Erinnert sich noch jemand an die Bank 24? Die Tochtergesellschaft der Deutschen Bank wurde im Herbst 1995 als Direktbanktochter gegründet, mit einer stark eingeschränkten Produktpalette für kleine Kunden mit noch kleineren Vermögen. Abgewickelt werden sollte das Geschäft vor allem per Telefon und über das damals noch längst nicht flächendeckend genutzte Internet.
Der strategische Hintergedanke des damaligen Vorstandsvorsitzenden Rolf-E. Breuer: Die Deutsche Bank wollte sich auf das wesentlich lukrativere Vermögens-, Unternehmens- und Investmentgeschäft fokussieren, weil das klassische Filialgeschäft mit den knapp sieben Millionen kleinen Privatkunden als zu wenig ertragreich galt. Die vermögenden Privatkunden wollte die Deutsche Bank weiter selbst betreuen, die Bank 24 sollte nach der Ausgliederung an die Börse gebracht und komplett oder zumindest teilweise verkauft werden.
Im Frühjahr 2002 kam mit Josef Ackermann als neuem Chef an der Spitze der Deutschen Bank der Strategiewechsel: Unter dem Zusammenbruch von Lehman Brothers und der anschließenden weltweiten Finanzkrise hatte vor allem das Investmentbanking gelitten, das klassische Privatkundengeschäft dagegen hatte sich zu einem lukrativen Bereich entwickelt. Die Bank 24 wurde in Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG umbenannt, das Private Banking mit vermögenden Privatkunden zurückgeholt, der Verkauf ad acta gelegt.
Raus aus den Kartoffeln, rein in die Kartoffeln – zuerst der Fokus auf das Investmentbanking und Ausstieg aus dem Privatkundengeschäft, dann weniger Investmentbanking und Konzentration auf die Privatkunden, schließlich beides gleichzeitig: Die Strategie vieler Finanzinstitute war in den vergangenen Jahren von einem stetigen Wechsel gekennzeichnet.
„Aber so gewinnt man keinen Krieg“, kritisiert Oliver Kohler, Managing Partner des Beratungsunternehmens HPO Management Consultants for High Performance Organisations aus dem schweizerischen Freienbach südöstlich von Zürich. „Standardgeschäftsmodelle, die allen alles bieten wollen, funktionieren nicht mehr.“
Kohler weiß, wovon er redet: Die rund 25 Berater der vor 20 Jahren gegründeten Strategieberatung mit dem etwas sperrigen Namen ist schwerpunktmäßig auf Industrieunternehmen, Banken, Versicherungen und Krankenhäuser konzentriert, hat aber auch viele Kunden aus der Telekommunikation und Informatik sowie der öffentlichen Verwaltung und kommunalen Verkehrsunternehmen. „Der Name ist bei uns Programm“, sagt Kohler, „wir begleiten Unternehmen auf dem Weg zu einer Hochleistungsorganisation.“
Sein Vorteil: „Wir haben unsere Wurzeln in der Industrieberatung. Industrieunternehmen müssen traditionell mit viel niedrigeren Margen auskommen als die Finanzwirtschaft. Die Banken mit ihren vergleichsweise hohen Renditen waren verwöhnt und haben den Kunden deshalb teilweise aus dem Auge verloren. Zukunft haben aber nur solche Geschäftsmodelle, die erkennbaren Kundennutzen generieren“, sagt Kohler. Wer allen alles bieten will, gefährde auf Dauer die eigene Existenz: „Die Kunden müssen wissen, wofür eine Bank steht.“
Was das heißt? „Erfolgsentscheidend sind spezifische Lösungen für die jeweilige Zielgruppe“, weiß der Berater, „Einheitslösungen für alle gibt es nicht mehr.“ Große Banken brauchen für ihre unterschiedlichen Geschäftsbereiche unterschiedliche Modelle und Prozesse. Gerade kleine Banken sollten sich auf die Bereiche fokussieren, mit denen Sie den größten Ertrag generieren können, empfiehlt Kohler.
Schlanke Strukturen und effiziente Prozesse
Die auf Telefon- und Internetgeschäfte fokussierte Bank 24 taugt dabei auch heute durchaus noch als Vorbild: „Es geht um schlanke Strukturen und Effizienz-orientierte Prozesse“, sagt Kohler. „Online-Geschäfte werden darum auch in Bereichen Standard werden, wo sie heute noch unüblich sind, etwa bei der Immobilienfinanzierung, ganz besonders aber bei der Verlängerung von Hypotheken.“ Für traditionell ausgerichtete Geldinstitute wie etwa Raiffeisenbanken mit ihren personalintensiven Prozessen werde es schwer, noch Geld zu verdienen.
Viele dieser Erkenntnisse über die strategischen Versäumnisse der Finanzdienstleister in der Vergangenheit würden die Branchenexperten von McKinsey, der Boston Consulting Group, Bain oder Roland Berger ähnlich formulieren. Was machen Kohler und seine Kollegen anders als die großen Mitbewerber, worin unterscheidet sich der HPO-Beratungsansatz von dem der viel bekannteren Universalanbieter?
„Wir verstehen uns nicht als Allwissende, die für die Kunden die Probleme lösen, wir vermitteln unseren Kunden das nötige Knowhow, um Probleme selber lösen zu können und machen damit Betroffene zu Beteiligten“, sagt Kohler. Oder etwas blumiger: „Wir verteilen keinen Fisch an Bedürftige, wir lehren die Bedürftigen das Fischen.“
Wer mit diesem Selbstverständnis antritt, braucht Fähigkeiten, die nicht zum Persönlichkeitsprofil jedes Beraters zählen. „Das braucht mehr soziale Fähigkeiten, eine höhere Seniorität und einen höheren Spezialisierungsgrad mit mehr Thementiefe“, sagt Eva Manger-Wiemann von der Züricher Metaberatung Cardea.
Manger-Wiemann kennt den Beratungsmarkt und die Stärken und Schwächen großer wie kleiner Anbieter: Sie hilft Unternehmen in Deutschland, der Schweiz und Österreich, den passenden Berater zu finden – für das gerade zu lösende Problem, die jeweilige Branche, die Firmengröße und die Unternehmenskultur. Erleichtert wird der Auswahlprozess durch den ConsultingSearcher, eine von Cardea entwickelte Suchmaschine für den Beratermarkt.
In einer Matrix werden per Mausklick Beratungsthema und Branche ausgewählt, mit dem dritten Klick landet der Kunde bei dem Beratungsunternehmen, das für die aktuelle Fragestellung und das jeweilige Unternehmen am besten geeignet ist. Gerade bei der Vermittlung kleiner Spezialisten, die sich nicht über eine weltbekannte Marke quasi von allein verkaufen, ist die Suchmaschine hilfreich, zumal die gelisteten Berater ihre Kompetenz auf dem jeweiligen Spezialgebiet über mehrere erfolgreiche Projekte nachgewiesen haben. „Der ConsultingSearcher basiert auf knapp 1000 von uns geprüften Projekten in fast 800 Kompetenzfeldern“, sagt Manger-Wiemann.
Keine durchgängigen Prozesse
Woran es Finanzdienstleistern besonders oft mangelt, sind durchgängige Prozesse sowie Strukturen, die zu diesen Prozessen passen. „Häufig gibt es zu viele Brüche bei den Verantwortlichkeiten, außerdem sind die Erfolgsmessgrößen sind nicht aufeinander abgestimmt“, kritisiert HPO-Berater Kohler, „es geht vor allem darum, das weit verbreitete Silo-Denken aufzubrechen.“ Die Banken hätten sich in der Vergangenheit zu sehr auf die angebotenen Produkte konzentriert und dabei den Kunden vernachlässigt.
Diese Erkenntnis deckt sich mit den Erfahrungen von Enrico Moritz von afb Application Services. Das 1995 gegründete Münchener Beratungsunternehmen ist auf die Finanzbranche spezialisiert. Die Banken stehen unter besonderen Druck, weil der Wettbewerb zugenommen hat, Spezialisierungen notwendig sind und weil die Einnahmen seit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes nicht mehr so sprudeln wie früher: Viele Banken berechneten ihren Kunden bei Abschluss eines Darlehensvertrages Bearbeitungsgebühren, begründet wurde diese Praxis mit dem Aufwand für Bonitätsprüfungen und Beratung. „Diese mittlerweile unzulässigen Gebühren waren für die Banken ein willkommenes Zubrot zu den Zinserträgen“, sagt Moritz.
Stärkere Einbindung des Kunden
Kunden der afb sind Spezialbanken oder Universalbanken, die sich auf bestimmte Bereiche spezialisiert haben. Doch auch Banken und Leasinggesellschaften, die sich bereits fokussiert haben, sind starken Veränderungsprozessen ausgesetzt: „Wie begleiten unsere Kunden auf diesem Weg durch Innovationen und Transformationen, Kostensenkung und damit die Optimierung bestehender Prozesse spielen dabei eine wesentliche Rolle“, sagt der afb-Partner.
Prozessoptimierung bedeutet vor allem eine stärkere Einbindung des Kunden in die internen Abläufe der Banken und Finanzdienstleister. Moritz: „Anders als früher, wo die Details von Kredit-, Leasing- oder Immobiliendarlehensanträgen manuell vom Kunden abgefragt und dann per Hand in die internen Systeme der Bank eingegeben wurden, ist der Dialog mit dem Kunden heute weitgehend automatisiert.“
Deutschlands beste Unternehmensberater
Platz | Gesamterfolg | Punkte* |
1 | Porsche Consulting | 2,27 |
2 | BCG | 2,16 |
3 | McKinsey | 2,08 |
4 | PwC | 1,89 |
5 | Roland Berger | 1,84 |
6 | Bain | 1,81 |
7 | A.T. Kearney | 1,78 |
8 | Horváth&Partner | 1,78 |
9 | Oliver Wyman | 1,73 |
10 | Stern Stewart | 1,68 |
*die Punktzahl ergibt sich als gewichtete Durchschnittsnote der Einzelkategorien Markenstärke und Wertschöpfung: maximal 4 Punkte waren erreichbar.
Platz | Gesamterfolg | Punkte* |
1 | BCG | 2,24 |
2 | McKinsey | 1,90 |
3 | Roland Berger | 1,82 |
4 | Porsche Consuling | 1,79 |
5 | Bain | 1,71 |
6 | A.T. Kearney | 1,62 |
7 | PwC | 1,62 |
8 | Horváth&Partner | 1,59 |
9 | Deloitte | 1,57 |
10 | Bain | 1,49 |
Platz | Gesamterfolg | Punkte* |
1 | Porsche Consulting | 2,87 |
2 | Stern Stewart | 2,37 |
3 | McKinsey | 2,27 |
4 | PwC | 2,20 |
5 | Oliver Wyman | 2,09 |
6 | BCG | 2,09 |
7 | Horváth&Partner | 1,99 |
8 | A.T. Kearney | 1,96 |
9 | Deloitte | 1,92 |
10 | Bain | 1,91 |
Das funktioniert allerdings nur dann problemlos und ohne Frust beim Kunden, wenn die IT der Bank auf dem neuesten Stand ist und zwischen den unterschiedlichen Vertriebs- und Servicekanälen keine Systembrüche mehr bestehen. Zudem ist Omni-Channel-Präsenz heute Standard: Wenn der Kunde ein Problem oder einen Wunsch hat, muss er den kommunizieren können, unabhängig davon, ob er seinen Rechner im Büro, seinen Tablet-PC oder sein Smartphone nutzt. „Der Kostendruck hat zur Konsequenz, dass Back-Office-Prozesse und Geschäftsvorfälle in das Front-Office verlagert werden“, sagt Moritz.
Um kurze Bearbeitungszeiten garantieren zu können, müssen Medienbrüche und unnötiger Aufwand durch manuelle Bearbeitung vermieden werden: „Das spart Zeit und Kosten, hilft aber auch, Fehlerquellen auszuschließen“, sagt Moritz. Die notwendigen Veränderungen erfordern eine Neufokussierung des Geschäftsmodells. Moritz: „Finanzdienstleister definieren sich heute über eine Flexibilisierung ihrer Prozesse und eine Verbreiterung ihres Dienstleistungsangebots.“
Unterschieden sich die angebotenen Finanzprodukte in der Vergangenheit vor allem durch die Höhe der Zinsen, geht es heute auch um Zusatzleistungen wie etwa den jeweiligen Versicherungsumfang und Service-Dienstleistungen. „Viele Finanzdienstleister haben da noch einen erheblichen Nachholbedarf“, kritisiert Moritz.
Welche Steuerberater- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Unternehmen weiterempfehlen würden
(jeweils 2 Prozent)
Curacon
Falk & Cp.
Quelle: Faktenkontor im Auftrag der WirtschaftsWoche; Umfrage unter 156 Entscheidern aus Unternehmen aller Branchen und Umsatzgrößen.
(jeweils 3 Prozent)
Bansbach Schübel Brösztl & Partner
Esche Schümann Commichau
Mazars
RBS RoeverBroennerSusat
Solidaris
(jeweils 4 Prozent)
Ebner Stolz
MDS Möhrle
Warth & Klein Grant Thornton
Dornbach: 5 Prozent
Baker Tilly Roelfs: 8 Prozent
BDO: 12 Prozent
Rödl & Partner: 17 Prozent
Deloitte: 32 Prozent
PwC: 38 Prozent
EY: 39 Prozent
KPMG: 42 Prozent
Zwischen 15 und 20 solcher Beratungsprojekte stemmen die afb-Berater pro Jahr. „Unsere Kompetenz besteht vor allem darin, Prozess-, Fach- und IT-Beratung sowie die damit verbundene Umsetzung aus einer Hand anbieten zu können. Die Erkenntnisse und Erfahrungen aus diesen Projekten fließen wiederum in das Beratungsgeschäft“, sagt Moritz. Bei Bedarf kann er auch Spezialisten aus einem Partnerpool einbeziehen.
Aktuelles Beratungsthema für die IT-Spezialisten sind Lösungen zur vollständigen Digitalisierung der Geschäftsmodelle. Was sich ziemlich theoretisch anhört, hat einen ganz praktischen Hintergrund, denn bislang sind noch nicht alle Prozessschritte einbezogen: „Es geht beispielsweise um die elektronische und trotzdem rechtskonforme Erfassung der Unterschrift des Kunden beim Abschluss von Neuverträgen“, erklärt Moritz. Die technische Herausforderung ist neu – der Grund, diese einzuführen, ist immer der gleiche geblieben: „Wir wollen die Auftragsabwicklung beschleunigen und die Transaktionskosten senken.“