Finanzdienstleister Wie alte Geschäftsmodelle angepasst werden können

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Schlanke Strukturen und effiziente Prozesse

Die auf Telefon- und Internetgeschäfte fokussierte Bank 24 taugt dabei auch heute durchaus noch als Vorbild: „Es geht um schlanke Strukturen und Effizienz-orientierte Prozesse“, sagt Kohler. „Online-Geschäfte werden darum auch in Bereichen Standard werden, wo sie heute noch unüblich sind, etwa bei der Immobilienfinanzierung, ganz besonders aber bei der Verlängerung von Hypotheken.“ Für traditionell ausgerichtete Geldinstitute wie etwa Raiffeisenbanken mit ihren personalintensiven Prozessen werde es schwer, noch Geld zu verdienen.

Viele dieser Erkenntnisse über die strategischen Versäumnisse der Finanzdienstleister in der Vergangenheit würden die Branchenexperten von McKinsey, der Boston Consulting Group, Bain oder Roland Berger ähnlich formulieren. Was machen Kohler und seine Kollegen anders als die großen Mitbewerber, worin unterscheidet sich der HPO-Beratungsansatz von dem der viel bekannteren Universalanbieter?

„Wir verstehen uns nicht als Allwissende, die für die Kunden die Probleme lösen, wir vermitteln unseren Kunden das nötige Knowhow, um Probleme selber lösen zu können und machen damit Betroffene zu Beteiligten“, sagt Kohler. Oder etwas blumiger: „Wir verteilen keinen Fisch an Bedürftige, wir lehren die Bedürftigen das Fischen.“

Wer mit diesem Selbstverständnis antritt, braucht Fähigkeiten, die nicht zum Persönlichkeitsprofil jedes Beraters zählen. „Das braucht mehr soziale Fähigkeiten, eine höhere Seniorität und einen höheren Spezialisierungsgrad mit mehr Thementiefe“, sagt Eva Manger-Wiemann von der Züricher Metaberatung Cardea.

Manger-Wiemann kennt den Beratungsmarkt und die Stärken und Schwächen großer wie  kleiner Anbieter: Sie hilft Unternehmen in Deutschland, der Schweiz und Österreich, den passenden Berater zu finden – für das gerade zu lösende Problem, die jeweilige Branche, die Firmengröße und die Unternehmenskultur. Erleichtert wird der Auswahlprozess durch den ConsultingSearcher, eine von Cardea entwickelte Suchmaschine für den Beratermarkt.

In einer Matrix werden per Mausklick Beratungsthema und Branche ausgewählt, mit dem dritten Klick landet der Kunde bei dem Beratungsunternehmen, das für die aktuelle Fragestellung und das jeweilige Unternehmen am besten geeignet ist. Gerade bei der Vermittlung kleiner Spezialisten, die sich nicht über eine weltbekannte Marke quasi von allein verkaufen, ist die Suchmaschine hilfreich, zumal die gelisteten Berater ihre Kompetenz auf dem jeweiligen Spezialgebiet über mehrere erfolgreiche Projekte nachgewiesen haben. „Der ConsultingSearcher basiert auf knapp 1000 von uns geprüften Projekten in fast 800 Kompetenzfeldern“, sagt Manger-Wiemann.

Keine durchgängigen Prozesse

Woran es Finanzdienstleistern besonders oft mangelt, sind durchgängige Prozesse sowie Strukturen, die zu diesen Prozessen passen. „Häufig gibt es zu viele Brüche bei den Verantwortlichkeiten, außerdem sind die Erfolgsmessgrößen sind nicht aufeinander abgestimmt“, kritisiert HPO-Berater Kohler, „es geht vor allem darum, das weit verbreitete Silo-Denken aufzubrechen.“ Die Banken hätten sich in der Vergangenheit zu sehr auf die angebotenen Produkte konzentriert und dabei den Kunden vernachlässigt.

Diese Erkenntnis deckt sich mit den Erfahrungen von Enrico Moritz von afb Application Services. Das 1995 gegründete Münchener Beratungsunternehmen ist auf die Finanzbranche spezialisiert. Die Banken stehen unter besonderen Druck, weil der Wettbewerb zugenommen hat, Spezialisierungen notwendig sind und weil die Einnahmen seit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes nicht mehr so sprudeln wie früher: Viele Banken berechneten ihren Kunden bei Abschluss eines Darlehensvertrages Bearbeitungsgebühren, begründet wurde diese Praxis mit dem Aufwand für Bonitätsprüfungen und Beratung. „Diese mittlerweile unzulässigen Gebühren waren für die Banken ein willkommenes Zubrot zu den Zinserträgen“, sagt Moritz.

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