Expansion in China Aldi Süd könnte in China nun wagen, was Experten schon lange fordern

Aldi-Filiale in Shanghai Quelle: imago images

Lebensmittel-Discounter Aldi Süd will Hunderte neue Filialen in China eröffnen. Das Angebot der Deutschen ist bei der chinesischen Mittelschicht äußerst beliebt. Die gewählte Strategie birgt jedoch auch Risiken.

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Aldi Süd hatte es in China nicht eilig. Erst 2017 startete die Mülheimer Unternehmensgruppe zunächst mit einem reinen Online-Verkauf auf der zum chinesischen Online-Giganten Alibaba gehörenden Plattform Tmall. Zwei Jahre später folgte dann die Eröffnung der ersten zwei Filialen in Shanghai. Bis heute kam eine niedrige zweistellige Zahl weiterer Geschäfte in der Hafenmetropole hinzu.

Nach den ersten Gehversuchen soll nun aber offenbar die große Offensive starten. Geplant sind gleich Hunderte neue Geschäfte. „China ist und bleibt einer der interessantesten Märkte in allen Bereichen, und die rasant steigende Größe der Mittelklasse führt zu einem riesigen Potenzial im Lebensmittelmarkt“, sagte Aldi-China-Chef Roman Rasinger in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit dem „Handelsblatt“.

Allein für Shanghai sieht Rasinger demnach ein Potenzial an einer dreistelligen Zahl von Geschäften. Die Stadt mit ihren 25 Millionen Einwohnern und darüber hinaus das Jangtse-Delta mit über 100 Millionen Einwohnern hätten für Aldi „derzeit Priorität“, erklärte Rasinger. „In welche Stadt es als nächstes gehen soll, werde gerade evaluiert. Aldi könne viele „weiße Flecken auf der Versorgungslandkarte“ besetzen, prognostiziert er.

Zahlen zum Umsatz in China nennt Aldi Süd nicht. Das Marktforschungsunternehmen WGSN schätzt jedoch, dass der Discounter schon in diesem Jahr mit seinen Läden in China einen Umsatz in Höhe von 80 Millionen US-Dollar erreichen dürfte. Sollte er nur das Wachstumstempo des vergangenen Jahres von 16 neuen Läden pro Jahr beibehalten, würde er im Jahr 2025 schon rund 230 Millionen Dollar umsetzen. Die Erlöse aus dem E-Commerce kommen noch dazu.

Dass sich Aldi Süd bisher nur langsam an den chinesischen Markt herantastete, hatte in den vergangenen Jahren unter Beobachtern immer wieder Kritik ausgelöst. „Wenn Aldi den chinesischen Markt wirklich ernst nimmt, müssen sie viel mehr Filialen eröffnen. Nicht nur in Shanghai, sondern im ganzen Land“, warnte etwa der E-Commerce-Analyst Li Chengdong bereits im vergangenen Sommer. An der gesamten Ostküste aber auch im boomenden Süden des Landes hätten die Deutschen gute Chancen, wenn sie es nur versuchen würden.

Es gab jedoch auch durchaus gute Argumente für Aldi Süd, zunächst Vorsicht walten zu lassen. Schließlich gilt der Markt als äußerst schwierig für ausländische Händler. Lidl hat sich so bereits im April 2019 nach nur etwas mehr als zwei Jahren wieder aus der Volksrepublik zurückgezogen, wo es der Konzern zunächst mit einem reinen Online-Verkauf versucht hatte. Der spanische Discounter Dia hatte 2018 nach 15 Jahren in China seine 450 Filialen an die chinesische Suning-Gruppe verkauft, weil die Verluste zu groß wurden. Auch der britische Einzelhändler Tesco war 2014 in China gescheitert.

Die wohl wichtigste Lektion, die Aldi nach den ersten Jahren auf dem chinesischen Markt gelernt hat, ist, dass es dort ganz anders auftreten muss als auf dem Heimatmarkt Deutschland. Die Märkte, wie etwa der im Shanghaier Stadtviertel Jingan, wirken beim Betreten besonders hochwertig. Der Boden glänzt blitzsauber, die Waren sind feinsäuberlich in edel wirkende Holzregale eingeräumt. Neben dem Eingang lädt ein zum Markt gehörendes Café Besucher dazu ein, nach dem Einkaufen eine Pause einzulegen. Beim Sortiment setzt Aldi auf eine Mischung aus chinesischen, deutschen und internationalen Waren.

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Rückblickend scheint es die richtige Entscheidung für Aldi gewesen zu sein, es besonders während der Corona-Pandemie mit der Expansion langsam angegangen zu sein. So blieb es Aldi Süd erspart, eine noch größere Zahl von Filialen durch den zweimonatigen Shanghai-Lockdown in diesem Frühling bringen zu müssen. Dass Shanghai für zwei Monate praktisch eingefroren war, sollte für Aldi jedoch auch eine Warnung sein. China macht bislang keine Anstalten, seine strikte Null-Corona-Politik aufzugeben.

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Zu langwierigen Lockdowns in einzelnen Metropolen kann es somit vorerst immer wieder kommen. Aldi Süd stünde in diesem Fall besser dar, wenn es sich nicht nur auf eine Region, sondern auch andere Boom-Zentren im Land konzentrieren würde. Auch die Mittelschicht Pekings oder die der südchinesische Metropole Shenzhen könnten attraktive Ziele für die Expansion sein.

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