Fernbusmarkt Neuer Anbieter BlaBlaBus greift Flixbus an

In Frankreich liefert sich Flixbus schon jetzt ein Kopf-an-Kopf-Rennen um Fernbuskunden mit BlablaCar. Quelle: PR

Zuletzt eilte der Fernbusanbieter Flixbus von Erfolg zu Erfolg. Doch die Zeiten werden bald rauer. Der französische Konkurrent BlaBlaCar will das Quasi-Monopol im deutschen Fernbusmarkt knacken. Was der Schritt für Flixbus, die Kunden und die Busunternehmen bedeutet.

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Wer musste nicht schon alles aufgeben! Die Deutsche Post beispielsweise, der britische Verkehrsgigant Megabus, der Fernreisebusanbieter Touring und natürlich auch die Deutsche Bahn. Alle Großunternehmen, die mit großen Ambitionen im deutschen Fernbusmarkt aktiv waren, sind von der Bildfläche verschwunden. Das 2011 gegründete Start-up Flixbus hat sie aufgekauft oder platt gemacht. Der Marktanteil der Münchener liegt inzwischen bei 95 Prozent. Das Management konnte sich bequem der Expansion gen Europa und Amerika widmen.

Doch die ruhigen Zeiten sind bald vorbei. Der französische Anbieter BlaBlaCar will in den deutschen Fernbusmarkt einsteigen. Das Unternehmen ist vielleicht noch jüngeren Menschen als Vermittler von Mitfahrgelegenheiten bekannt, doch den meisten dürfte BlaBlaCar kaum ein Begriff sein. Das wird sich ändern.

BlaBlaCar ist das französische Erfolgs-Pendant zu Flixbus aus München. Groß geworden ist das Unternehmen eben als besagte Mitfahr-Plattform, die in Deutschland 2015 den deutschen Wettbewerber carpooling.com mit den Marken mitfahrgelegenheit.de und mitfahrzentrale.de gekauft hat. Inzwischen ist das Start-up in Frankreich auch im Fernbusmarkt aktiv. Dort hat BlaBlaCar der französischen Staatsbahn SNCF das Fernbusgeschäft abgekauft - und liefert sich im Nachbarland ein Kopf-an-Kopf-Rennen um Fernbuskunden mit Flixbus. Beide kommen dort geschätzt auf einen Marktanteil von rund 40 Prozent.

Nun will BlaBlaCar auch in Deutschland Gas geben. BlaBla-CEO Nicolas Brusson sagte dem „Handelsblatt“, dass bis Jahresende 2019 in Deutschland und den Beneluxstaaten 60 Städte unter dem neuen Namen BlaBlaBus angefahren werden sollen. Der 41-jährige Franzose startet die Expansion bewusst in Deutschland. „Die Menschen wollen ein alternatives Angebot“, so Brusson.

Für den deutschen Markt bedeutet das in mehrfacher Hinsicht Veränderung. Die Auswirkungen für Flixbus, Kunden und Buspartner:

Flixbus: Die Münchener dürften den Einstieg der Franzosen nicht unbedingt erwartet haben. Zahlreiche Wettbewerber haben sich bereits erfolglos zurückgezogen. Die meisten Angriffe waren unglücklich vorbereitet: Megabus beispielsweise trat mit eigenen Bussen an. Auch Touring setzte auf eigene, teure Fahrzeuge. Andere Anbieter wie die Deutsche Post setzten zwar auf ein ähnliches Geschäftsmodell wie Flixbus, das vor allem Fahrten vermittelt und über Subunternehmen fahren lässt. Doch wer allein schon mit zwei hoch bezahlten Geschäftsführern (einer von der Post, der andere vom Joint Venture-Partner ADAC) antritt, darf sich nicht wundern, wenn die hohen Kosten dem Unternehmen die Luft abdrehen. BlaBlaCar ist ähnlich schlank unterwegs wie Flixbus und setzt auf das gleiche Geschäftsmodell. Der neue Gegner ist also stärker einzuschätzen.

Zumal die Franzosen auch in Deutschland eine Community haben, denen sie bereits erfolgreich Mitfahrgelegenheiten vermitteln. „Wir sind harten Wettbewerb gewohnt“, sagt André Schwämmlein, Gründer und Geschäftsführer von FlixMobility, der WirtschaftsWoche. Es müsse sich zudem noch zeigen, „inwieweit BlaBlaCar – bisweilen vornehmlich als Mitfahrgelegenheit aktiv – anpassungsfähig genug ist, um auf diesen sich schnell wandelnden Markt zu reagieren und für den Kunden ein flächendeckendes und innovatives Angebot anzubieten“. Flixbus habe gezeigt, dass es flexibel und schnell reagieren könne.

von Christian Schlesiger, Matthias Hohensee, Karin Finkenzeller

Kunden: Sie dürften die großen Gewinner des neuen Wettbewerbs werden. Es ist zu vermuten, dass die Franzosen ihr Netz vom Westen her aufbauen, von Belgien und Holland über das Rheinland und das Ruhrgebiet gen Norden und Osten. Die Tickets im Fernbusmarkt sind in den vergangenen Jahren seit 2015 um 20 Prozent gestiegen. BlaBlaBus wird die Flixbuspreise unterbieten müssen, die Münchener werden dagegen halten. Auf bestimmten Strecken dürften die Tickets daher deutlich günstiger werden.

Die Franzosen wissen jedenfalls, wie man die Kosten in den Griff bekommt. In Deutschland liegt der Durchschnittspreis laut Verkehrsberatung Iges bei 10,7 Cent pro Kilometer. Laut Angaben von BlaBlaCar sei der Durchschnittspreis in Frankreich halb so hoch. Wenn das stimmt, gäbe es durchaus Spielraum für Preisattacken. Allerdings ist BlaBla für Flixbus eben auch kein Unbekannter. Die Unternehmen kennen sich aus Frankreich.

Die Buspartner: Flixbus arbeitet in Deutschland mit dutzenden Partnern zusammen, die Busse und Fahrer stellen. Damit übernehmen sie einen Teil des Geschäftsrisikos. Laufen bestimmte Strecken schlecht, kann Flixbus einen Teil des Risikos auf die Buspartner abwälzen. So lange Umsatz und Absatz steigen wie derzeit, sind auch die meisten Busunternehmen gut auf das Flixbus-Geschäftsmodell zu sprechen.

Für sie gibt es mit BlaBla bald einen weiteren potenziellen Auftraggeber. Kapazitätsprobleme dürften die Franzosen in Deutschland nicht bekommen. „In der Busbranche in Deutschland gibt es einen leistungsfähigen Mittelstand mit weit über 4300 Unternehmen“, heißt es beim Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (BDO). Somit bestehe „grundsätzlich weiterhin großes Potenzial für Wachstum auch im Fernbussegment“. Ob Unternehmen als Buspartner in den Markt eintreten und wie viele dies tun, das hänge „letztlich einzig von den Konditionen ab, auf die sich beide Seiten jeweils einigen können.“ Angebot und Nachfrage würden das regeln.

Damit dürfte klar sein: Wenn es BlaBla ernst meint mit einer Offensive in Deutschland, dürften Kunden und Buspartner die großen Gewinner sein. Flixbus wird sich auf Gegenwind einstellen müssen. Geld dürfte für BlaBlaCar das geringste Problem sein: Laut Branchenkreisen steckten Investoren mehr als 400 Millionen Euro in das französische Unternehmen. Durch die Übernahme der Fernbusse von SNCF ist inzwischen auch die französische Staatsbahn an BlaBlaCar beteiligt.

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