen Wirecard Insolvenz anmeldete. Die Staatsanwaltschaft München hat gegen Ex-Chef Markus Braun sowie weitere Führungskräfte Anklage erhoben, unter anderem wegen des Verdachts des bandenmäßigen Betrugs.
Braun hat die Vorwürfe stets bestritten. Quintana-Plaza beschreibt den ehemaligen Vorstandschef als kühl. „Er war sehr zurückhaltend und distanziert. Sogar wenn man ihm die Hand gab, geschah das mit größtmöglicher Distanz, vielleicht auch um eine gewisse Aura aufzubauen“, sagte Quintana-Plaza der Wirtschaftswoche. Seine Äußerungen habe sie als „nicht unbedingt brillant“ empfunden. Mehrfach sollen die Kontrolleure diskutiert haben, Markus Braun zu entlassen. „In solchen Situationen werden regelmäßig weitreichende Maßnahmen erwogen, auch personeller Natur“, sagt Quintana-Plaza. Sie hätten als Aufsichtsräte jedoch auch die Folgen abwägen müssen. „Insoweit haben die Anwälte auch immer vor einer möglichen Haftung gewarnt, falls etwa wegen vorschneller Entscheidungen der Aktienkurs abstürzt.“
Quinta-Plaza berichtet auch von den Folgen ihrer Tätigkeit für Wirecard. „Niemand hat mich verklagt. Auch die Staatsanwaltschaft geht nicht gegen mich vor. Trotzdem klebt an mir der Name Wirecard, vor dem sich viele fürchten.“ Vielen Chefs von Unternehmen der Energiebranche und Aufsichtsräten schiene es „riskant, über mich mit Wirecard in Verbindung gebracht zu werden.“
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