Der Rücktritt von Joseph Blatter hat im Lager seiner erbitterten Gegner große Freude ausgelöst. Der Neuanfang in der FIFA wird aber nicht einfach sein.
Wie es mit der Vergabe der Weltfußballspiele weitergeht, ist nur eine von zahlreichen Fragen rund um den Blatter-Rücktritt. Mindestens ebenso wichtig: Welche Rolle spielten die deutschen und europäischen Sportfunktionäre, warum griffen die Schweizer Behörden nicht früher ein - und sollte Deutschland die nächste Weltmeisterschaft boykottieren? Die wichtigsten Fragen und Antworten - damit jeder versteht, worum es derzeit geht.
1. Warum reden eigentlich alle über die FIFA?
Der Fußballweltverband organisiert die Ausrichtung eines der größten Sportevents der Welt, der Fußball-Weltmeisterschaft. Diese wird von Milliarden Menschen verfolgt - und ist eine Goldgrube für die FIFA und ihre Sponsoren. 2018 findet die WM in Russland statt, das haben 22 ältere Herren in grauen Anzügen im Dezember 2010 entschieden. Da gab es zwar die Ukraine-Krise noch nicht, wohl aber Menschenrechtsverletzungen und Demokratiedefizite in dem Riesenland. Doch es geht noch schlimmer: 2022, entschied die FIFA, werde man in Katar spielen. Jenem Wüstenstaat, in dem im Sommer - dann finden seit 1932 Jahren traditionell die Spiele statt - gerne mal 50 Grad Außentemperatur herrschen.
Inzwischen hat die FIFA festgestellt: Das ist zu warm, nun wird im Dezember gespielt. Auch andere Nationen hatten sich um die Ausrichtung beworben, etwa Australien, ein Land, in dem Fußball immer populärer wird und das die Asienspiele erfolgreich ausgerichtet hat. Es gab also andere Kandidaten. Die Vermutung: Die Scheichs hatten nicht unbedingt die besseren Argumente, aber mehr Geld.
Mittlerweile ist klar: Auch vor anderen Entscheidungen sind Schmiergelder geflossen. Das FBI ermittelt und hat am Mittwoch sieben FIFA-Funktionäre festgenommen. Die amerikanische Justizministerin Loretta Lynch sagt: "Wir mussten feststellen, dass die FIFA bis in die höchsten Ebenen korrupt ist." Der FIFA-Boss, Sepp Blatter, steht bislang offenbar nicht im Zentrum der Ermittlungen, trat aber am Dienstagabend aufgrund des öffentlichen Drucks zurück.
2. Warum ermitteln US-Behörden bei der in der Schweiz ansässigen FIFA?
Kurz vor der Wiederwahl Blatters zum FIFA-Präsidenten schlugen die Behörden zu. Die Schweizer Polizei nahm sieben Verdächtige fest – im Auftrag der USA. Warum haben die Schweizer eigentlich jahrelang nichts gegen die Korruptionsvorwürfe auf ihrem Territorium gemacht?
Fakt ist: Gleich mehrere große Sportverbände haben ihren Sitz in der Schweiz. Neben der FIFA auch die UEFA und das IOC (Internationale Olympische Komitee), das, sagen wir es vorsichtig, auch nicht gerade als Vorreiter bei der Anti-Korruptionsbekämpfung gilt. Der Grund ist schnell erklärt: diskrete Behörden, ein liberales Vereinsrecht, das den Beteiligten freies Schalten und Walten erlaubt, und niedrige Steuerverpflichtungen.
Für die Schweiz lohnt es sich dennoch: Allein die FIFA erwirtschaftet Milliarden. Und gibt davon einen Bruchteil an die Schweiz ab. „Wir sind froh, dass die FIFA uns 17 Millionen Franken an Steuern bezahlt, es soll doch nicht sein, dass die ohnehin reiche Schweiz jetzt noch mehr Steuermittel der FIFA abzwackt und diese Gelder dann in der Dritten Welt fehlen. Also das würde ja kein Mensch verstehen“, zitiert der Deutschlandfunk den SVP-Politiker Maximilian Reimann.
Und außerdem ist der Sepp (Joseph Blatter) doch ein Schweizer. Auf den man stolz sein kann. Oder etwa nicht?
3. Welche Rolle spielen DFB und UEFA?
Theo Zwanziger war mal ein angesehener DFB-Präsident. Er setzte sich für den Amateursport ein und förderte den Frauenfußball. Er war volksnah und sympathisch. Ab 2011 wurde er Mitglied im FIFA-Exekutivkomitee und mutierte zum Blatter-Versteher. Mehrere deutsche Sportfunktionäre rückten spätestens nach ersten Korruptionsvorwürfen gegen die FIFA im Sommer 2012 von Blatter ab, Ligapräsident Reinhard Rauball forderte Blatters Rücktritt. Zwanziger sah dazu keinen Grund und erteilte Rückendeckung. „Aus Sicht der FIFA-Exekutive ist er absolut tragbar. Der Reformprozess wäre gar nicht weitergegangen ohne ihn“, sagte Zwanziger.
Das Problem: Der DFB ist wirtschaftlich von der FIFA abhängig. Mindestens 70 Prozent des Umsatzes von zuletzt 211 Millionen Euro macht der Deutsche Fußball Bund mit seiner Nationalmannschaft. Das weiß auch der "Kaiser".
Franz Beckenbauer war mal Mitglied im FIFA-Exekutivkomitee. Seit April 2011 ist Beckenbauer Vorsitzender der FIFA Task Force Football 2014, die sich mit der Entwicklung und Zukunft des Fußballs beschäftigt. Die Kritik an der WM-Vergabe an Katar findet Beckenbauer übertrieben. Trauriger Höhepunkt: Beckenbauer leugnet allen Ernstes die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in dem Scheich-Staat. „Ich habe noch keinen einzigen Sklaven in Katar gesehen. Ich weiß nicht, woher diese Berichte kommen. Ich war schon oft in Katar und habe deshalb ein anderes Bild, das glaube ich realistischer ist.“
Übrigens: Katar erhielt im Dezember 2010 mit 14:8 Stimmen den Zuschlag für die Ausrichtung der WM 2022. Sepp Blatter soll gegen Katar gestimmt haben, sein europäischen Widersacher, UEFA-Präsident Michel Platini, für Katar.
FIFA-Skandale unter Sepp Blatter
Der damalige FIFA-Generalsekretär Joseph Blatter gewinnt die Präsidentschaftswahl gegen UEFA-Präsident Lennart Johansson kurz vor WM-Beginn in Frankreich. Bis heute stehen Vorwürfe über angebliche Zahlungen von je 50.000 Dollar an afrikanische Delegierte in einem Pariser Hotel im Raum, die Blatter beharrlich zurückweist.
Blatters Präsidentschafts-Vorgänger Joao Havelange und dessen ehemaliger Schwiegersohn Ricardo Teixera kassierten Millionen Schmiergeld für WM-Marketing-Deals mit dem später Pleite gegangenen Vermarkter ISL.
Blatter wurde von allen Verdächtigungen freigesprochen, obwohl er 1997 als Generalsekretär eine Zahlung an Havelange von 1,5 Millionen Schweizer Franken persönlich zurücküberwiesen und somit offenbar zumindest Kenntnis vom System hatte.
Schon vor der Doppel-Vergabe an Russland und Katar wurden zwei FIFA-Exekutivmitglieder wegen nachgewiesener Bestechlichkeit suspendiert. Die Vorwürfe gegen die beiden künftigen Gastgeber wurden schließlich aufwändig von der FIFA untersucht, aber von den Ethikhütern ohne maßgebliche Ergebnisse eingestellt.
Der Generalverdacht wurde aber nie entkräftet. Vom damaligen Exekutivkomitee sind künftig wohl nur noch acht von damals 22 Mitgliedern in dem mächtigen Gremium.
Lange schien es, als könne der Katarer Mohamed bin Hammam Blatter bei der Wahl 2011 tatsächlich gefährlich werden. Dann stolperte der Funktionär kurz vor der Abstimmung über konkrete Bestechungsvorwürfe aus der Karibik. Die 35 Stimmen aus der CONCACAF-Zone galten als entscheidend.
Blatter hatte den Verbänden eine Million Dollar als offizielle FIFA-Zuwendung versprochen. Bin Hammam versuchte es inoffiziell mit 40.000 Dollar pro Verband – und flog auf, weil ihn andere mittlerweile der Korruption überführte Funktionäre anschwärzten.
Der Umgang mit von Millionen Fans begehrten WM-Tickets im Exekutivkomitee war schon häufig lax. Jack Warner trieb es 2006 auf die Spitze, als er die Vermarktung in seinem für das Turnier in Deutschland qualifizierten Heimatland Trinidad und Tobago übernahm. Sein Familienunternehmen strich angeblich 900 000 Dollar Provisionen ein.
Die FIFA-Untersuchungen konnte keine Verdachtsmomente gegen Warner, sondern nur gegen dessen Sohn ergeben. Warner senior kam mit einer Verwarnung davon. Warners Exko-Kollege Ismail Bhamjee aus Botswana wurde 2006 überführt, zwölf WM-Karten auf dem Schwarzmarkt verkauft zu haben.
2014 in Brasilien gab es Berichte über vermutlich illegal veräußerte WM-Karten aus dem Besitz des mittlerweile verstorbenen argentinischen Topfunktionärs Julio Grondona.
4. Wird jetzt alles besser?
Blatters Wiederwahl zeigt, die Korruptions-Vorwürfe gegen die FIFA und damit auch gegen Blatter haben an seinen Zustimmungswerten unter den FIFA-Delegierten nur wenig ändern können. Das lässt Rückschlüsse auf ihre Haltung zu Korruption zu.
US-Staatsanwältin Lynch sagte gegenüber der FAZ, die FIFA sei bis in die höchsten Ebenen korrupt. Ob ein Wechsel an der Spitze hilft? Ein neuer FIFA-Chef könnte in etwa so effektiv wie Schokolade beim Abnehmen sein. Lynch dazu: „Wirklich beunruhigend ist, was sich im Zuge der Ermittlungen herausgestellt hat: Jedes Mal, wenn die FIFA nach internen Untersuchungen korrupte Funktionäre abgesetzt hat, wurden sie durch andere ersetzt, die genau in derselben Art und Weise weitermachten.“ Diese hätten ihre neue Position vor allem als Gelegenheit gesehen, Bestechungsgelder anzunehmen. Warum auch nicht? Bis dato klappte das ja.
Das Problem geht allerdings über die FIFA hinaus – denn Korruption braucht immer zwei Hände: eine, die gibt und eine, die nimmt. Die Nehmerhand haben verschiedene FIFA-Funktionäre, die Geberhand haben TV-Rechtevermarkter und verschiedene Sponsoren und überhaupt jeder, der viel Geld hat und der gerne einen Gefallen von der FIFA hätte.
Insofern wäre ein personaler Umbau der gesamten FIFA-Exekutive ein großer Schritt für die FIFA, aber ein kleiner Schritt im Kampf gegen die Korruption.
5. Sollte Deutschland die WM 2018 boykottieren?
Es wäre ein starkes Zeichen: Deutschland, der Titelverteidiger, tritt bei der Fußball-Weltmeisterschaft nicht an. Die Engländer bleiben zu Hause, und die Franzosen und Spanier treten auch nicht an. Stattdessen rücken Teams wie Jordanien, 2013 noch in der Relegation gegen Uruguay gescheitert, nach; Usbekistan, Neuseeland und Peru.
Statt wie bei der WM 2014 würde in Deutschland dann nicht bis zu 34 Millionen Menschen (WM-Finale) die Spiele im Fernsehen anschauen, sondern vielleicht zwei Millionen. Höchstens.
Den Schaden haben die Sportler, die Fans und die öffentlich-rechtlichen Sender. ARD und ZDF haben längst die Rechte an die Übertragung der Spiele in Russland und Katar gekauft. Zum Rekordpreis, munkelt der „Spiegel“. Die FIFA ist also fein raus. Schon jetzt. Mehr als Symbolpolitik wäre ein Boykott nicht.
6. Wer kann die FIFA retten?
Es ist eine unzulässige Verallgemeinerung. Aber: Der Verdacht liegt nahe, dass der Fußballweltverband von korrupten Sportfunktionären infiltriert ist. Ein Neuanfang kann aus dem bisherigen Personalstamm nicht gestemmt werden.
Für Fußballfans sympathisch erscheint eine Lösung, wonach ein (finanziell unabhängiger) ehemaliger Top-Fußballer die FIFA-Führung übernimmt. Nein, nicht Michel Platini, an dessen fußballerisches Können keine Zweifel bestehen, der aber ebenfalls zu viel Stallgeruch hat. Eher ein Luis Figo aus Portugal, der bisher zwar an Auslosungen für Fußball-Wettbewerbe teilgenommen hat, nicht aber an sportpolitischen Abstimmungen. David Ginola, ehemalige französische Flügelflitzer und England-Legionär, könnte europäische Fußballballfans ebenfalls überzeugen.
Aber wen schert bei der FIFA schon, was der Fan will. Es müssen die Funktionäre überzeugt werden, um gewählt zu werden. Das scheint weder Luis Figo noch David Ginola zu gelingen.
7. Warum boykottieren die großen Sponsoren die FIFA nicht?
Als Medienereignis ist die Fußball-Weltmeisterschaft viel zu attraktiv, um einfach mit dem Verband brechen zu können. Zur Erinnerung: Allein das WM-Finale schauten mehr als 700 Millionen Menschen. Immer im Bild: Die Marken-Logos und Bandenwerbung der Sponsoren. Sie alle waren nach der Weltmeisterschaft deutlich bekannter als zuvor. Und dank des Siegs des deutschen Kaders bei der WM verkaufte Adidas allein bis Jahresende 2014 drei Millionen Deutschland-Trikots. Da zahlt der Sportausrüster dann auch vergleichsweise gerne 30 Millionen Dollar an die FIFA.
Die Gefahr, dass das schlechte Image der FIFA auf die Marken abfärbt, ist dabei eher eine theoretisch. Schon beim Anstoß zum WM-Qualifikationsspiel Deutschland gegen Gibraltar, werden die Fangesänge die kritischen Berichte übertönen und die Fahnenschwenker die Imagesorgen weitgehend wegwischen.
Potenzielle Kandidaten für die Blatter-Nachfolge
Der Kameruner steht seit 1988 dem afrikanischen Fußballverband vor. Seit 1990 sitzt Hayatou im Fifa-Exekutivkomitee - und ist damit das am zweitlängsten amtierende Mitglied des Gremiums. 2002 versuchte er Blatter als Fifa-Präsident zu entthronen, verlor jedoch mit 56 zu 139 Stimmen.
Ein Jahr zuvor wurde Hayatou Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees IOC. 2011 rüffelte ihn das Gremium, weil er 20.000 Dollar Bargeld von dem früheren Fifa-Marketingpartner ISL annahm. Hayatou stritt jegliches Fehlverhalten ab, doch das IOC warf ihm einen Interessenskonflikt vor.
Im Juni 2014 berichtete die „Sunday Times“, der inzwischen gesperrte katarische Ex-Funktionär Mohammed bin Hammam habe Haytou und andere afrikanische Fußballentscheider mit Geld, Luxusreisen und anderen Gefälligkeiten um den Finger gewickelt, um deren Unterstützung für die letztlich erfolgreiche WM-Bewerbung des Golfstaats zu sichern. Hayatou hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Um die Gesundheit des früheren Fußballers, Läufers und Basketballspielers scheint es nicht allzu gut bestellt zu sein: Der 68-Jährige unterzieht sich wegen Nierenproblemen einer Dialyse.
Er galt schon lange als heißer Anwärter auf den Topjob in der Welt des Fußballs, doch verkündete die französische Fußballlegende im vergangenen August: „Meine ist Zeit ist noch nicht gekommen.“ Vor dem Fifa-Kongress in Zürich vergangene Woche versuchte er Blatter zum Rücktritt zu bewegen. Will Platini diesmal Fifa-Präsident werden, müsste sich der Uefa-Präsident als geschickter Netzwerker erweisen: Europa verfügt nur über ein Viertel der Stimmen, weswegen er verlässliche Allianzen für einen Sieg schmieden müsste.
Platini führte die französische Nationalmannschaft 1984 als Kapitän zum EM-Titel und gewann ein Jahr später mit Juventus Turin den Europapokal der Landesmeister (heute Champions League). Im Januar 2007 setzte sich der 59-Jährige bei der Wahl des Präsidenten des europäischen Fußballverbands gegen den Schweden Lennart Johansson durch, der seit 1990 amtiert hatte.
Als Uefa-Chef war Platini maßgeblich für die Aufstockung der Zahl der EM-Teilnehmerländer von 16 auf 24 beim nächsten Turnier in Frankreich verantwortlich. Zudem drang er darauf, dass die EM 2020 nicht wie bisher nur in einem Land ausgetragen wird, sondern auf 13 Städte in ganz Europa verteilt wird. Als Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees votierte Platini für eine Vergabe der Weltmeisterschaft 2022 an Katar. Dass der reiche Golfstaat den Zuschlag bekam, sorgt jedoch noch immer für massive Kritik. Denn es halten sich Vorwürfe, Katar habe sich die erfolgreiche Bewerbung mit Geld erschlichen. Das Land weist dies vehement zurück.
Falls der 39-jährige Jordanier an die Spitze der Fifa rückt, würde er einen Generationswechsel einläuten. Ausgebildet wurde der Prinz an der Königlichen Militärakademie im südenglischen Berkshire und an der US-Eliteuniversität Princeton. 1994 diente er als Offizier in der jordanischen Armee, wo ihm eine Medaille für einen Einsatz in Brunei verliehen wurde.
Seit 1999 ist er Präsident des jordanischen Fußballverbands, von 2011 bis vergangene Woche saß er im Fifa-Exekutivkomitee. Am vergangenen Freitag unterlag als er Gegenkandidat noch Blatter beim Fifa-Kongress. Der Portugiese Luis Figo und Michael van Praag aus den Niederlanden hatten ihre Kandiatur für das Präsidentenamt zuvor zurückgezogen. Für den Fall seiner Wahl hat Prinz Ali eine Aufstockung der WM-Teilnehmerländer von derzeit 32 auf 36 Nationen versprochen.
Der Holländer war von 1989 bis 2003 Vorsitzender von Ajax Amsterdam. Den Posten hatte van Praag nach seinem Vater Jaap übernommen, der das Amt von 1964 bis 1978 innehatte. Im Jahr 2008 wurde van Praag Chef des niederländischen Fußballverbands, ein Jahr später rückte er ins Exekutivkomitee der Uefa.
Der einstige Schiedsrichter wurde als Kandidat für die Nachfolge Blatters ins Rennen geschickt, stieg jedoch eine Woche vor der Wahl aus und unterstützte Prinz Ali. Im Wahlkampf hatte van Praag Anfang des Jahres Blatter einen Beraterjob in Aussicht gestellt, sollte dieser sein Amt aufgeben. Zudem sollte der Schweizer als Chef einer „Sepp-Blatter-Stiftung“ benachteiligten Kindern helfen.
Die offiziellen Äußerungen der großen Sponsoren lesen sich deshalb wie aus dem Lehrbuch für Krisen-PR: Blatter Rücktritt sei zu respektieren heißt es und ist „ein positiver Schritt.“ (Coca Cola) oder „der erste Schritt in die richtige Richtung“ (Visa und Adidas im Chor). Freilich müsse nun auch alles getan werden um das „Vertrauen der Leute zurückzugewinnen“ (Cola) und eine Führungsstruktur aufzubauen, „die die höchsten ethischen Standards sicherstellt“ (Hyuandai).
So distanziert man sich als Konzern zwar von all dem Bösen, nicht aber nicht vom Verband selbst. Kernbotschaft der Mitteilungen: Korruption ist böse, Fußball toll - nun trinkt Limonade und bezahlt sie mit unseren Kreditkarten. Wer als Unternehmer glaubt, ihm Rahmen der Fußballereignisse gut für sich werben zu können, wird über Schattengeschäfte abseits des Spielfelds hinwegsehen können.
8. Hat überhaupt schon einmal ein Sponsor der FIFA die Stirn geboten?
Nicht wirklich. Zwar haben die Groß-Sponsoren Sony und Emirates ihre Verträge mit der FIFA im vergangenen Jahr auslaufen lassen. Und auch kleinere Geldgeber wie die deutsche Continental und die BP-Tochter Castrol erneuerten ihren Deal mit dem Fußballweltverband nicht.
Was sich als Bruch mit einer korrupten Organisation lesen lässt, hat aber meist noch andere Gründe. So dürfte bei Sony das Geld derzeit einfach nicht mehr so locker sitzen. Die kolportierten 300 Millionen Euro für einen Acht-Jahres-Vertrag schüttelte der schwächelnde Konzernriese auch nicht mal eben so aus dem Ärmel.
Bei der Airline Emirates hatte man schon Jahre zuvor angekündigt, das Sponsoring-Konzept ändern zu wollen. Zudem wird für Magengrummeln sorgen, dass die WM 2022 im Nachbarstaat Katar stattfindet und damit im Hoheitsgebiets der Konkurrenz von Qatar Airways. Aus dem Hause Continental heißt es schlicht: Man habe die Marketingstrategie geändert. FIFA-Veranstaltungen passten einfachen nicht mehr dazu.
Die Fakten zum FIFA-Skandal
Mehr als zehn Personen werden im neuen Fußball-Skandal um den Weltverband FIFA vom US-Justizministerium beschuldigt. Ihnen wird unter anderem organisiertes Verbrechen, Überweisungsbetrug und verschwörerische Geldwäsche und die Teilnahme an Korruption im internationalen Fußball zur Selbstbereicherung zur Last gelegt.
Loretta E. Lynch steht schon seit ihrer Zeit als New Yorker Staatsanwältin an der Spitze der Ermittlungen in den USA gegen die verdächtigten FIFA-Mitglieder. Die 55-Jährige ist mittlerweile Justizministerin der Vereinigten Staaten. Sie hat den Posten erst im vergangenen Monat übernommen, war am 27. April vereidigt worden. Lynch, im November vergangenen Jahres von US-Präsident Barack Obama vorgeschlagen, ist die erste Afroamerikanerin in diesem Amt.
Die Fédération Internationale de Football Association - kurz FIFA - wurde 1904 in Paris gegründet. Mittlerweile ist die FIFA auf 209 Mitglieder aus sechs Kontinental-Konföderationen angewachsen. Größte Einnahmequelle ist die alle vier Jahre ausgerichtete Fußball-WM mit einem Umsatz von rund fünf Milliarden Dollar. Höchstes Gremium ist der jährliche Kongress, die Vollversammlung aller Mitgliedsverbände. Der Kongress wählt alle vier Jahre den Präsidenten. Künftig bestimmt der Kongress auch den WM-Gastgeber - eine Folge der Korruptionsvorwürfe rund um die WM-Vergabe an Russland 2018 und Katar 2022. Bislang war das Exekutivkomitee dafür verantwortlich. Es ist die sogenannte Regierung der FIFA.
Wut über Korruption hört sich anders an – und hätte ohnehin schon viel früher kommen müssen. Zum Nachteil dürfte sich das Image-Problem aber bei der Suche nach neuen Sponsoren werden. Angesichtes des anhaltenden Medienrummels und der immens hohen Kosten für ein Engagement, dürften sich derzeit viele potentielle Kandidaten einen Einstieg derzeit zweimal überlegen oder zumindest bei den Vertragsverhandlungen härter feilschen.
Dabei könnte die FIFA neue Sponsoren gut gebrauchen. Nicht nur, dass kleinere Partner abgesprungen und lokale Sponsoren aus Brasilien in Zukunft ohnehin nicht mehr dabei sind. Von den bis zu acht „ständigen Partnern“, die laut Satzung erlaubt sind, gibt es mit Gazprom, Visa, Coca Cola Hyundai und Adidas derzeit nur fünf. Drei Plätze für die richtig dicken Geldgeber sind also vakant.
9. Werden die Fußball-Weltmeisterschaften wirklich in Russland und Katar stattfinden?
Kurze Antwort: Ja.
Längere Antwort: Ja, weil die Verträge längst geschlossen sind, die Bauarbeiten bereits begonnen haben und in die WM-Projekte bereits viel Geld gesteckt wurde. Sauberes - und das der anderen Art.
10. Gibt es eigentlich noch sauberen Sport?
Blatter zurückgetreten, Radfahrer gedopt und das IOC gilt als der zweitkorrupteste Verein gleich nach der FIFA.
Woran das liegt? Weil mit diesen Großveranstaltungen eine Menge Geld zu verdienen ist. Sauberen Sport gibt es bestimmt noch. Das dürften die Sportarten sein, bei denen die Sponsoren nicht Schlange stehen und regelmäßig Millionen-Summen locker machen.
Hier die Liste der Sportarten, die höchstwahrscheinlich (noch) nicht korrumpierbar sind: Elefantenpolo, Hallenhalma, Baumstammwerfen. Sprich: Auch eine FIFA-Neugründung würde per se nichts an der Sache ändern.