Export von Plastikabfällen Griechischer Zoll stoppt deutschen Plastikmüll auf dem Weg nach Vietnam

Hafen von Piräus Quelle: dpa

Der griechische Zoll hat 37 Container mit deutschen Plastikabfällen gestoppt. Der Müll stammt zum Teil aus dem gelben Sack, lag fast ein Jahr in türkischen Häfen und sollte nach Vietnam verschifft werden.

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Der griechische Zoll hat 37 Containern mit problematischem Plastikmüll aus Deutschland im Hafen von Piräus gestoppt. Das bestätigte das örtliche Büro der verantwortlichen Reederei gegenüber der WirtschaftsWoche. Die Beamten reagierte damit auf ein Schreiben von Umweltorganisationen, das der WirtschaftsWoche vorliegt. Darin warnen die Umweltorganisationen vor einem möglichen illegalen Export der Abfälle.

Damit beginnt ein neues Kapitel in einer internationalen Irrfahrt. Den Anfang nahm die Reise der Container bereits im November vor einem Jahr in Deutschland. Ein Zwischenhändler exportierte das Plastik größtenteils aus Sortieranlagen für den gelben Sack und die gelbe Tonne damals zu einer Recyclinganlage in die Türkei. Insgesamt 400 Container exportierte der Zwischenhändler zwischen November 2020 und Februar 2021. Doch die Recyclinganlage verlor ihre Lizenzen, Plastik in die Türkei zu importieren und auch die Abfälle aus dem gelben Sack aus Deutschland zu verarbeiten. Die Container strandeten in türkischen Häfen.

Die Türkei verlangte daraufhin, dass Deutschland den Müll zurücknehme. Die Plastikabfälle seien illegal in die Türkei verschickt worden, verkündete das türkische Umweltministerium vor Medien und Umweltaktivisten, und müssten sofort zurück. Den Ankündigungen folgten wenig Taten. Die türkischen Behörden kontaktierten zwar Ende Mai das deutsche Umweltministerium. Doch zu weiteren Fragen der zuständigen Abfallbehörden zu den genauen Aufenthaltsorten der Container oder der Qualität der Abfälle hätten die türkischen Behörden keine Informationen liefern können, heißt es bei den deutschen Abfallbehörden. Ohne diese Informationen könne kein Rückführverfahren eingeleitet werden. So kam bis heute kein einziger Container zurück nach Deutschland.

Das türkische Umweltministerium sieht die Schuld bei den deutschen Behörden: „Zudem erschwert Deutschland die Situation bei der Rücknahme, was eine Rückführung in das Herkunftsland unmöglich macht“, heißt es in einem Brief des türkischen Umweltministeriums von Ende September an die beteiligten Parteien in der Türkei. Daraufhin gaben die türkischen Behörden die Container mit den Plastikabfällen aus Deutschland zum Transit in andere Staaten frei. Bereits 16 Container wurden daraufhin vor Wochen in der Türkei verschifft und sind bereits in Vietnam, weitere Container sollen sich in Kroatien oder Großbritannien befinden. Die 37 weiteren Container sollten über Griechenland und Singapur verschifft werden und hätten Ende Dezember in Vietnam eintreffen sollen, zeigen Frachtdokumente.

„Es ist empörend und inakzeptabel, dass deutsche Abfälle auf diese Weise umgeleitet werden können, wenn ein direkter Export aus Deutschland nach Vietnam absolut verboten wäre“, sagte Jim Puckett, Aktivist beim Basel Action Network, das sich für die Durchsetzung der internationalen Gesetze beim Abfallhandel einsetzt.

Der griechische Zoll könnte die Plastikabfälle in den Containern nun erneut kontrollieren. Sollten auch die Beamten in Griechenland zu der Einschätzung kommen, dass die Plastikabfälle verunreinigt sind und nicht hätten exportiert werden dürfen, könnten die griechischen Beamten ein Rückführverfahren nach Deutschland oder die Türkei einleiten.

Solche Rücksendeverfahren sind üblich und in der Baseler Konvention über internationalen Müllhandel geregelt. Im Jahr 2019 hat Deutschland den Daten des Bundesministeriums für Umwelt zufolge 180 Mal möglicherweise illegal exportierte Abfälle aus dem Ausland zurückgeholt. Im Jahr davor gab es hundert Rücksendungen.

Bereits in den vergangenen Jahren gab es immer wieder Skandale um verunreinigte und nicht recycelbare Plastikexporte aus Europa, die auf illegalen Deponien in Malaysia, Thailand, oder der Türkei auftauchten. Die Polizeiorganisation Interpol warnte sogar vor kriminellen Strukturen und einer Zunahme von Umweltverbrechen beim Handel mit Plastikmüll. Daraufhin einigten sich 187 Staaten, die Vorschriften für Müllexporte im Baseler Übereinkommen zu verschärfen. Kunststoffabfälle dürfen innerhalb der EU nun nur noch dann gehandelt werden, wenn sie gut sortiert und sauber sind und weniger als sechs Prozent Fremdstoffe wie zum Beispiel Dreck, Papier oder Metallreste enthalten.

Für Exporte außerhalb der EU gilt sogar eine Quote von nur zwei Prozent Störstoffen. Für die meisten Sortieranlagen, die Plastik aus dem gelben Sack oder der gelben Tonne sortieren, ist das technisch eine Herausforderung. Sie müssten das Material mehrfach durch ihre Anlagen schicken oder händisch nachsortieren. Damit wird es schwieriger, Plastikabfälle aus dem Hausmüll aus Deutschland exportieren.

Mehr zum Thema: Sie verstecken Dreck zwischen Folien, fälschen Dokumente und verschleiern ihre Spuren: Dubiose Händler und Müllpaten schaffen unbrauchbare Plastikabfälle aus Deutschland ins Ausland. Eine verdeckte Recherche enthüllt die Tricks.

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