Es ist eine unzulässige Verallgemeinerung. Aber: Der Verdacht liegt nahe, dass der Fußballweltverband von korrupten Sportfunktionären infiltriert ist. Ein Neuanfang kann aus dem bisherigen Personalstamm nicht gestemmt werden.
Für Fußballfans sympathisch erscheint eine Lösung, wonach ein (finanziell unabhängiger) ehemaliger Top-Fußballer die FIFA-Führung übernimmt. Nein, nicht Michel Platini, an dessen fußballerisches Können keine Zweifel bestehen, der aber ebenfalls zu viel Stallgeruch hat. Eher ein Luis Figo aus Portugal, der bisher zwar an Auslosungen für Fußball-Wettbewerbe teilgenommen hat, nicht aber an sportpolitischen Abstimmungen. David Ginola, ehemalige französische Flügelflitzer und England-Legionär, könnte europäische Fußballballfans ebenfalls überzeugen.
Aber wen schert bei der FIFA schon, was der Fan will. Es müssen die Funktionäre überzeugt werden, um gewählt zu werden. Das scheint weder Luis Figo noch David Ginola zu gelingen.
7. Warum boykottieren die großen Sponsoren die FIFA nicht?
Als Medienereignis ist die Fußball-Weltmeisterschaft viel zu attraktiv, um einfach mit dem Verband brechen zu können. Zur Erinnerung: Allein das WM-Finale schauten mehr als 700 Millionen Menschen. Immer im Bild: Die Marken-Logos und Bandenwerbung der Sponsoren. Sie alle waren nach der Weltmeisterschaft deutlich bekannter als zuvor. Und dank des Siegs des deutschen Kaders bei der WM verkaufte Adidas allein bis Jahresende 2014 drei Millionen Deutschland-Trikots. Da zahlt der Sportausrüster dann auch vergleichsweise gerne 30 Millionen Dollar an die FIFA.
Die Gefahr, dass das schlechte Image der FIFA auf die Marken abfärbt, ist dabei eher eine theoretisch. Schon beim Anstoß zum WM-Qualifikationsspiel Deutschland gegen Gibraltar, werden die Fangesänge die kritischen Berichte übertönen und die Fahnenschwenker die Imagesorgen weitgehend wegwischen.
Potenzielle Kandidaten für die Blatter-Nachfolge
Der Kameruner steht seit 1988 dem afrikanischen Fußballverband vor. Seit 1990 sitzt Hayatou im Fifa-Exekutivkomitee - und ist damit das am zweitlängsten amtierende Mitglied des Gremiums. 2002 versuchte er Blatter als Fifa-Präsident zu entthronen, verlor jedoch mit 56 zu 139 Stimmen.
Ein Jahr zuvor wurde Hayatou Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees IOC. 2011 rüffelte ihn das Gremium, weil er 20.000 Dollar Bargeld von dem früheren Fifa-Marketingpartner ISL annahm. Hayatou stritt jegliches Fehlverhalten ab, doch das IOC warf ihm einen Interessenskonflikt vor.
Im Juni 2014 berichtete die „Sunday Times“, der inzwischen gesperrte katarische Ex-Funktionär Mohammed bin Hammam habe Haytou und andere afrikanische Fußballentscheider mit Geld, Luxusreisen und anderen Gefälligkeiten um den Finger gewickelt, um deren Unterstützung für die letztlich erfolgreiche WM-Bewerbung des Golfstaats zu sichern. Hayatou hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Um die Gesundheit des früheren Fußballers, Läufers und Basketballspielers scheint es nicht allzu gut bestellt zu sein: Der 68-Jährige unterzieht sich wegen Nierenproblemen einer Dialyse.
Er galt schon lange als heißer Anwärter auf den Topjob in der Welt des Fußballs, doch verkündete die französische Fußballlegende im vergangenen August: „Meine ist Zeit ist noch nicht gekommen.“ Vor dem Fifa-Kongress in Zürich vergangene Woche versuchte er Blatter zum Rücktritt zu bewegen. Will Platini diesmal Fifa-Präsident werden, müsste sich der Uefa-Präsident als geschickter Netzwerker erweisen: Europa verfügt nur über ein Viertel der Stimmen, weswegen er verlässliche Allianzen für einen Sieg schmieden müsste.
Platini führte die französische Nationalmannschaft 1984 als Kapitän zum EM-Titel und gewann ein Jahr später mit Juventus Turin den Europapokal der Landesmeister (heute Champions League). Im Januar 2007 setzte sich der 59-Jährige bei der Wahl des Präsidenten des europäischen Fußballverbands gegen den Schweden Lennart Johansson durch, der seit 1990 amtiert hatte.
Als Uefa-Chef war Platini maßgeblich für die Aufstockung der Zahl der EM-Teilnehmerländer von 16 auf 24 beim nächsten Turnier in Frankreich verantwortlich. Zudem drang er darauf, dass die EM 2020 nicht wie bisher nur in einem Land ausgetragen wird, sondern auf 13 Städte in ganz Europa verteilt wird. Als Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees votierte Platini für eine Vergabe der Weltmeisterschaft 2022 an Katar. Dass der reiche Golfstaat den Zuschlag bekam, sorgt jedoch noch immer für massive Kritik. Denn es halten sich Vorwürfe, Katar habe sich die erfolgreiche Bewerbung mit Geld erschlichen. Das Land weist dies vehement zurück.
Falls der 39-jährige Jordanier an die Spitze der Fifa rückt, würde er einen Generationswechsel einläuten. Ausgebildet wurde der Prinz an der Königlichen Militärakademie im südenglischen Berkshire und an der US-Eliteuniversität Princeton. 1994 diente er als Offizier in der jordanischen Armee, wo ihm eine Medaille für einen Einsatz in Brunei verliehen wurde.
Seit 1999 ist er Präsident des jordanischen Fußballverbands, von 2011 bis vergangene Woche saß er im Fifa-Exekutivkomitee. Am vergangenen Freitag unterlag als er Gegenkandidat noch Blatter beim Fifa-Kongress. Der Portugiese Luis Figo und Michael van Praag aus den Niederlanden hatten ihre Kandiatur für das Präsidentenamt zuvor zurückgezogen. Für den Fall seiner Wahl hat Prinz Ali eine Aufstockung der WM-Teilnehmerländer von derzeit 32 auf 36 Nationen versprochen.
Der Holländer war von 1989 bis 2003 Vorsitzender von Ajax Amsterdam. Den Posten hatte van Praag nach seinem Vater Jaap übernommen, der das Amt von 1964 bis 1978 innehatte. Im Jahr 2008 wurde van Praag Chef des niederländischen Fußballverbands, ein Jahr später rückte er ins Exekutivkomitee der Uefa.
Der einstige Schiedsrichter wurde als Kandidat für die Nachfolge Blatters ins Rennen geschickt, stieg jedoch eine Woche vor der Wahl aus und unterstützte Prinz Ali. Im Wahlkampf hatte van Praag Anfang des Jahres Blatter einen Beraterjob in Aussicht gestellt, sollte dieser sein Amt aufgeben. Zudem sollte der Schweizer als Chef einer „Sepp-Blatter-Stiftung“ benachteiligten Kindern helfen.
Die offiziellen Äußerungen der großen Sponsoren lesen sich deshalb wie aus dem Lehrbuch für Krisen-PR: Blatter Rücktritt sei zu respektieren heißt es und ist „ein positiver Schritt.“ (Coca Cola) oder „der erste Schritt in die richtige Richtung“ (Visa und Adidas im Chor). Freilich müsse nun auch alles getan werden um das „Vertrauen der Leute zurückzugewinnen“ (Cola) und eine Führungsstruktur aufzubauen, „die die höchsten ethischen Standards sicherstellt“ (Hyuandai).
So distanziert man sich als Konzern zwar von all dem Bösen, nicht aber nicht vom Verband selbst. Kernbotschaft der Mitteilungen: Korruption ist böse, Fußball toll - nun trinkt Limonade und bezahlt sie mit unseren Kreditkarten. Wer als Unternehmer glaubt, ihm Rahmen der Fußballereignisse gut für sich werben zu können, wird über Schattengeschäfte abseits des Spielfelds hinwegsehen können.